Beobachter: | Wolfgang Vollmann | ||||||
Datum: | 22. 10. 2005 | ||||||
Zeit: | 19.00 bis 21.00 MESZ | ||||||
Ort: | Payerbach/NÖ | ||||||
Instrument: | Freies Auge, Fernglas 10x50 | ||||||
Bedingungen: |
| ||||||
Bericht: |
Mein letzter Milchstrassenspaziergang in Adler und Schwan unter wirklich gutem Himmel ist schon eine Weile her: siehe Beobachtungsbericht. Heute Abend gibt es aber etwa zwei dunkle Stunden zwischen dem Ende der astronomischen Abenddämmerung und dem Mondaufgang. Der Himmel über Payerbach war sehr klar und dunkel, sicher auch durch den Nebel im Tal bedingt, der das Licht der Ortschaften ganz gut abschirmte. Mein erstes Ziel war heute Abend wieder die dreiteilige dunkle Höhle im Adler. Der Name stammt von Rudolf Brandt aus seinem wunderbaren Buch "Himmelswunder im Feldstecher", das mich zur Deepsky-Beobachtung mit dem Fernglas vor vielen Jahren angeregt hat. Dieser Dunkelnebel steht 1,5 Grad westlich von Gamma Aquilae (γ Aql) am Ort 19h40,7m +10°57' (2000.0). Er hebt sich bei dunklem Himmel recht deutlich von den dahinterliegenden hellen Milchstrassenwolken ab. Da der Nebel ziemlich gross ist (etwa 80x50 Bogenminuten insgesamt) verlangt er zur Beobachtung ein grosses Gesichtsfeld. Mein altes 10x50 Fernglas hat zwar "nur" 5 Grad Gesichtsfeld aber scharfe Bilder und ist zur Beobachtung des Dunkelnebels bestens geeignet. Der Nebel ist auf dem Online-Sternbilderatlas von Till Credner und Sven Kohle mit der Katalognummer B 143 markiert (Atair α Aql ist der helle Stern unter der Beschriftung "B 143"; Norden ist oben, Anblick wie mit freiem Auge und Fernglas): Die Katalognummern "B" stammen aus dem Milchstrassen-Atlas von Edward Emerson Barnard (1857 bis 1923). Er war einer der grössten visuellen Himmelsbeobachter aller Zeiten. Ich finde auch seine 1927 posthum veröffentlichten Milchstrassen-Aufnahmen aus dem "Photographic Atlas of Selected Regions of the Milky Way" wunderschön! Sie erlauben einen sehr guten Vergleich mit den visuellen Beobachtungen mit dem Fernglas. Seit kurzer Zeit steht der Atlas auch im Internet zur Verfügung: http://www.library.gatech.edu/about_us/digital/barnard/. Das Bild das die Dunkelnebel Barnard 142/143 am besten zeigt ist hier zu sehen: Barnard 142/143: die "dreiteilige dunkle Höhle" ist etwas links der Mitte zu sehen, der helle Stern links unten ist Atair (α Aql). Neben einigen anderen Objekten ist im Schwan besonders der Nordamerika-Nebel NGC 7000 bemerkenswert. Auf dem Bild von Barnard ist er wunderschön zu sehen: NGC 7000 / Barnard-Foto. Wie schon öfters habe ich ihn gut mit freiem Auge und UHC Filter sehen können: der Nebel ist zwar nicht genau der Form nach zu sehen, aber er zeigt einen eindeutigen "Blink-Effekt" wenn abwechselnd mit und ohne Filter geschaut wird: die Sterne und Sternwolken erscheinen mit Filter schwächer, der Nebel bleibt gleich hell. Im 10x50 ist der Nordamerikanebel auch ohne Filter gut erkennbar: er zeigt seine charakteristische Form inklusive "Mexiko" bis hinunter zu "Panama". Das grosse Gesichtsfeld und das beidäugige Sehen im Fernglas ist für den etwa zwei Grad grossen Nebel ein grosser Vorteil. Besonders interessant und schön finde ich auch die vielen kleinen unregelmässigen Dunkelwolken, die auf der hellen Sternwolke nördlich des Nordamerikanebels den hellen Gasnebel begleiten. Auf dem Bild von Walter Koprolin ist das ganz gut erkennbar: http://www.nightsky.at/Photo/StarF/Cygnus_24mm.html (das Bild hat Norden links und zeigt das Sommerdreieck mit Deneb (α Cyg) etwas links der Mitte und darunter (östlich) den Nordamerikanebel). Diese Region zeigt auch das Bild von Credner und Kohle sehr gut: Auf dem Bild von Walter Koprolin ist links (nördlich) von Deneb auch ein grosser Dunkelnebel im nördlichen Schwan erkennbar, der quer über das Milchstrassenband zieht. Auf der Karte von Credner/Kohle ragt er noch ein wenig links oben herein, zwischen M 39 und dem Nordamerikanebel. Ich finde dieses Objekt immer wieder auffallend mit freiem Auge, auch wenn der Himmel nicht ganz perfekt dunkel ist. Der Dunkelnebel hat von Phil Harrington, einem Fernglas-Beobachter aus USA die Bezeichnung "Harrington 10" unter seinen Libelingsobjekten erhalten (siehe z.B. sein empfehlenswertes Buch "Touring the Universe through Binoculars"). In Sky and Telescope Heft Okt.2005 fand ich aber einen interessanten "Deep-Sky-Wonders" Artikel von Sue French und dort wird dieser Dunkelnebel als "Le Gentil 3" bezeichnet. Anscheinend wurde der Nebel bereits von Guillaume Le Gentil im 18.Jahrhundert beschrieben.
|