Fernglas-Beobachtungsabend mit Komet Machholz

Wien 21, 06. 01. 2005

20050106wvo19.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:06. 01. 2005
Zeit:19.00 bis 21.30 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Fernglas 16x70 auf Stativ
Bedingungen:

Durchsicht:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0

Bericht:

Um 19h00 und um 19h30 MEZ gibts einige grössere Wolkenlücken -- also schnell auf den Balkon und den Kometen Machholz (C/2004 Q2) bewundert! Mit freiem Auge sehe ich ihn wieder recht gut, trotz aufgehelltem Stadtrandhimmel: er erscheint als etwas flächiger nebeliger "Stern". Wieder schätze ich seine Helligkeit durch Vergleich mit diesmal 3 Vergleichssternen und erhalte die visuelle Helligkeit m1 = 3,6 ± 0,1mag. Auch das Fernglas 16x70 ist schnell aufgestellt und zeigt den Kometen sehr schön: die Koma ist weiter sehr gross, etwa 15-16 Bogenminuten Durchmesser schätze ich heute durch Vergleich mit Sternabständen. Sie ist deutlich zentral verdichtet mit sternartigem Kern. Heute fällt mir mit dem Fernglas auch der Staubschweif des Kometen auf: er ist als "Ausbuchtung" oder "Stummel" der Koma für einige 10 Bogenminuten nach Süden angedeutet. Der Gasschweif ist schmal, dünn und schwach, aber eindeutig sichtbar. Er weist ziemlich genau nach Osten. Ich kann ihn mit indirektem Sehen blickweise über etwa ein Grad Länge verfolgen. Die beiden Schweife bilden fast genau einen rechten Winkel. Jedenfalls sind sie heute viel besser zu sehen als vorgestern (siehe Beobachtungsbericht vom 4.Jan.2005). Es ist aber nicht klarer, die freisichtige Grenzgrösse beträgt auch heute etwa 5,0mag. Vielleicht ist es die beidäugige Beobachtung mit dem Fernglas, was die Schweife besser erkennbar macht, oder ich nehme sie heute einfach besser wahr.... auch im 33.Jahr visuelle Himmelsbeobachtung überrascht es mich immer wieder wie verschieden auch ich selbst zu unterschiedlichen Zeiten so schwache Eindrücke wahrnehme! Wir haben zwar ein Objektiv vorne an unserem Fernrohr aber dahinter sitzt ein subjektiver Mensch!

Der visuelle Eindruck des Kometen im Fernglas war durchaus vergleichbar mit dem schönen Foto von Alex vom gleichen Abend: siehe Bericht.

Bild: http://www.waa.at/bericht/2005/01/20050106api-mach.jpg (Alex Pikhard).

[Anmerkung: etwas später am Abend um 22h30m MEZ war es dann noch ganz klar. Mit dem 130/1040mm Refraktor bemerkte ich die deutlich sichtbare Bewegung des Kometen seit 19h00. Interessant war der Komet bei höherer Vergrösserung, 208x: ein Stern 9,4mag stand deutlich sichtbar südöstlich des Kerns in der Koma. Der Kern war viel schwächer sichtbar, ich schätzte seine Helligkeit auf m2 = 12,8mag (ein Vergleichsstern). Der Kern war eingebettet in eine sehr kleine etwas flächige starke Aufhellung (die Zentralregion der Koma) und blitzte daraus öfters hervor und blieb sternförmig. Bei einer Entfernung des Kometen zu dieser Zeit von 0,3475 AE = 52 Millionen Kilometer kann bei einer Auflösung von etwa einer Bogensekunde der Kern des Kometen nicht grösser sein als etwa 250 Kilometer. Wir wissen heute dass die Kometenkerne viel kleiner sind, etwa Kilometer bis einige zehn Kilometer und das wird auch beim "Machholz" nicht anders sein.]

Ab 20h30 lockerte es merkbar auf und ich wanderte ein wenig mit dem Fernglas 16x70 über den Himmel. Zunächst schaute ich in den Westen zu einigen Herbsthimmelobjekten. Die Andromeda-Galaxie M 31 war gut zu sehen. Ich schätzte aber ihre Länge auf nur etwa zwei Grad: von den imposanten vier Grad Länge, die ich im Dezember 2004 unter guten Bedingungen gesehen habe, schluckt der Stadthimmel doch eine ganze Menge (vergleiche Beobachtungsbericht vom Dez.2004). Auch von den beiden markanten Staubbändern der Galaxie nahm ich diesmal nichts wahr. Die Auswirkungen des ersten Staubbands auf der Westseite von M 31 waren aber als abrupterer Helligkeitsabfall durchaus angedeutet. Auch von diesem Objekt hat Alex eine gute Tele-Aufnahme gemacht, die mit dem Eindruck im Fernglas vergleichbar ist (siehe Bericht):

Bild: http://www.waa.at/bericht/2002/09/20020907api_m31.jpg (Alex Pikhard). Die beiden Staubbänder sind auf der Oberseite von M 31 sichtbar. Darüber ist die kleine Galaxie M 110 abgebildet.

Natürlich schaue ich auch zu den zwei hellsten Begleitern von M 31 weiter. M 32 ist zwar hell und deutlich, aber bei der nur 16-fachen Vergrösserung des Fernglas nur als nebeliger Stern erkennbar. Viel grösser aber auch viel schwieriger wahrnehmbar ist M 110 (NGC 205). Ich erkenne eine blasse elliptische Aufhellung, kaum heller in der Mitte, sehr schwach und ich brauche einige Minuten um sie wirklich gut zu erkennen.

Einfacher sichtbar ist die Dreiecks-Galaxis, M 33. Am Stadthimmel sehe ich eine grosse blasse elliptische Wolke, nicht leicht aber auch nicht schwer zu erkennen. In der Mitte zeigt M 33 eine etwas hellere Kernregion, einige Bogenminuten im Durchmesser, mit nicht sehr ausgeprägtem Helligkeitsmaximum. Insbesondere ist kein sternartiger Kern wahrnehmbar.

Ich schwenke zurück zu γ Andromedae, ein Doppelstern, den mein Fernglas nicht auflösen kann. Nicht weit davon steht 59 And: diesen Doppelstern sehe ich aufgelöst: zwei ungleich helle weisse Sterne, die zwar eng aber gut getrennt stehen. Weiter gehts zum Sternhaufen NGC 752 in der Andromeda. Das ist ein richtiges Fernglasobjekt! Etwa 40 bis 50 schwächere Sterne sind zerstreut über etwa ein Grad zu erkennen. Mehr als mit dem Fernglas darf man den gar nicht vergrössern, sonst geht der Eindruck des Sternhaufens verloren. Er steht uns recht nahe (etwa 1.500 Lichtjahre finde ich auf der WEBDA-Seite NGC 752; vergleiche auch die Seite http://www.seds.org/messier/xtra/ngc/n0752.html). Daher kann er bei schwacher Vergrösserung so gut gesehen werden. Unter dunklem Himmel konnte ich diesen Sternhaufen schon mehrmals mit freiem Auge sehen.

Schnell noch ein Blick zum verwunderlichen Stern im Walfisch, Mira Ceti. Mira (ο Ceti) ist nahe dem Minimum und sogar ein wenig schwächer als der daneben stehende Stern 9,2mag. ich schätze ihre Helligkeit auf 9,4mag -- immer noch im Fernglas sichtbar! Ich finde es ziemlich spannend, die langsamen aber grossen Helligkeitspulsationen der Mirasterne zu verfolgen; viele davon erkennt man schon im "Gucker". Karten von Mira: http://www.aavso.org/charts/CET/OMI_CET/OMICET-A.GIF und http://www.aavso.org/charts/CET/OMI_CET/OMICET-B.GIF. Artikel zu Mira: http://www.aavso.org/vstar/vsots/1298.shtml.

Saturn ist durch die Cassini-Raumsondenmission in den Schlagzeilen. Das 16x70 zeigt den Planeten deutlich elliptisch: die Ringform! Aber der Ring ist bei dieser Vergrösserung nicht vom Planeten trennbar. Dafür erkenne ich das Landeziel der Huyghens-Sonde: Titan! Der Saturnmond erscheint als schwächeres Sternchen rechts unterhalb des Planeten (südsüdwestlich). Er ist nicht schwer zu sehen.

Noch zwei kleinere Objekte des Sonnensystems "kurven" derzeit in den Zwillingen nicht weit von Saturn herum: die Kleinplaneten (8) Flora und (532) Herculina. Ich habe mir eine Karte mit dem Astroprogramm Cartes du Ciel ausgedruckt (sehr empfehlenswerte Freeware; siehe http://astrosurf.com/astropc/). Damit sind die Kleinplaneten als überzählige Lichtpunkte leicht zu identifizieren. (8) Flora ist der hellere der beiden. Ich schätze ihre Helligkeit durch Vergleich mit Sternen aus dem Tycho 2 Katalog auf 8,5mag. Wenig schwächer ist (532) Herculina: ihre Helligkeit schätze ich auf 9,2mag. Auch sie ist gut sichtbar und erscheint heute als "Doppelstern" mit einem sehr nahe stehenden Stern der fast genau gleich hell ist.