Dieser Samstag beginnt nebelverhangen und trüb, zeitweise regnet es. Ein grausliches Wetter, das auch den Spaziergang durch den Mariazeller Adventmarkt nicht gerade zum Erlebnis macht; nun, Erlebnis ist das ohnedies keines mehr. Gegenüber früheren Jahren hat der Christkindlmarkt gewaltig verloren; viel weniger Stände, lieblos verteilt über die Stadt, zerrissen durch Fahrstrassen. Unsere Gedanken sind ohnedies anderswo, nämlich beim Wetter.
Ein Anruf von Andreas Pfoser macht Hoffnung; am Abend würden die Wolken aufreissen und zumindest die erste Nachhälfte würde klar sein, bis die Cirren einer weiteren Front eintreffen. In der Tat, schon am Nachmittag zeigen sich erste Wolkenlöcher und so fahren wir gegen 17 Uhr zur Sternwarte. Thomas Zwach führt die meisten unserer Gruppe mit seinem Kleinbus bis zur Schipiste, von wo es nur ein kurzer, allerdings etwas eisiger Weg zur Sternwarte ist. Günther und ich führen mit unseren Geländewagen die wichtigsten Dinge (vor allem das Essen) direkt zur Sternwarte.
Erste Wolkenlöcher gibt es schon kurz nach 17 Uhr
Heute, am 8. Dezember, soll auf die Problematik der Lichtverschwendung und -verschmutzung hingewiesen werden. Verschiedene Organisationen haben aufgerufen, zwischen 20.00 und 20.05 Uhr die Lichter abzudrehen. Die Rufe dürften weitgehend ungehört geblieben sein.
Wären nicht die vielen Lichter, es wäre ein Wintermächen
Wären nicht die vielen Lichter, es wäre ein Wintermärchen. Gegen 20 Uhr klart der Himmel in der Tat auf und über uns strahlen die Sterne von einem sehr klaren Himmel. Die Durchsicht ist exzellent. Doch der Himmel ist von vielen künstlichen Lichtquellen enorm aufgehellt. Mariazell mit der hell erleuchteten Basilika im Tal, die nahe Bürgeralpe im Norden, und der helle Lichtschein der 40km entfernten Flutlichtpiste auf dem Hirschenkogel im Osten.
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Wahnsinn schlechthin: Der Lichtkegel vom Hirschenkogel im Osten
Im Zenit ist der Himmel so einigermassen klar und ich nähere mich dem Kometen 17P/Holmes. Mit freiem Auge ist er wirklich gut zu erkennen, als grosse, diffuse Wolke im Perseus. Schwer, seine scheinbare Helligkeit zu schätzen, aber so 3,5mag werden es schon sein.
Komet 17P/Holmes in der Milchstraße. Links der Fuhrmann, rechts der Perseus, rechts oben ein Teil der Cassiopeia.
Der Komet ist wirklich sehr auffällig. Canon EOS 350D, F=18mm, 6x25s bei 1600 ISO, stehende Kamera.
Komet 17P/Holmes nahe Mirfak. Canon EOS 350D, F=55mm, 11x20s bei 1600 ISO, stehende Kamera.
Im warmen Aufenthaltsraum der Sternwarte laben wir uns bei Gulasch und Bier. Danach geht es wieder ans Beobachten, auch in der Kuppel. Hier findet sich ein kleines Grüppchen von vier Fotografen ein, die gleichzeitig an verschiedenen Rohren das gleiche Objekt aufnehmen. Vor der Sterwarte steht einsam ein einziges Teleskop für visuelle Beobachtungen, dazu macht noch ein Feldstecher die Runde. Star Party ist das keine.
Die Nacht ist wirklich sehr klar, und trotzdem wird die halbe Nacht ausschließlich der Komet 17P/Holmes beobachtet und fotografiert. Erst dann kommen ein paar Klassiker und der Mars dran.
Komet 17P/Holmes. Canon EOS 350D, F=300mm, 14x30s bei 1600 ISO, nachgeführt.
Pleiaden M45 im gleichen Maßstab, Canon EOS 350D, F=300mm, 90s bei 1600 ISO, nachgeführt.
Komet 17P/Holmes, Canon EOS 350D an Refraktor F=600mm, 11x20s bei 1600 ISO. Interessant: Der Kernbereich des Kometen.
Orionnebel M42 im gleichen Maßstab wie obige Kometenaufnahme, Canon EOS 350D, F=600mm, 3x30+2x60+90 Sekunden bei 1600 ISO.
Auch der Mars ist ein lohnendes Ziel, wenn er einmal hoch genug steht. Leider erweist sich die Kombination von gemütlichem Leben im beheizten Aufenthaltsraum der Sternwarte und sinnvoller astronomischer Beobachtung in der Kuppel als unbrauchbar, das Kuppelseeing ist auch bei geschlossenen Klappen nicht wegzubekommen. Aber immerhin.
Mars. 16" LX-200 bei f/10 (F=4m), Philips SPC 900, 900 Frames.
Immerhin erkennen wir ein wichtiges Detail: Die kleine nördliche Polkappe scheint durch die Polhaube durch. Die Wolken um den Nordpol des Mars werden dünner.
Über uns strahlt ein herrlicher Winterhimmel, wenngleich die Lichtverschmutzung nicht abnimmt im Lauf der Nacht. In der Kuppel wird fotografiert, vor der Sternwarte geht einstweilen der einsame Kampf gegen Tau und Eis verloren. Es hat -3°C draussen und alles ist mit einer dünnen Eisschicht überzogen. In der Kuppel wird fleissig weiterfotografiert.
Winterhimmel über Winterlandschaft
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In der Kuppel steuern wir das nächste Objekt an, den Kometen 8P/Tuttle. Er ist sehr klein und noch recht schwach.
Komet 8P/Tuttle. Canon EOS 350D an Refraktor F=600mm, 9x30s bei 1600 ISO.
Über der Sternwarte steht der einbeinige Riese Hunrakan (der Große Wagen in dieser typischen Winterstellung). Von seinem Namen leitet sich das englische Wort "Hurricane" ab.
Hunrakan über der Sternwarte
Und tatsächlich. Gegen 1.30 Uhr, als Mars hoch am Himmel steht und uns das ruhige Leuchten der Sterne den Roten Planeten als nächstes Ziel auswählen lässt, kommt praktisch aus dem Nichts ein Sturm auf, mit so heftigen Böen, dass wir rasch die Kuppel schliessen. Im Westen wird der Himmel milchig. Die nächste Front kündigt sich an. Die Prognose stimmt fast auf die Minute. Respekt, Andreas Pfoser!
Vor dem Haus fotografiere ich dann noch dieses schöne Objekt aus der freien Hand.
Deutlich erkennt man Krater am Terminator und auch Strukturen auf der unbeleuchteten Seite. Was es wohl ist?
Was das wohl ist?
Die Fahrt ins Tal erweist sich als weniger eisig als befühchtet. Es war eine wirklich schöne Beobachtungsnacht.