Von den Organisatoren des Internationalen Jahrs der Astronomie werden die "Galilean Nights" nach den "100 Stunden Astronomie" als zweiter grosser internationaler Event ausgerufen. Während letzere Veranstaltung eine große, österreichweite Veranstaltung wurde, beteiligt sich außer der Astrorunde Leiserberger und der WAA niemand mehr an den von uns mit "Galilei-Nächte" bezeichneten Veranstaltung. Schade!
Von vielen Seiten wird eingeworfen, dass Ende Oktober in Österreich kein guter Termin mehr ist für eine astronomische Freiluftveranstaltung. Die zeitliche Nähe zur Langen Nacht der Museen und der Langen Nacht der Forschung mag auch ein Grund sein. Wie auch immer, wir von der WAA probieren es, obwohl viele von uns derzeit auf einem Ausflug auf den Spuren Galileis in Italien sind.
Die Medien nehmen, trotz zweier grosser Presseaussendungen, keine Notiz von uns. Egal, unsere eigene mediale Reichweite ist mittlerweile nicht so schlecht. Kopfzerbrechen bereitet uns nur das Wetter. Nach dem Wintereinbruch vorige Woche hat es sich zwar beruhigt, aber richtig gut ist es nicht. Fronten von Nordwesten und ein Adriatief sorgen für Pessimissmus.
Am Donnerstag, 22. Oktober, ist am Leiserberg nicht an Beobachten zu denken, es regnet. Auch am Freitag, 23. Oktober, stehen alle Prognosen auf Absage. So sagen wir den geplanten Sternabend auf dem Kahlenberg ab - um mitansehen zu müssen, dass die Wolken am frühen Abend Mond und Jupiter wieder freigeben.
Mond am Abend des 23. Oktober
Es wäre kein berauschender Abend geworden, aber das Ziel hätten wir erreicht und zwei Stunden lang Mond und Jupiter der Öffentlichkeit präsentiert. Schicksal. Es gibt ja noch einen Abend, Samstag, und für den sind die Wettermodelle zuversichtlicher. Doch der Samstag präsentiert sich grau in grau, und je näher der geplante Abend vor dem Naturhistorischen Museum rückt, desto größer werden die Zweifel.
Ich konferiere oft und lange mit Andreas Pfoser, der mir versichert, dass es am Samstag noch einen brauchbaren Himmel geben wird. Den ganzen Tag läuft das Satellitenbild. Die Reste des Mittelmeertiefs drücken von Südosten nach Wien, eine herannahende Warmfront von Nordwesten. Dazwischen, also bei uns, Stillstand. Es dauert.
Bald wird klar: 18 Uhr geht sich nicht aus. Aufgeben? Ich frage mich, warum ich mir das alles antue. Ohne dafür Geld zu bekommen, Tage meiner Freizeit zu opfern, um der Öffentlichkeit Astronomie zu präsentieren, wo andere dafür bezahlt werden. Meine Motivation sinklt. Doch Aufgeben? Es heisst, Aufgeben tut man einen Brief. Heute nicht einmal das mehr, es gibt Email. Halt! Wir leben im 21. Jahrhundert. Email und Internet sollten schaffen, was andere Medien nicht schaffen können: Eine Verschiebung der Veranstaltung zwei Stunden vor deren Beginn.
Ich entscheide, umzudisponieren. Statt um 18 Uhr vor dem Naturhistorischen Museum starten wir den Sternabend um 20 Uhr auf dem Kahlenberg - wie es das Programm lange bevor die Galilei-Nächte feststanden eigentlich vorgesehen hatte. Per Telefon informieren Stefi und ich das Team. Ich ändere die Homepage und schicke eine Email an den WAA Newsletter, der ja gut und gerne 300 Adressen umfasst. Jetzt heisst es abwarten und die Veranstaltung durchziehen.
Um 19 Uhr sind wir auf dem Kahlenberg. Der Mond scheint durch eine Wolkenlücke. Es ist zu schön um wahrzusein, aber wird sich der Aufwand lohnen?
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Die Terrasse gehört uns. Die Freiluftsaison ist vorbei, die Tische und Stühle der Restaurants weggeräumt, ebenso die Liegestühle und was sonst noch alles hier das Bild des Sommers geprägt hat. Spaziergänger sind rar, wer hierher kommt, kommt zu den Galilei-Nächten. Und sie kommen!
Gebannt haben etliche Interessierte offenbar unsere Ankündigungen im Internet verfolgt und machen unsere Verschiebung verständnisvoll mit. In der Tat, die Wolken beginnen, von Osten her auszutrocknen und bald sehen wir den ersten Stern im Fernrohr. Welcher ist es? Egal, keine Ahnung. Es ist ein Stern!
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Zunächst bleibt unser Informationszelt die einzige Quelle für Astronomie.
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Doch dann bricht der Mond erneut durch die Wolken, und länger.
Die Wolken über Wien lockern auf, der Mond wird sichtbar
Jetzt gibt es kein Halten mehr. Unsere beiden Fernrohre werden zum Mond gerichtet, immer besser ist er zu sehen.
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Anfänglich sind noch viele Wolken vor dem Mond, später wenige. Doch die Mondlandschaft, die lässt sich bewundern.
Der Mond im Fernrohr durch Wolken
Es gibt kein Gedränge, und doch sind wir nicht allein, sondern eine sehr interessierte und gar nicht so kleine Gruppe von Wissbegierigen begleitet uns.
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Und dann kommt auch Jupiter heraus. Trotz sehr schlechtem Seeing erkennt man nicht nur die Monde, sondern auch Wolkendetails.
Jupiter bei leider gar nicht gutem Seeing
Mond und Jupiter über Wien: Das, was wir in den Galilei-Nächten zeigen möchten
Einige probieren, den Mond durchs Fernrohr zu fotografieren.
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Wie es sich für eine Galilei-Nacht gehört, ist auch ein Galiei-Fernrohr mit dabei, gebastelt an den letzten Abenden aus dem Bausatz von AstroMedia. Es stellt den enormen Kontrast von einst und heute dar.
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Wie konnte Galileo Galilei mit diesem Ding die Jupitermonde entdecken? Geht das überhaupt? Es geht! Roland hat die ruhige Hand eines Dobsonauten und kann Galileis Beobachtung nachvollziehen.
Galilei-Nächte 2009
Ein würdiger Vergleich.
Unsere Galilei-Nächte haben wir gerettet durch Flexibilität und vor allem den unbeugsamen Willen, Astronomie anderen näher zu bringen - mit dem Geist der WAA. Über Wien liegt Dunst, über uns Mond, Jupiter und das Sommerdreieck.
Dunst über Wien
Geist der WAA? Das klingt vielleicht ein wenig sentimental. Doch es ist mir unmöglich, die Gefühle der letzten Tage zu verbergen. Die Zweifel über den Sinn der Sache, die Zweifel über das eigene, vielleicht übertriebene Engagement. Die Frage, wo die Grenze des Vernüftigen liegt. Das von vielen Seiten so offenkundig zur Schau gestellte Desinteresse an dieser Veranstaltung. So mag es einem Bergsteiger gehen, der sich einen Gipfel in den Kopf gesetzt hat, von dem alle anderen sagen, "lass es, das bringt nichts". Und die Frage, ob ich nicht das eigene Team überfordere, über unsere Ziele hinaus schiesse. Die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, alles an sich vorbeiziehen zu lassen, sich nicht mit derartigen Entscheidungen zu belasten. Ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, den WAA-Ausflug mitzumachen, zum x-ten Mal das Replikat von Galileis Fernrohr im Museum zu bestaunen und bei einem Kaffee in Florenz Astronomie zu vergessen.
Doch dann sehe ich unser Team. Sie tragen die Veranstaltung mit allen Hochs und Tiefs der Vorbereitung mit. Sind dabei und zeigen das gleiche emotionale Engagement für Astronomie und übertragen diese Begeisterung auf unsere Gäste: Josef Berger, Roland Graf, Otto Lhotsky, Stefi Scharlach und Benni. Roland bringt es auf den Punkt: "Und wenn wir nichts sehen, dann ist es wenigstens ein Fototermin fürs Internet, damit alle sehen, dass wir es gemacht haben. Irgendwann muss sich das dann auch einmal bezahlt machen."
Das stimmt. Es muss sich nicht alles rechnen im Leben. Es muss nicht immer Geben und Nehmen gleich sein. Es muss nicht immer alles stur nach Plan laufen. Es muss nicht immer alles, was interessant ist, ausschliesslich in der Zeitung stehen. Es muss nicht immer alles, was sehenswert ist, abends im Fernsehen laufen. Galilei hatte den Mut, die Welt zu verändern. Er sollte uns ein Vorbild sein ...
Um 22.30 Uhr schwimmt alles davon, so feucht ist es geworden. Der Nebel wird wieder dichter. Der Mond ist untergangen und Jupiter verschwindet wieder. Zeit für den Abbau.
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Es war ein Grenzgang. Retrospektiv betrachtet war er gut. Perfekt sogar. Und die Motivation, die ist - nach wie vor da.
Text und Bilder: Alexander Pikhard.