Totale Sonnenfinsternis

Pazifik, 100km nordöstl. von Iwo Jima, 22. 07. 2009

20090722gba01.html

Beobachter:Gerhard Bachmayer
Datum:22. 07. 2009
Zeit:01:00 bis 03:30 Uhr UT
Ort:Pazifik, 100km nordöstl. von Iwo Jima
Instrument:Canon 20D, Canon PowerShot S80
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Bericht:

Wir beschlossen die diesjährige totale Sonnenfinsternis von Bord eines Schiffes, der 'Costa Classica', zu beobachten. Zwei Gründe sprachen dafür: die maximale Dauer war nur auf See zu erleben, und die Wetteraussichten waren auch deutlich besser als über dem feucht-heißen Kontinent.

Am Morgen passierten wir Iwo Jima, eine kleine Lavainsel südlich von Japan, einer der umkämpfsteten Punkte im Pazifik während des zweiten Weltkrieges. Der ansonsten klare, blaue Himmel war übersäht mit kleinen, tiefen Wolken, die allerdings rasch durchzogen. Die Wettervorschau versprach gute Bedingungen am Finsternispunkt, weshalb am gesamten Schiff eine freudige Gespanntheit zu spüren war. Einige Passagiere hatten sich sogar in der Nacht schon 'optimale' Plätze am Deck für ihre Ausrüstung reserviert, was allerdings etwas zu hinterfragen ist, da bei einer Sonnenstandshöhe von 83 Grad so ziemlich jeder Punkt 'optimal' ist.

Bei Schiffsreisen nehme ich generell keine astronomische Ausrüstung mit, da selbst bei ruhiger See ein leichtes Schwanken nicht zu vermeiden ist. Ich mache deshalb immer nur einige Fotos mit meinem längsten Tele (f=280mm) mit ISO1600 und genügend kurzer Belichtungszeit aus der Hand, und habe damit immer recht akzeptable Ergebnisse erzielt. Ein angenehmer Nebeneffekt ist auch, dass man unbeschwert umherspazieren kann, mit Leuten plaudern und gelegentlich einen Blick durch das eine oder andere Teleskop werfen kann. Die Sonne war - wie derzeit fast zu erwarten - extrem ruhig, kein Sonnenfleck war zu sehen, nur eine winzige Protuberanz war am Rand zu erkennen.

Die Zeit zum ersten Kontakt lud auch zum Beobachten der umgebenden See ein. Seevögel vollbrachten akrobatische Meisterleistungen um fliegende Fische zu fangen, und die nach wie vor zahlreichen durchziehenden kleinen Wolken verursachten schöne Lichtspiele über der unglaublich ruhigen, spiegelglatten Meeresoberfläche. In sicherer Distanz waren sogar einige lokale Regenschauer zu sehen.

Und dann war er da, der erste Kontakt! Ein Raunen ging durch die Menge, als die makellose Sonnenscheibe eine winzige Delle am oberen Rand bekam. Einige junge chinesische Crewmitglieder waren ganz aus dem Häuschen, als der Mond immer größere Teile der Sonne bedeckte. Die nun nur noch vereinzelt durchziehenden Wolken erlaubten sogar das Fotografieren der partiellen Phase ohne Solarfilter. Auch wenn für das Auge die Umgebungshelligkeit nicht merklich zurückging, war die reduzierte Einstrahlung auf der nackten Haut deutlich spürbar.

Fünfzehn Minuten vor dem zweiten Kontakt wurde Venus problemlos sichtbar, Das Schiff schwenkte nun auf die Zentrallinie ein und folgte ihr mit etwa acht Knoten. Dadurch verlängerte sich die Gesamtdauer der Totalität um immerhin drei Sekunden. Die Wolken waren nun bis in weiter Umgebung völlig verschwunden, nur am Horizont tummelten sich noch einige und trugen zur Stimmung bei. Das Licht wurde mit jeder Minute fahler, und Schatten hatten einen ungewohn scharfen Rand. Lochmuster produzierten viele kleine, sehr schmale Sonnensicheln. Im Westen wurde die Stimmung durch den nahenden Kernschatten dramatisch und die Wolken rasch dunkler.

Ein blendender Diamantring verkündete den Beginn der Totalität! Schlagartig wurden die vier hellen Planeten Saturn, Merkur, Venus und Mars sichtbar. Auch viele helle Sterne, wie z.B Rigel, Beteigeuze und Sirius waren zu sehen. Einige Mitreisende, die eines ihrer Augen mittels Klappe dunkeladaptiert hatten, sahen sogar das komplette Sternbild des Orions! Tief im Süden strahlte Canopus über den intensiven Dämmerungsfarben am Horizont.

Im Zenit leuchtete die Korona um ein tiefschwarzes Loch am stahlblauen Himmel. Es war eine typische Minimumskorona, allerdings waren die Strukturen in ihr keinesfalls so deutlich sichtbar wie bei der Finsternis von 2006.

Auch fast sieben Minuten Finsternis gehen viel zu schnell vorüber, und im Westen kündigte sich das Ende dieses tollen Naturschauspiels an.

Der zweite Diamantring signalisierte das Ende der totalen Phase, aufgrund des deutlich größeren scheinbaren Durchmessers der Mondscheibe waren Bailey's Beads allerdings nicht zu sehen. Die längste Finsternis des Jahrhunderts war vorüber, eine annähernd so lange gibt es erst wieder in achtzehn Jahren über Nordafrika.

Noch etwas kurioses: in einiger Entfernung war ein japanisches Passagierschiff mit voller Beleuchtung zu sehen. Offensichtlich hatte niemand daran gedacht die Automatik auszuschalten.

Eine kleine Gallerie gibt es unter:

Bilder:http://www.pbase.com/gbachmayer/eclipse2009