Beobachter / Observer: | Andreas Pfoser |
Datum / Date: | 09. 03. 2013 |
Uhrzeit / Time: | 00:00 |
Beobachtungsort / Location: | Ukonjärvi / Finnland |
Bericht / Report: |
GEOMAGNETISCHE AKTIVITÄT: Viele klare Nächte, aber nur eine sehr schwache geomagnetische Aktivität bildeten die Rahmenbedingungen dieser Polarlichtreise. Der aussagekräftige Ap-Index, der im normalerweise recht aktiven Monat März durchschnittlich einen Wert von 17,3 (Bandbreite 4,6 bis 41,4) einnimmt, lag in der Woche vom 9.-16. März 2013 nach vorläufiger Analyse nur bei mageren 5,2. Selbst für ein solares Aktivitätsminimum wäre das ein bescheidener Wert, im Lichte des vermeintlich nahen Aktivitätsmaximums ist diese geringe Aktivität aber noch ungewöhnlicher.
In einer Einzelbetrachtung mussten gleich die ersten 7 Tage der Polarlichtreise der geringsten Kategorie „quiet“ (ruhig) zugeordnet werden, lediglich der letzte Tag, der 16. März, konnte wenigstens knapp mit „unsettled“ (unbeständig) klassifiziert werden. Normalerweise treten im März „ruhige“ und „unbeständige“ Tage etwa gleich häufig auf (im Mittel je 10 Tage), dazu kommen eigentlich auch noch höhere Kategorien wie „aktive“ Tage (im Mittel 7) bzw. Tage mit „minor storm“ (durchschnittlich 3), „major storm“ (durchschnittlich 1) und „severe storm“-Bedingungen (durchschnittlich 0,3). Doch von geomagnetischen Stürmen waren wir in dieser Woche meilenweit entfernt. Weder nach den Kriterien des „Ap-Index“ noch nach dem ringstrombasierenden „DST-Index“ oder den „NOAA Space Weather Scales“ wurden die dafür festgelegten Schwellwerte auch nur ansatzweise erreicht.
Möchte man einzelne Zeitabschnitte betrachten, so eignet sich dazu gut der aus Magnetometerdaten abgeleitete Kp-Index. Dabei handelt es sich um einen über 13 weltweit ausgewählten Standorten gemittelten Wert der Schwankung der stärker variierenden Horizontalkomponente der magnetischen Flussdichte innerhalb eines 3-stündigen Zeitabschnittes, wobei Tagesgang- und Jahreszeiteneffekte eliminiert sind. (Die Kp-Index-Skala umfasst dabei 28 mögliche Werte: 0o, 0+, 1-, 1o, 1+, 2-, 2o, 2+, 3-, 3o, … 8+, 9-, 9o; lediglich die untersten 10 davon kamen während der Polarlichtreise vor)
POLARLICHTER:
Trotz der nur bescheidenen geomagnetischen Aktivität führten die guten Wetterbedingungen dazu, dass immerhin an 6 von 7 Nächten (erste und zweite, vierte bis siebente) Polarlichter visuell sowie in der geomagnetisch völlig ruhigen dritten Nacht zumindest fotografisch wahrgenommen werden konnten. Die Polarlichter waren meist ruhig (nahezu stationär) bis aktiv (Veränderungen erkennbar, aber nur vage Bewegungen), nur selten sehr aktiv (rasch über den Himmel ziehend). Sie befanden sich meist im Nordosten, Norden und Nordwesten, kurzzeitig auch im Osten und Westen, in geringer bis mäßiger Höhe und erreichten nur während einer aktiveren Phase der zweiten Beobachtungsnacht auch in deutlicherer Ausprägung Zenithöhe. Von der Vielfalt an möglichen Formen zeigten sich hauptsächlich Bögen (A), Bänder (B), Vorhänge (D), Schleier (S) und Flecken (G), seltener waren Strahlen (R) erkennbar, nur im Ansatz die Korona (C). Pulsierende Flecken (P) konnten nicht festgestellt werden. Während der zweiten Nacht beeindruckte aber dafür das nicht alltägliche inverse „schwarze“ Polarlicht - dunkle bandförmige, zum Teil auch koronaartige Strukturen - die Beobachter. Dabei handelt es sich um Regionen innerhalb des Polarlichts, in welche keine auroralen Elektronen eindringen und daher auch keine Lichtaussendung erfolgt. Die Helligkeit des Polarlichts lag häufig nur bei Stufe IBC I (so hell wie die Milchstraße) bis IBC II (so hell wie vom Mond beschienene Cirren), nur fallweise auch bei IBC III (so hell wie vom Mond beschienene Cumuluswolken). Stufe IV (beleuchtet die Landschaft so hell wie der Vollmond) wurde nicht erreicht. Mangels einer größeren Helligkeit blieb die visuelle Farbwahrnehmung eher eintönig bei gelbgrün mit nur einem angedeuteten Hauch anderer Farben. Die Fotokameras enthüllten aber einige weitere Farbtöne, wie zum Beispiel rot, rosa oder violett.
FAZIT: Die Verlagerung des geomagnetischen Pols von Nordamerika Richtung Europa zeigt bereits Wirkung. Im Vergleich zu meinem ersten Aufenthalt vor elf Jahren reicht mittlerweile auch schon bei sehr geringer geomagnetischer Aktivität das Polarlichtoval – von Ukonjärvi aus betrachtet - über den Horizont, zumindest in den Stunden um die magnetische Mitternacht. Damit sollten Polarlichter, klarer und dunkler Himmel vorausgesetzt, nicht nur in den dafür bekannten Regionen wie Tromsø oder Kilpisjärvi sondern auch in Ivalo-Inari theoretisch jede Nacht sichtbar sein. Als limitierender Faktor tritt allerdings die Helligkeit des Polarlichts zutage, denn bei geomagnetisch völlig ruhigen Verhältnissen (etwa Kp 0) konnten die Polarlichtstrukturen lediglich fotografisch nachgewiesen werden. |
Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |