Partielle Mondfinsternis

Markt Allhau, Burgenland, 16. 08. 2008

20080816api20.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:16. 08. 2008
Zeit:20:00 MESZ
Ort:Markt Allhau, Burgenland
Instrument:6" Skywatcher Refraktor 150/1200mm, Canon EOS 350D, Philips SPC 900NC
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Grenzgröße:5.5
Aufhellung:gut (2)
Seeing:schlecht (4)
Wind:kein
Temperatur:9°C
Feuchtigkeit:feucht
Sonstige Bedingungen:Anfangs ein paar harmlose Restwolken, gegen Ende ein paar harmlose Cirren.
Bericht:

Was für ein Tag ...

Da sieht es doch die ganze Woche lang so aus, als würden wir die partielle Mondfinsternis nach dem Durchzug einer massiven Kaltfront am Abend doch beobachten können, und dann schlagen die Wettermodelle - einhellig! - um und verheissen für Wien kaum Chancen auf eine Sichtbarkeit.

Dabei wird die Finsternis in den Medien gut angekündigt und am Samstagmittag interviewt uns sogar ein Team vom ORF Wetter auf dem Kahlenberg. Der ORF-Wettermann verheisst für Abend, was nicht verwundert, gutes Wetter. Am Nachmittag sieht es dann ja auch kurz danach aus, doch dann dreht die Strömung von Südwest auf West und schiebt erneut Schauerwolken von Westen nach Wien.

Was tun?

Nach einigen Telefonaten mit Andreas Pfoser einigen wir uns, das Programm zu teilen. Die Mobile Sternwarte auf dem Kahlenberg muss nach dieser Medienankündigung einfach stattfinden, aber mit kleinerer Mannschaft. Für alle, die die Finsternis gut beobachten wollen, vereinbaren wir eine Beobachtung im Südburgenland, wo das Wetter deutlich besser sein sollte. Diesen Part, die Leitung dieser Astropraxis, übernehme ich.

Schon auf der Fahrt nach Süden wird das Wetter deutlich besser. Nach Baden ist der Himmel schon fast wolkenlos, aber über den Bergen hängen schwere Stauwolken. Ich telefoniere mit Christine und Kurt Bretschneider und ermutige sie, von ihrer Sternwarte in Matzendorf zu beobachten, und fahre weiter.

Um 19 Uhr erreiche ich den vereinbarten Treffpunkt am Parkplatz der Raststation Loipersdorf. Jede Menge Touristen, vor allem aus Italien. Aber weit und breit kein WAA-ler. Ich bin sehr enttäuscht. Es ist ziemlich kühl und es weht starker Wind. Der Himmel ist, abgesehen von ein paar Restwolken, klar. Im Süden deutlich mehr Wolken als im Norden. Ich warte noch etwa 20 Minuten, niemand kommt. Das wird eine einsame Finsternis. Ich überlege, wohin ich fahren soll. Nach Norden, auf den Wechsel? Dort kenne ich keinen Beobachtungsplatz. Nach Süden, den Wolken entgegen? Anreas Pfoser ruft genau zum richtigen Zeitpunkt an und erklärt mir, dass sich die Wolken im Süden auflösen werden. Also auf nach Süden, denn in Markt Allhau kenne ich einen Beobachtungsplatz: Die Sole-Wies'n.


180°-Blick von der Sole-Wies'n nach Norden

Am Platz angekommen ist das Wetter wirklich herrlich, auch der Wind hat sich gelegt. Ich vermesse kurz den Horizont. Die Sonne steht im Azimut 285°. Mein Schatten weist also auf 105°, wie das 180°-Panorama auch zeigt. Der Mond wird bei 115° aufgehen - Mist! Genau dort stehen Bäume. Also hier geht es nicht, ich muss was anderes finden.

Nach einem kleinen Offroad-Abenteuer, über das sich mein Forrester freut, verwerfe ich einen Platz am Waldrand in einem Feld. Wer weiss, wie die Bauern hier aufgelegt sind. Ich folge einer kleinen Strasse nach Süden und nach der Brücke über die B50 erblicke ich links eine kleine Anhöhe mit einer Aussichtsbank. Das ist es!


Von der Sole-Wies'n (A) zur Aussichtsbank (B)

Die B50 ist nahe, aber durch einen dichten Lärmschutzwald absolut lichtdicht versteckt. Der Blick von Osten über Süden nach Westen ist ein Traum. Ein guter Platz!


Der neue Platz, 180°-Blick nach Süden

Im Osten und im Süden stehen noch Schauerwolken, doch die ziehen ab bzw. lösen sich auf. Sie sind harmlos, können hier nicht mehr gefährlich werden.


Schauerreste im Südosten ...


... und im Süden

Ich baue auf. Wo ist der Mond? Da kommt er schon!


Aus den Wolken am Horizont ...


... taucht der Mond auf


Das ist er


Der Vollmond, vom Seeing gezeichnet


Meine einsame Station

Es kommt jetzt zur ersten von nur zwei Begegnungen mit Menschen. Ein Auto (eines von zwei während der ganzen Finsternis) fährt langsam vorbei, hält an; Fahrer: "Da Voimond!" Ich: "Ja, heute ist Mondfinsternis." Fahrer: "Ooouuu!"; sprachs und fährt weiter. Nach diesem tiefsinnigen Dialog herrscht für lange Zeit Stille. Etwa eine Stunde später wird ein Ehepaar mit einem Hund vorbeikommen; sie bemerken die Finsternis, wir plaudern ein wenig. Sie berichten von verheerenden Unwettern gestern in dieser Gegend. Somit wären alle Kontakte während dieser Finsternis beschrieben.

Auch Jupiter ist schon zu sehen.


Mond und Jupiter über endloser Weite

Die Anhöhe vermittelt den Eindruck unendlicher Weite. Mir fällt dieses kitschige Lied vom Soldaten am Wolgastrand ein. Blöder Ohrwurm. Zum Glück fängt die Finsternis bald an. Ich nehme mir vor, alle Viertelstunden sowie zu den Kontaktzeiten ein Bild zu machen. Es wird sich aber mehr ergeben!


20.23 Uhr, Beginn der Finsternis. Es ist natürlich noch nichts zu sehen


20.30 Uhr


20.45 Uhr


21.00 Uhr

Zwischen 21.05 und 21.10 Uhr MESZ bilde ich mir ein, die erste Verfinsterung mit freiem Auge wahrnehmen zu können.


21.15 Uhr


21.30 Uhr


21.36 Uhr, Beginn der partiellen Phase


21.45 Uhr

Ab 22 Uhr kann ich im Fernrohr schon eine rötliche Verfärbung des Kernschattens erkennen. Jetzt fotografiere ich jede Phase zweimal, einmal kurz und einmal lang belichtet.


22.00 Uhr


22.00 Uhr


22.15 Uhr


22.15 Uhr

Erstaunlich, der Himmel wird auch schon dunkler, immer mehr Sterne kommen heraus!


Mond im Steinbock, Schütz mit Jupiter und Milchstraße, Skorpion

Sogar die Milchstraße kommt heraus! Ich mache einen kurzen Abstecher zum Jupiter.


Jupiter und Io. 6" Skywatcher bei f/16 (F=2,4m), Philips SPC 900NC, IR Sperrfilter

Bei dem Seeing hätte ich Jupiter ruhig lassen können. Weiter zur Finsternis.


22.30 Uhr


22.30 Uhr


22.45 Uhr


22.45 Uhr


23.00 Uhr


23.00 Uhr

Was für eine helle Finsternis! Es war in der Tat richtig, sie zu bewerben, sie ist fast so schön wie eine totale!

Der Himmel ist sehr dunkel geworden und über mir strahlt die Milchstraße, es ist nicht zu glauben. Der Gesamthimmelsanblick ist nur in Worten wiederzugeben: Im Südösten der helle, rote Mond mit seinem strahlenden Häubchen. Von Nordosten bis Südwesten die Milchstraße, mit dem hellen Jupiter im Südwesten. Und gerade zieht ein verspäteter, heller Perseide genau die Milchstraße entlang nach Südwesten. Wow!


Die Milchstraße zur Mitte der Finsternis


23.10 Uhr


23.10 Uhr

Mitte der Finsternis. Es ist ein Traum!


Der verfinsterte Mond in den Sternen des Steinbocks, ganz in der Nähe der Planet Neptun


Mitte der partiellen Mondfinsternis


Die Milchstraße vom Perseus bis zum Sommerdreieck

Die Finsternis setzt ihren Lauf unaufhaltsam fort.


23.15 Uhr


23.15 Uhr


23.30 Uhr


23.30 Uhr


23.45 Uhr


23.45 Uhr


00.00 Uhr


00.00 Uhr


00.15 Uhr


00.15 Uhr

Jetzt wird die Färbung des Kernschattens wieder überstrahlt vom Rest des Mondes.


00.30 Uhr


00.45 Uhr, Ende der partiellen Phase


00.50 Uhr


00.55 Uhr


01.00 Uhr

Ca. um 1.00 Uhr kann ich zum letzten Mal mit freiem Auge eine Verfinsterung feststellen. Die Finsternis ist vorbei. Im Süden ziehen ein paar harmlose Cirren herum.


Nach dem Ende der Finsternis

Jetzt ist bis zum 15. Juni 2011 keine gute Mondfinsternis mehr bei uns zu beobachten. Ich höre, dass es auf dem Kahlenberg gut gelaufen ist. Fein. Mein Platz wäre dort gewesen, als Volksbildner. Doch ich wollte auch unseren Fortgeschrittenen etwas bieten. So aber gehörte mir diese Finsternis an diesem Platz heute ganz allein. Mögen sich viele an den Bildern erfreuen.