Beobachter: | Wolfgang Vollmann | ||||
Datum: | 17. 11. 2006 | ||||
Zeit: | 19.00 bis 23.00 MEZ | ||||
Ort: | Hohe Wand/NÖ | ||||
Instrument: | Refraktor 102/660mm | ||||
Bedingungen: |
| ||||
Bericht: |
Auch ich nutzte am 17.Nov. die sehr guten Sichtbedingungen auf der Hohen Wand. Der Nebel im Tal schirmte die Lichter recht gut ab und bei einer freisichtigen Grenzgrösse von etwa 6,5mag und mit freiem Auge schwach sichtbarer Galaxie M 33 und einer wunderschönen und reich strukturierten Milchstrasse machte das Sterngucken besonders viel Spass! Ich hatte meinen gebraucht günstig erstandenen Refraktor 102/660mm mit -- er kostete nicht mehr als ein halbwegs gutes Okular. Das leicht transportable Fernrohr bietet mit einem 40mm Weitwinkelokular bei 17-facher Vergrösserung wunderschöne Blicke ins Weltall bei nahezu 4 Grad Gesichtsfeld! Das Fernrohr hat "nur" ein achromatisches Objektiv, was sich sehr angenehm im Preis niederschlägt. Der Farbfehler ist auch vollkommen OK für Deep-Sky-Beobachtung -- ich schau sonst auch mit farbreinen Fernrohren und bin da durchaus empfindlich ;-) Zunächst beobachtete ich natürlich den Kometen C/2006 M4 (SWAN). Der Komet war ziemlich hell zu sehen, ich schätzte die Gesamthelligkeit auf 7,1mag. Die Koma war sehr stark zentral verdichtet und hatte etwa 6 Bogenminuten Durchmesser. Bei 95-facher Vergrösserung war auch eindeutig ein sehr schwacher sternartiger Kern 12.Grösse zu erkennen. Bei der schwachen Vergrösserung von 17x konnte ich auch deutlich einen geraden Schweif etwa ein dreiviertel Grad lang Richtung Westnordwesten sehen. Am schönsten war in dem kurzen Refraktor aber das Durchwandern der Milchstrasse bei 17-facher Vergrösserung: unzählige Sterne waren zu sehen! Fernrohre mit etwa 10 bis 40cm Objektivdurchmesser und maximaler Austrittspupille (um 7mm) = minimale Vergrösserung zeigen die meisten Sterne im Gesichtsfeld, sind also RFT's = Richest Field Telescopes = Fernrohre mit dem reichsten Gesichtsfeld. Bei meinem Refraktor beträgt die Vergrösserung genau 660/40 = 16,5x und die Austrittspupille 102/16,5 = 6,2mm, ist also nahe am optimalen Wert. Dieser Artikel von Mel Bartels zeigt dass dann wirklich weit mehr als 1000 Sterne im Gesichtsfeld sichtbar sind (Genaueres bietet die dort verzeichnete Literaturangabe im Klassiker "Amateur Telescope Making Vol.3"). Wirklich atemberaubend schön war die grosse Sternwolke im Sternbild Schwan zwischen Beta und Gamma Cygni zu sehen -- das Fernrohr löst sie in sehr viele Einzelsterne im Gesichtsfeld auf und trotzdem ist noch unaufgelöster heller Milchstrassengrund zu erkennen. In vielen Regionen zieren auch noch Dunkelwolken das Bild. Die beste Bilddarstellung ist meiner Meinung nach immer noch im berühmten "Atlas of Selected Regions of the Milky Way" von Edward Emerson Barnard zu sehen, der vor fast 100 Jahren entstanden ist. Glücklicherweise ist das Buch und vor allem die Bilder auch über das Internet online lesbar: http://www.library.gatech.edu/about_us/digital/barnard/index.html. Mit Hilfe der Suchfunktion lassen sich alle Regionen auch bequem am PC betrachten. Die Bilder kommen dem visuellen Eindruck am Fernrohr so nahe wie das eben möglich ist! Besondere Objekte für ein Weitwinkelfernrohr sind die grossen Dunkelnebel und die hellen Emissionsnebel der Milchstrasse. So besuchte ich zum Beispiel wieder die dreiteilige dunkle Höhle im Adler (Barnard 142/143) und mit dem UHC-Filter war der Nordamerika-Nebel NGC 7000 prachtvoll. Gleich beim Nordamerikanebel gibt es auch den schwächeren Pelikan-Nebel IC 5067/70. So detailreich habe ich ihn noch nie gesehen! Sogar die Dunkelwolke die "Schnabel" und "Körper" trennt und der "Kopf" waren deutlich zu erkennen. Es ist sehr schwierig so schwache Objekte zu skizzieren, aber ich habs probiert und danach mit den Aufnahmen verglichen. Etwas südlich vom Pelikannebel gibt es einen weiteren Emissionsnebel, IC 5068: den habe ich zum ersten Mal eindeutig gesehen (mit UHC-Filter) -- ich habe ihn länglich Ost-West um drei hellere Sterne skizziert. Besonders gut sichtbar war auch IC 1396 im Kepheus. Nicht nur der etwa zwei Grad grosse blasse Nebelschimmer südlich von My Cephei (μ Cep) war zu erkennen sondern auch die begrenzenden Dunkelwolken am Südrand (Barnard 160, 365, 162, 163) sowie eine kleine Dunkelwolke vor dem Hintergrund des hellen Nebels, Barnard 161. Alle Objekte sind im Sternatlas "Uranometria 2000.0" von Tirion, Rappaport und Lovi eingezeichnet der eine sehr gute Beobachtungsunterlage bildet. Ganz neu war für mich auch ein weiteres Nebelfeld im Sternbild Kepheus: Cederblad 214, der ganz gut zu sehen war und NGC 7822, der nur sehr sehr schwach erkennbar war. Auch hier konnte ich einige Einzelheiten mit dem UHC Filter sehen. "Alte Bekannte" befinden sich dagegen in einem Nebelfeld in der Kassiopeia: der relativ kleine elliptische helle Nebel NGC 896 und die schwachen Nebelfelder IC 1805 und IC 1848 die beide etwa 1 1/2° mal 1/2° gross zu sehen waren und trotz ihrer Lichtschwäche ein wenig Detail zeigten. Natürlich gab es noch viele weitere Sehenswürdigkeiten in dieser Nacht, z.B. den Meropenebel NGC 1435 in den Pleiaden M 45 oder den Kometen 4P/Faye. Und am eindrücklichsten war wie immer die Milchstrasse mit freiem Auge: unsere Spiralgalaxie zeigt eine Fülle von Einzelheiten und ist wunderschön! Es braucht auch nur ein kleines Weitwinkelfernrohr um eine visuelle "Reise durch die Galaxis" zu machen. Ich freue mich schon auf die nächste klare Nacht bei Hochnebel -- wenn die Hohe Wand wieder aus dem Nebel herausguckt! |