Wie soll ich dieses Ereignis beschreiben? Wohl am besten als eines jener Märchen, über die wir noch lange reden werden. Sonnenfinsternis am 4. Jänner. Irgendwann vor mehr als einem halben Jahr, als die Planung für 2011 anstand, wurde uns dieses Himmelsereignis so richtig bewusst. Eine partielle Sonnenfinsternis mit fast 80% - toll! Da wird es sogar merklich dunkel. Aber 4. Jänner?! Gibt es in Wien einen "schlechteren" Termin? Wohl kaum. Denn: Wie ist das Wetter Anfang Jänner? Tiefdruck, dann Regen oder eher Schnee, jedenfalls bewölkt. Hochdruck: Dann Hochnebel. Dazwischen bleiben meist nur ein paar Stunden ...
Die Wetterprognosen für den 4. Jänner waren weitgehend negativ. Hochnebel und/oder Wolken. Die Wetterprognosen waren außerdem sehr instabil, und so beobachteten wir Jupiter am Abend zuvor zwischen Schneeflocken. Ein einziges Wettermodell sagte für den Vormittag des 4. Jänner für Wien heiteres, ja fast wolkenloses Wetter voraus. Diesem und keinem anderen vertrauend geben wir am Abend des 3. Jänner, während kräftige Schneeschauer über Wien ziehen, grünes Licht für die Station auf dem Kahlenberg.
Und genau dieses Modell trifft heute ein! Was folgt, kann in Worten nicht beschrieben werden, also sprechen die BIlder.
Ankunft um 7.15 Uhr auf dem Kahlenberg. Über der Inversion ein strahlend blauer, eiskalter Himmel! Temperatur: -7°C.
Sonnenaufgang. Da ist sie, da ist sie!
Wie schön, dieses gar nicht obskure Objekt der Begierde!
Die Finsternis hat schon begonnen, als wir diese Stimmung bewundern. Es wird wärmer.
Wow ...
Sonnenfinsternis über Wien, und ja, da sind schon ein paar Cirren, aber die stören nicht. Es wird merklich dunkler und wieder kälter!
Es ist vorbei, und wie schön diese Finsternis war!
Unsere Station auf dem Kahlenberg, nüchtern betrachtet: 15 bis 20 Teleskope mit Sonnenfiltern, ein Informationszelt, viele WAA-Mitglieder, die bereitwillig die Finsternis erklären und den 150 bis 200 Besucherinnen und Besuchern die Finsternis zeigen oder ihnen ein Foto ermöglichen. Doch es gibt auch eine andere Seite: Menschen, die sich über die Sonnenfinsternis freuen.
Die Sonnenfinsternis in den Weihnachtsferien, die wir so wunderbar sehen können, ist ein Medienspektakel. Ein Team des ORF überträgt unsere Station live, mit Bildern von der Sonnenfinsternis, Interviews, Eindrücken.
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Unsere Station ist auch die vierte - und wichtigste - Etappe unserer Winterferienspielaktion "Sonnenfinsternis schauen". Und die bestbesuchte. Kein Wunder ...
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Tolle Stimmung und so viele Rohre
Ein paar ungewöhnliche Techniken, die Finsternis zu beobachten:
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Bleibt bei Erklären der Finsternis und der Arbeit als Fotoreporter überhaupt Zeit, die Finsternis selbst zu beobachten? Klar! Drei Stunden sind eine lange Zeit. Hier die Finsternis, in aller Ruhe. Zwei Sonnenfleckengruppen sind zu sehen, fein! Gruppe 1140 ist der größere Einzelfleck, nahe der Scheibenmitte ist Gruppe 1142.
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09.25 Uhr MEZ, Maximum
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Die Aufnahmen entstehen mit einer Canon EOS 350D, 1000mm Tele (Russentonne), Baader Astro Solar Folie ND4, 100 ISO, Belichtungszeit von anfangs 1/200s bis 1/4000s.
Daß diese Sonnenfinsternis so gut zu beobachten war, erwartete niemand. Umso größer die Freude über diesen ersten frühen Höhepunkt im astronomischen Jahr 2011. Nur etwas mehr als eine Stunde nach dem Ende der Finsternis fällt über Wien Nebel ein. Von Mitternacht, als ich argwöhnisch den Orion erblickte, über den Morgenhimmel mit Venus, Saturn und Spica bis zum Ende der Finsternis - das sind die einzigen wirklich klaren 12 Stunden in dieser Woche. Was für ein unglaubliches Glück!
Text: Alexander Pikhard; Fotos: Alexander Pikhard, Franz Tatarek, Reinhard Tlustos
Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |