Beobachter: | Wolfgang Vollmann | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Datum: | 23. 04. 2005 | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Zeit: | 20.00 bis 01.00 MESZ | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Ort: | Purgathofer-Sternwarte, Klosterneuburg/N++ | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Instrument: | RC 100/890cm | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: |
Nach den aktuell im Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars von William I. Hartkopf & Brian D. Mason angegebenen Bahnelementen von Soderhjelm (1999) war der Doppelstern Gamma Virginis (γ Vir = STF1670 = WDS 12417-0127) zum Termin 2005,3 im Periastron. Der Jahresbruchteil 0,3 entspricht nach dem von "Nicht-Doppelstern-Astronomen" benutzten Kalender etwa der 20.April. Diese Bahn hat eine Umlaufzeit von 168,9 Jahren und das vorige Periastron ergibt sich zum Termin 1836,4. Zu dieser Zeit war Gamma Virginis so eng, dass nur sehr wenige Messungen gemacht werden konnten. Beobachtet mit meinem 130mm Refraktor veränderte Gamma Virginis sein Aussehen in den vergangenen Jahren ziemlich auffallend (in Klammern ist jeweils die Distanz und der Positionswinkel nach der Ephemeride für den Jahresbruchteil 0,3 angegeben):
Manche Beobachter werden sich vielleicht über positive Doppelsternbeobachtungen von 0,55 Bogensekunden weit unter dem Rayleigh-Limit (R = 138"/D[mm]; beim 130mm also 1,06") wundern. Das Rayleigh-Limit gibt aber nur an bei welcher Winkeldistanz die beiden Sterne getrennt erscheinen. Bei näheren Winkeldistanzen beginnen die Beugungsscheibchen der beiden Sterne zu verschmelzen, bilden erst eine "8er-Figur", dann ein kleines Stäbchen ohne Einschnürung und etwa beim halben Rayleigh-Limit (beim 130mm also 0,53") ist für mich die Wahrnehmungsgrenze erreicht: das zentrale Beugungsscheibchen sieht bei sehr hoher Vergrösserung gerade eben wahrnehmbar nicht mehr kreisrund sondern ganz leicht elliptisch aus ("Olivenform"). Am 17.Juli 2004 konnten vier Mitbeobachter und ich mit dem 1 Meter RC-Teleskop der Purgathofer-Sternwarte in Klosterneuburg/NÖ Gamma Vir am hellen Taghimmel um 20h15 MESZ beobachten -- die Goto-Teleskopsteuerung von Manfred Stoll machte es möglich! Bei 400x war das Seeing ganz gut und die beiden Sterne eindeutig getrennt sichtbar (Ephemeridendistanz: 0,48 Bogensekunden). Heuer probierte ich es am 23.April 2005 nochmals mit dem 1m Pressberger-Teleskop: das Seeing war nicht schlecht, aber die Beugungsbilder der beiden Sterne waren kaum im etwa 1,5 Bogensekunden durchmessenden tanzenden und flackernden "Fleckchenmuster" ("Speckles") auszumachen. Bei längerer Betrachtung des Bildes bei 1200x waren aber doch immer wieder zwei hellere "Kerne" im Bild auszumachen: die aufgelösten Bilder der beiden Sterne! Ich schätzte den Positionswinkel auf etwa 160 Grad. Ich versuchte auch eine Messung mit meinem "Webcam-Mikrometer": seit einem Monat versuche ich damit Doppelsterne am 130mm Refraktor zu vermessen. Die Webcam Philips ToUcam Pro II hat einen kleinen CCD-Chip eingebaut und erlaubt es viele Einzelbilder bei kurzer Belichtungszeit zu machen. Liess sich damit das Seeing "überlisten"? Ich machte wie gewöhnlich mehrere kurze Videofilme mit der Webcam und liess auch die beiden Sterne in Rektaszension "wandern", um die genaue Ost-West-Richtung auf den Chip zu bekommen. Danach machte ich mich ans vermessen. Im durch das Seeing sehr turbulenten Bild war es schon auf mehreren Einzelbildern zu sehen dass Gamma Vir länglich und auf wenigen Bildern (von mehr als 1000) sogar getrennt war. Allerdings bemerkte ich auch stark die atmosphärische Dispersion: die Einzelbilder der Sterne im Roten, Grünen und Blauen deckten sich nicht sondern verschmierten das Sternbild in ein kleines Spektrum. Ich kam auf die Idee die besten Einzelbilder in die RGB-Farbkanäle und zerlegen und die so entstandenen Bilder zu messen. Das hat sich als der beste Weg herausgestellt. Mein Ergebnis für Gamma Virginis lautet also:
Das Ergebnis ist vor allem im Positionswinkel recht unsicher, da sich natürlich in den durch das Seeing verzerrten Einzelbildern die Mitten der beiden Sterne nur recht ungenau festlegen liessen. Trotzdem ist es ganz gut mit der Ephemeride vergleichbar:
Natürlich wollte ich an diesem Abend auch mein Webcam-Mikrometer an einem Referenzdoppelstern ausprobieren: dazu wählten wir Kastor (α Gem). Hier benötigte ich durch den grossen Abstand von vier Bogensekunden keine Barlowlinse: die 8900mm des Teleskops genügen! Das Vermessen von Kastor ist sehr leicht: ich benutzte die ersten fünf etwas besseren Einzelbilder und erhielt als Ergebnis:
Hier der Vergleich mit der Ephemeride von Kastor:
Mit der erreichten Genauigkeit im Positionswinkel bin ich schon recht zufrieden (auch wenn es sicher noch besser geht). Die Distanzmessung ist doch um 9 Prozent zu klein -- vielleicht muss ich den Abbildungsmassstab noch besser kalibrieren. | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Bilder: | http://members.eunet.at/vollmann/gamma_vir.htm |