Totale Mondfinsternis, 9. Jänner 2001

Sofienalpe, Bericht von Alexander Pikhard


Echtes Foto! Der total verfinsterte Mond vor den Sternen der Zwillinge.

 

Die einzige Finsternis, die 2001 von Österreich aus beobachtbar ist; die letzte totale Mondfinsternis vor 2003; das ganze am Abendhimmel; und ein Wetterbericht, der gutes erahnen ließ: Da konnte mich selbst eine geschlossene Wolkendecke um 17 Uhr nicht abhalten, dem Trubel zu entrinnen und auf die Sofienalpe zu fahren. In mehr als fünf Stunden Finsternis - mehr als eine davon total - sollte sich doch eine Chance ergeben.

Es gab mehr als eine Chance. Von der ersten bis zur letzten Minute perfekte Bedingungen, traumhafte Stimmung und ein atemberaubendes Ereignis. Auf einer Skala von 1 bis 10 eine klare 10.

    Bedingungen
  Ausrüstung
  vor der Finsternis
  Stimmung
  die Finsternis
  Finsternis am Winterhimmel
  nach der Finsternis
  nebenbei beobachtet
  Fazit

Bedingungen  top

Mit dem mathematischen Beginn der Finsternis um 18.44 Uhr hatte sich die Wolkendecke komplett aufgelöst. Wind schien zu stören, doch mit Beginn der Freisichtigkeit legte sich auch der Wind und die Finsternis konnte über den ganzen Verlauf beobachtet werden, ohne daß auch nur ein Wölkchen den Himmel trübte oder ein stärkerer Windstoß wehte.

Temperatur: Ca. 0° C
Wind: Anfangs leicht aus NW, später kaum aus N
Durchsicht: 1++
Aufhellung: Trotz Stadtnähe 1
Seeing: 1++, unter 1"

Während der Totalität war die Milchstraße vom Schwan bis in die Zwillinge zu sehen; ab 23 Uhr konnte der Schattenvorübergang von Io auf dem Jupiter ohne Probleme beobachtet werden.


Ausrüstung  top

Ich rückte mit meinem 12" LX-200 aus, das mir als Teleobjektiv und Nachführung für Huckepack- Aufnahmen diente. Zum Einsatz kamen drei Kamerasysteme:

  • Eine mechanische Canon AE-Program mit Kodak Royal 1000 ASA-Film für Aufnahmen im verkürzten Sekundärfokus bei f/6.3 (F=1890mm) am LX-200.
  • Eine digitale Olympus Camedia C-3000 Zoom für Stimmungsbilder und Großbildaufnahmen vom Sternenhimmel. Kam später auch für Instant-Aufnahmen von Jupiter und Saturn zum Einsatz.
  • Eine StarlightXpress MX916 CCD-Kamera für Jupiter- und Saturn-Aufnahmen während der Totalität. Das war an sich nicht geplant, sondern ergab sich spontan.

Ohne Natalies Hilfe hätte ich allerdings nicht alles so souverän im Griff gehabt - und wäre obendrein verhungert und verdurstet! Danke!


vor der Finsternis  top

Vor der Finsternis war die Stimmung primär geprägt vom Bangen auf bessere Bedingungen; war der Wetterbericht am Vorabend noch auffällig euphorisch, gab man heute zu Mittag nur mehr 50% Chance an. Erinnerungen an die SoFi'99 wurden wach...

Umso größer die Freude, als Augenblicke vor dem theoretischen Beginn der Finsternis der Mond aus den Wolken brach und sich die Wolkendecke wie von Geisterhand getrieben völlig auflöste.

Etliche Beobachter hatten sich mit zum Teil recht großen Instrumenten eingefunden. Von der WAA waren neben mir noch Natalie Ebner, Martin Kellner (10" LX-200), Georg Zotti (C-5) und Claus Thienel (Videokamera) da.


Stimmung  top

Die Stimmung auf der Sofienalpe war extrem gut. Alle Beobachter zeigten bereitwillig den doch recht zahlreichen Zangästen die Finsternis; vor allem um mein 12" LX-200 gab's zeitweise ein richtiges Gedränge, ich hatte aber auch reichlich Zeit, die Finsternis und den Sternenhimmel zu erklären.

Bei einer Mondfinsternis hat man viel Zeit. Da kann man neben dem Fotografieren den interessierten Gästen schon den einen oder anderen Blick durchs Fernrohr - oder besser durch den Kamerasucher - gönnen und Fakten und Geschichten über Mondfinsternisse erzählen. Und so nebenbei auch auf die WAA und ihr attraktives Angebot aufmerksam machen.

Auf Krater-Kontaktzeiten oder Sternbedeckungen mußte ich allerdings verzichten. Wäre sich neben dem Fotografieren ohnedies nicht ausgegangen.

Geisterhafte Stimmung während der Totalität! Diese Aufnahme mit einer Olympus Camedia C-3000 Digitalkamera wurde 16 Sekunden lang belichtet, die Einstellung entspricht f/2.8 und 400 ASA.


die Finsternis  top

Die Finsternis war eine der hellsten totalen Mondfinsternisse, an die ich mich erinnern kann. Dies spiegelte sich auch in den Belichtungszeiten wieder. Selbst während der Totalität war ein Teil des Mondes sehr hell und schien sogar ins Bläuliche zu laufen.

Die folgenden Aufnahmen entstanden alle im auf f/6.3 (Brennweite 1890mm) verkürzten Sekundärfokus meines 12" LX-200 auf 1000 ASA Kodak Royal. Sie wurden vom Papierbild (!) mit 300 dpi eingescannt und abgesehen von Rauschunterdrückung und Verkleinerung nicht digital nachbearbeitet (außer wenn explizit erwähnt), die Helligkeiten entsprechen also der Wirklichkeit.


19.15, 1/1000 Sekunde
knapp vor Beginn der Freisichtigkeit, auf der Aufnahme ist aber schon eine deutliche Verdunkelung zu erkennen

19.30, 1/1000 Sekunde
knapp nach Beginn der Freisichtigkeit

19.45, 1/1000 Sekunde
knapp nach Eintritt in den Kernschatten

20.00, 1/1000 Sekunde

20.15, 1/1000 Sekunde

20.30, 1/15 Sekunde
(diese Belichtungszeit erwies sich als Fehlgriff - heller Teil zu hell, dunkler Teil zu dunkel)

20.45, 1 Sekunde
knapp vor Beginn der Totalität

20.50, 2 Sekunden
Beginn der Totalität

21.18, 10 Sekunden
Mitte der Finsternis. Einige Sterne um den Mond sich auch hier schon gut erkennbar, vor allem der Doppelstern mit dem schönen Farbunterschied östlich des Mondes.

21.18, 1 Minute
Mitte der Finsternis. Langzeitbelichtung und hier auch noch digital nachgebessert: Um den Mond herum wurde der Himmel aufgehellt, um auch schwache Sterne sichtbar zu machen. Es gab während der Totalität zahlreiche Sternbedeckungen! Auf der Aufnahme erkennt man auch schon eine Unschärfe beim Mond infolge seiner Bewegung; hätte ich mit Mondgeschwindigkeit nachgeführt, wären die Sterne kurze Strichspuren geworden.

21.46, 2 Sekunden
knapp vor Ende der Totalität

20.52, 1 Sekunden
Ende der Totalität

22.05, 1/4 Sekunde
Das ist eine gute Belichtungszeit für partielle Phasen!

22.20, 1/500 Sekunde

22.35, 1/1000 Sekunde

22.50, 1/1000 Sekunde
Knapp vor Austritt aus dem Kernschatten

22.20, 1/1000 Sekunde
Austritt aus dem Kernschatten

23.15, 1/1000 Sekunde
knapp vor Ende der Freisichtigkeit

Als ich die Fotos von der Ausarbeitung abholte, konnte ich mir ein breites Lächeln nicht verkneifen; bis auf eine Aufnahme um 20.30 Uhr hatte ich die Belichtungszeiten gut erwischt, dabei hatte ich mich über weite Phasen eher auf mein Gefühl als auf die Tabellen und die Rechenscheibe verlassen.

Alle Aufnahmen © Alexander Pikhard.

Freisichtigkeit:

  • Beginn der Freisichtigkeit: 19.19 Uhr MEZ
  • Ende der Freisichtigkeit: 23.23 Uhr MEZ, ganz eindeutig

Eben mit dem einfachsten Beobachtungsinstrument, dem freien Auge, beobachtet.


der Sternenhimmel  top

In der Vorausdarstellung mit Starry Night Pro hatte ich auf unserer Homepage einen tollen Finsternishimmel angeküdigt. Die Realität war noch um vieles besser und die Aufnahmen können den Eindruck auch nicht wirklich zu 100% wiedergeben.


Totalität in den Zwillingen. Die Digitalkamera war huckepack am LX-200 montiert (unten ein Teil der Taukappe) und belichtete 16 Sekunden (maximale Belichtungszeit bei einem ungekühlten Chip) mit einer Einstellung, die 400 ASA, F=32mm und f/2.8 entspricht.


Wie oben, jedoch mit einem Äquivalent von F=96mm. Am Computer nachbearbeitet, um die Sterne, nicht aber den Mond aufzuhellen. Es war wirklich eine auffällig helle Mondfinsternis! Mit Pfeil markiert: Der Eskimo-Nebel NGC 2392!


Ein Blick zur Seite - der total verfinsterte Mond im Wintersechseck. Was für ein Himmelsanblick!


nach der Finsternis  top

Interessant war auch die Beobachtung des Besucherstroms; die meisten kamen während der partiellen Phasen vor der Totalität, mit Beginn der Totalität fuhren die ersten Gruppen von Besuchern schon wieder ab.

Mit Ende der Totalität leerte sich die Sofienalpe schlagartig und nur die härtesten blieben bis zum Ende der Freisichtigkeit - das kleines Grüppchen von WAA-Beobachtern.

Nach der Totalität: Winterlandschaft im hellen Mondlicht. Die Zaungäste sind längst vor der Kälte geflüchtet - nicht jeder ist für einen stundenlangen Aufenthalt im Freien bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gerüstet. Nur die WAA-ler harrten bis zuletzt aus. Aufnahedaten wie oben, Belichtung aber nur eine Sekunde.

Wir hatten unseren Mond wieder - und waren um ein unvergeßliches Erlebnis reicher!


nebenbei beobachtet  top

Während der Totalität war reichlich Zeit, den Sternenhimmel zu bewundern. Er war ja auch zu schön: Immer schwächere Sterne waren herausgekommen, schließlich lag die freisichtige Grenzgröße jenseits von 5.0, und das doch immerhin noch in Stadtnähe. Jupiter, Saturn und der Orion-Nebel waren vielbewunderte Objekte.

Das Seeing war einmalig gut, unter einer Bogensekunde. Spontan entschloß ich mich, mit meiner StarlightXpress MX916 CCD-Kamera, die ich meistens bei meiner Ausrüstung dabei habe, ein paar Fotos von den Planeten zu machen (für Deep Sky fehlte mir doch die Zeit). Hier Jupiter, bei F=3000 am LX-200, 1/100 Sekunde mit Graufilter.

Und hier Saturn mit 2/100 Sekunden, ohne Graufilter. Zugegebenermaßen habe ich nicht allzu viel Zeit zum Fokussieren aufgewendet, aber immerhin.

Nach der Totalität baute ich das CCD-Equipment wieder ab, und wie es einem so geht, macht mich wenig später Martin Kellner auf den wunderschönen Schattenvorübergang von Io auf Jupiter aufmerksam. Sollte ich jetzt den ganzen Apparat - Computer, Kamera, Stromversorgung, die leidigen Kabel - noch einmal aufbauen? Da erinnerte ich mich an Günther Eders Bericht aus Mariazell; flugs war die Digitalkamera zur Hand und ich fotografierte vollautomatisch durch das Okular. Die Ergebnisse können sich ebenfalls sehen lassen!

Jupiter mit dem Schatten von Io; automatische Aufnahme durch 14mm Pentax-Okular.

Saturn; automatische Aufnahme durch 14mm Pentax-Okular. Gut, hier ist die astronomische CCD-Kamera schon im Vorteil.

Der Mond war auch wieder da. Automatisch belichtet durch ein 50mm Orthoskop-Okular.


Fazit  top

Es war das perfekte Ereignis in einer perfekten Nacht mit der größtmöglichen Dosis an Glück, die man als Sterngucker haben kann. Mit dem mathematischen Beginn der Finsternis löste sich die Wolkendecke auf, mit Beginn der Freisichtigkeit legte sich der Wind, die Finsternis war im vollen Verlauf ohne Störung zu beobachten und die Bedingungen waren nicht nur astronomisch Spitze, sondern, richtige Ausrüstung vorausgesetzt, auch nicht unangenehm.

Um 1.45 Uhr komme ich ins Bett. Etwas müdigkeit am nächsten Tag im Büro, aber das war's wert. Auf einer Skala von 1 bis 10 war das eine glatte 10. Erlebt man nicht oft im Leben, ich hatte schon einige totale Mondfinsternisse gesehen, aber die vom 9. 1. 2001 war die beste. Bisher.

Alexander Pikhard


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