Bericht: |
Ich begann die Beobachtung noch vor Sonnenuntergang. Der fast halb beleuchtete Mond war leicht zu finden und um 20h30m MESZ war im Fernrohr auch Gamma Virginis hell und deutlich neben dem Mond zu sehen. Dieser Doppelstern hat im Moment nur noch 0,75 Bogensekunden Distanz und die beiden Sterne nähern sich weiter rasch an: im Frühjahr 2005 werden sie nur noch 0,35 Bogensekunden voneinander entfernt sein. Heuer im Frühjahr konnte ich Gamma Vir bei ruhiger Luft noch gut trennen. Heute war aber sehr schlechtes Seeing, bei 227x war Gamma Vir ein ca. 2 Bogensekunden grosser Ball aus vielen kleinen gleichzeitig sichtbaren Fleckchen und nicht trennbar. Auch der Mond waberte ganz käftig. So beobachtete ich die Bedeckung von Gamma Vir durch den Mond bei 107x. Da der dunkle Mondrand noch nicht sichtbar war (Tageslicht!) war es ziemlich spannend, wann er verschwinden würde. Ich wollte auch bei der Bedeckung sehen, dass erst der eine Stern und dann der andere bedeckt wird. Gamma leuchtete strahlend weiss am blauen Himmel und flackerte. Auf einmal wurde er ein wenig schwächer (Bedeckung des ersten Sterns) und kurz danach verschwand er schlagartig: Sternbedeckung! (Bedeckung des zweiten Sterns). Der Zeitunterschied zwischen der Bedeckung der beiden Sterne war für mich nicht zu stoppen; ich habs aber mit der Stoppuhr aus dem Gedächtnis ausprobiert und es müssen etwa 0,4 bis 0,5 Sekunden gewesen sein. Den Termin des Verschwindens des zweiten Sterns habe ich gestoppt und es war 20h51m40,0s MESZ. Beim Austritt von Gamma Vir am hellen Mondrand etwas nördlich des Mare Australe bedeckte leider eine kleine Wolke den Mond (21h28m). Erst einige Sekunden nachher sah ich den Stern, schon etwas entfernt vom Mondrand: ein sehr hübscher Anblick wegen der unterschiedlichen Farbe: Gamma Vir war rein weiss und der Mond ziemlich gelb zu sehen. Danach war es dunkel genug um den dunklen Mondrand am Dämmerungshimmel zu sehen: um 21h38m18,4s MESZ stoppte ich den Eintritt eines weiteren Sterns (ZC 1825, 6. Grösse): noch eine Sternfinsternis! Meinen Beobachtungsort habe ich vor Jahren mit einem GPS-Empfänger (noch ungenau verzerrt) wie folgt erhalten: Breite 47°41'48" Nord, Länge 15°52'54" Ost, Höhe 585m. Trotz der unruhigen Luft war die Mondbeobachtung bei 107x in der Dämmerung ein Vergnügen: besonders interessant war die Gegend des Kraters Hyginus: ich konnte nicht nur die Rillen Ariadaeus und Hyginus sehen, sondern auch zwei der feinen Rillen nahe dem Krater Triesnecker. Besonders gut gefällt mir in dieser Mondgegend der "Hufeisenabdruck" unmittelbar nördlich von Hyginus: er wird durch einige Berge und Krater gebildet und ist bei dieser Beleuchtung ziemlich auffallend! In der zunehmenden Dämmerung beobachtete ich einige Doppelsterne, die ich zum Teil schon länger nicht gesehen hatte: 22h00m MESZ: Polaris (Alpha UMi): das ist für mich einer der hübschesten Doppelsterne am Himmel. Er war schon bei 85x gut auflösbar und neben dem grossen Helligkeitsunterschied ist die Farbe schön: der Hauptstern ist strahlend weiss, der Begleiter mehr grau. | Pi Boo: auch der ist bei 85x sehr hübsch: erscheint eng (Distanz 5,8 Bogensekunden), die beiden Sterne haben etwa eine Grössenklasse Unterschied und einen Farbunterschied: der Hauptstern ist weiss und der Begleiter deutlich etwas gelblich im Vergleich. | Zeta Boo: die beiden Sterne nähern sich durch die relativ geringe Umlaufzeit von 123 Jahren rasch an: ich konnte heute bei 408x durch das recht turbulente Seeing das Fleckchenmuster vieler kleiner Sternbilder über etwa 2 Bogensekunden verteilt erkennen, dass der grosse Spiegel bei schlechtem Seeing zeigt. Kurze Betrachtungszeit zeigte aber darin verteilt das Bild der beiden Sterne und ich schätzte den Positionswinkel auf 300 Grad -- das gibt auch die Ephemeride an und gibt einen Abstand von 0,73 Bogensekunden an! Seit meiner letzten Beobachtung 1996 hat sich der Positionswinkel der beiden Sterne nicht viel verändert, sie sind aber deutlich enger geworden. Vor sieben Jahren reichte noch ein 130mm Refraktor zur Trennung aus und zeigte die beiden Sternscheibchen in Kontakt. | Gamma CrB: das Seeing ist zwar höher oben in der nördlichen Krone viel besser als vorhin am Mond, aber trotzdem sehr stark. Bei 408x waren die Bilder der beiden Sterne kaum auszumachen im Fleckchenmuster. Ich schätze ihren Positionswinkel etwa ost-westlich bzw. etwas südlicher als Osten, also 110 Grad. Das bestätigt die Ephemeride und gibt auch einen Abstand von nur 0,74 Bogensekunden an. Auch dieser Doppelstern war durch die Luftunruhe nicht eigentlich auflösbar bzw. trennbar, aber doch deutlich als Doppelstern wahrnehmbar. Die Beobachtung wurde auch durch den grösseren Helligkeitsunterschied zwischen den Sternen von etwas mehr als einer Grössenklasse erschwert. | Eta CrB: der ist noch fast leichter bei 408x: die beiden blassgelben Sterne sind nahezu gleich hell und ich kann sie aus dem Muster der vielen kleinen Bilder gut herauslösen: Bildverarbeitung im Kopf! Ich schätze den Positionswinkel auf ca. 100 Grad. Auch das wird von der Ephemeride bestätigt und ein Abstand von nur noch 0,54 Bogensekunden angegeben. Auch dieses Sternpaar bewegt sich rasch: Umlaufzeit nur 42 Jahre! Bei meiner letzten Beobachtung 1996 mit dem 130mm Refraktor waren die beiden Sterne gerade in Kontakt und ich schätzte damals den Positionswinkel auf fast genau 45 Grad (Ephemeride: 48 Grad und 0,9 Bogensekunden). Also ist in den sieben Jahren Zwischenzeit die Bewegung der beiden Sterne deutlich geworden! | Zeta Her: auch dieser Doppelstern ist in den letzten Jahren deutlich enger geworden. Heute konnte ich aber die beiden Sterne nicht sehen: sie gingen im Seeing unter, Zeta war als sehr weisser Ball aus vielen kleinen Sternbildchen die über 2-3 Bogensekunden verteilt sind zu sehen (408x). Hier brauche ich einen Abend mit besserem Seeing | 23h00 MESZ: mittlerweile war es dunkel genug geworden, um auch schwächere Objekte zu sehen: die freisichtige Grenzgrösse betrug zwar nur etwa 5,0mag und es gab auch einige Wolken aber dazwischen war es klar: NGC 6210 Her: dieser kleine Planetarische Nebel war schon bei 85x deutlich von Sternen unterscheidbar. Bei 408x zeigte er eine sehr helle, vollkommen strukturlose Scheibe ohne Details und Unregelmässigkeiten und war von etwas bläulicher Farbe. Die Scheibe war ziemlich scharf und vermutlich nur durch die Luftunruhe "weich" begrenzt. Den Zentralstern konnte ich nicht sehen. | M 107 Oph: meine Tour führt mich heute durch die hellen Kugelsternhaufen im Schlangenträger. M 107 ist bei 408x deutlich aufgelöst und es ist nur wenig Nebel zu erkennen. Ein sternarmes Band geht über den Kugelsternhaufen von Nord nach Süd, etwas östlich der Mitte. Der Kugelsternhaufen wirkt recht locker und zeigt etwa 20 deutlich sichtbare Sterne. | M 10 Oph: sehr reich und schön! Der Kugelsternhaufen wirkt viel ästhetischer bei 137x da die Sterne noch Pünktchen sind. 408x zeigt aber mehr, auch wenn die Sterne durch das Seeing ziemlich hässlich aufgeblasen sind: etwa 100 Sterne sind sichtbar, der Kugelsternhaufen wirkt etwas unregelmässig und füllt fast das ganze Gesichtsfeld (10 Bogenminuten) mit Sternen. | M 12 Oph: sehr ähnlich M 10. 408x zeigt viele Sterne und zwei sternarme Dunkelbänder: eines östlich der Mitte und N-S angeordnet, das zweite SW der Mitte und von S über SW nach W am Rand angeordnet. Auch dieser Kugelsternhaufen füllt mit dem dichten Teil etwa die Hälfte des Gesichtsfeldes (Feld 10') und mit den Ausläufern das ganze Feld. | B 64 Oph: die Dunkelwolke Barnard 64 im Schlangenträger ist bei 85x als sternarmes Gebiet unmittelbar östlich des Kugelsternhaufens M 9 zu sehen. Besonders beim Herumwandern über mehrere Gesichtsfelder (45 Bogenminuten) ist die Sternarmut der Dunkelwolke auffallend und ich schätze ihren Ort und die Grösse (ca. 20 Bogenminuten) in eine Sternkarte ein -- ein Vergleich mit dem Foto aus dem Night Sky Observers Guide bestätigt am nächsten Morgen meine Beobachtung. | M 9 Oph: zeigt auch bei 408x nur wenige Sterne (10-15) und ist ziemlich dreieckig sichtbar: etwas östlich der Mitte ist ein Band aus helleren Sternen in Nord-Süd Richtung angeordnet und noch weiter östlich erkenne ich ein Dunkelband. Das gibt dem Kugelsternhaufen eine ziemlich dreieckige Form, der unaufgelöste Nebel verteilt sich etwas oval Ost-West. | NGC 6356 Oph: steht gleich in der Nähe von M 9 und ist auch hell zu sehen. Auch bei 408x sind nur wenige Sterne zu sehen (ca. 5) und der Hauptteil des Kugelsternhaufens bleibt unaufgelöst und zeigt sich als heller Nebel. | Mittlerweile ist es Mitternacht und die Wolken werden eher mehr als weniger. Ich bin auch schon ziemlich müde und da sollte man nicht auf der Leiter eines Dobson herumkraxeln (beim Schlangenträger hab ichs mir eh schon bequem gemacht); also geh ich ins Bett!
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