Und wieder eine Nacht auf der Sofienalpe, die in die Annalen eingeht; dabei steht heute eigentlich gar keine geplante Aktivität auf dem Programm. Aber makellos schönes Wetter, ein Abend vor einem Feiertag, später Mondaufgang und mehrere interessante Themen (Jupiters kollidierende Stürme, Merkur und zwei weitere Planeten in der Dämmerung, Iridium-Flares) sorgen einmal mehr für ein spontanes, recht beachtliches Teleskoptreffen.
It's summertime!
Schon bei hellem Sonnenschein bauen die ersten ihre Instrumente auf; die sommerliche Wiese ist ja wirklich ein Traum. Abseits unseres, äh, schon etwas ausgetretenen Beobachtungsplatzes steht das Gras stellenweise fast schon mannshoch. Für einige Liebespaare, die diesen warmen Abend genießen, ein guter Blickschutz. Sei ihnen gegönnt! Wir warten auf die späte Dunkelheit.
Ein makelloser Abend ohne eine einzige Wolke
Bald richtet sich ein ganzer Teleskopwald gegen den dunkler werdenden Himmel, gut 15 Stück, zum Teil sehr grosse Instrumente, werden es in dieser Nacht werden.
In Erwartung der Dunkelheit
Schon bald erwischen die ersten Teleskope dank GoTo-Steuerung den Planeten Merkur. Bald sind auch Mars und Saturn in der Dämmerung gut zu sehen. Ich erlaube mir den Spass und nehme nicht nur Merkur, sondern auch Mars und Saturn mit der Webcam auf, der Vollständigkeit halber und vor allem, um einen Größenvergleich zu zeigen.
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Merkur zeigt jetzt, auf dem Weg zur unteren Konjunktion, schon eine deutliche Sichel und mit 7" ist sein scheinbarer Durchmesser auch schon recht gross. Der kleine, sonnennahe Planet ist heute etwas mehr als 140 Mio. km von der Erde entfernt. Mars, der uns im letzten Herbst (ist das schon lange her) so eine schöne Opposition beschert hat, beendet seine Sichtbarkeit. 337 Mio. km von der Erde entfernt zeigt der Rote Planet nur mehr ein 4" kleines Scheibchen - so klein wie Uranus in Opposition! Nur mit Fantasie kann man Details ausmachen. Auch Saturn beendet seine Sichtbarkeit bald, doch das mit Würde. Zwar steht der Ringplanet 1,47 Mrd. km. von der Erde entfernt, doch das tut der Sache keinen Abbruch, Saturn ist auch in Erdferne noch ein sehr schönes Objekt. Lediglich das Seeing in geringer Höhe schränkt die Sache ein.
Die obigen Aufnahmen entstehen mit der ToUCam pro bei 3m Brennweite am 12" LX200 mit IR-Sperrfilter. Um 22.30 Uhr, Merkur ist schon untergegangen, dekoriert ein Iridium-Flare (Iridium 61) die Dämmerungsszene mit Saturn, Mars, Castor und Pollux.
Spur von Iridium 61 über Saturn und Mars; rechts Castor und Pollux
Eigentlich haben wir uns heute eingefunden, um Jupiters Sturmsysteme zu beobachten, denn etwas nach 23 Uhr MESZ steht der GRF und der nahe bei ihm liegende "Red Junior" (Oval BA) im Zentralmeridian. Außerdem beschert uns der Mond Europa einen Durchgang und Schattenvorübergang.
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21.46 MESZ Der GRF taucht gerade auf, der Schatten von Europa ist deutlich, Europa selbst ist nicht zu sehen. System I = 59° |
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23.19 MESZ Seeing leider schlecht. Red Jr. ist wirklich sehr nahe am GRF. System I = 115° |
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22.11 MESZ Europa ist schon vor dem Planeten zu erkennen. Der GRF ist schon deutlich. System I = 74° |
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23.35 MESZ GRF und Red Jr. im Meridian; sie scheinen durch eine dunkle Brücke verbunden zu sein. System I = 125° |
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22.16 MESZ Europa löst sich von Jupiter. Das Seeing ist jetzt sehr gut. Von Red Jr. ist noch nichts zu sehen. System I = 77° |
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23.59 MESZ Das Seeing ist jetzt wieder etwas besser. Der Schatten von Europa verläßt die Scheibe. System I = 140° |
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22.59 MESZ Das Seeing wird leider schlechter. Dafür ist Red Jr. jetzt schon sehr deutlich. System I = 103° |
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00.21 MESZ Das Seeing ist jetzt wieder schlecht, GRF und Red Jr. wandern zum Rand. System I = 153° |
Und jetzt noch die Bildsequenz als Animation:
Dadurch, dass der Mond erst knapp vor Mitternacht aufgeht, hätten wir eigentlich eine dunkle Nacht, wäre da nicht diese endlose Dämmerung. Doch nach 23 Uhr kann man schon recht gut Deep Sky beobachten, sozusagen in den Pausen zwischen den Blicken zu Jupiter.
Hans Peter Müllner und ich testen die Canon EOS 350D unter etwas dunklerem Himmel aus, allerdings noch sehr improvisiert; soll heissen: Einzelbilder statt Serienaufnahmen und keine aktive Nachführkontrolle, weder an Hans Peters Starfire noch an meinem LX200. Dennoch ein paar nette Resultate.
M13 am Starfire (Gesamtbild verkleinert, Ausschnitt etwas weniger verkleinert)
Natürlich kommt bei der 30s (400 ISO) belichteten Aufnahme der Hintergrund durch, aber der Starfire zeigt ein total ebenes Bildfeld, wie es sich gehört. Der Ausschnitt zeigt, dass da viel, viel mehr drinnen ist.
M81 und M82, Gesamtbild, verkleinert
Auch das Feld M81/M82 ist für ein Einzelbild (30s, 800 ISO) nicht übel. In dieser Lage "eckt" die Nachführung etwas, da müsste man natürlich einscheinern. Ähnlich bemerkenswert M51.
M51, Gesamtbild, verkleinert
Anzumerken ist, dass jetzt der Mond schon aufgegangen ist! Auch hier Nachführfehler, bedingt durch nicht astrofotografisch genaue Aufstellung. Noch ein Test mit dem Starfire, h+χ Persei.
h+χ Persei, Gesamtbild, verkleinert
Im letzten Bild haben wir leider den Fokus "beleidigt", soll heissen, verstellt. Trotzdem: Vor allem die Sternfarben sind sehr deutlich.
Ich experimentiere zwischenzeitilich auch an meinem 12" LX200, das ich mit zwei f/6.3 Reducern ordentlich verkürze (leider liefert diese Kombination am Bildrand schon arge Verzerrungen und eine ordentliche Vignettierung). Dennoch auch hier zwei schöne 30s Einzelbilder, jetzt mit 1600 ISO.
M27 (verkleinerter Bildausschnitt)
Für ein Einzelbild in Stadtnähe ist die Aufnahme von M27 nicht ohne.
M52 (verkleinerter Bildausschnitt)
M52 in der Cassiopeia ist eigentlich ein sehr schöner Sternhaufen, schade, dass er nicht mehr beobachtet wird.
Visuell "grasen" wir die Sehenswürdigkeiten des Sommerhimmels ab, M13, M92, M57 und mehr. Als dann der Mond über den Wald steigt, beenden wir diese bemerkenswerte Beobachtungsnacht.
Zu Hause, nach dem Ausladen des Instruments, steht der Mond schon recht hoch. Ich zücke die EOS 350D mit 300mm Tele und mache 60 Einzelbilder, Kamera aufgelegt, also ohne Stativ. Hier das Resultat.
Mond, 60 Einzelbilder mit 300mm Tele gestackt
Es muss nicht immer Fernrohr sein (allerdings: ein Teleobjektiv ist eigentlich auch ein Fernrohr).
Text und Fotos: Alexander Pikhard