Beobachter / Observer: | Tahir Saban |
Datum / Date: | 09. 03. 2016 |
Uhrzeit / Time: | 00:00 |
Beobachtungsort / Location: | Ternate |
Instrument: | Pentax 75 |
Bedingungen / Observing conditions: |
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Bericht / Report: |
Es ist schon so viel Zeit vergangen, dass es fast unpassend ist, einen Bericht so spät einzureichen. Dennoch wage ich es, über die Totale Sonnenfinsternis am 9. März 2016 in Indonesien zu schreiben. Wie schon zuvor wollte ich auch diese Region der Welt schon lange mal besuchen. Die Sonnenfinsternis vom 9. März verfolgte einen langen Bogen über Indonesien ehe sie in nordwestlicher Richtung über den Pazifik zog.
Ich entschied mich auf Grund der Kultur– und Natursehenswürdigkeiten sowie der Wetteraussichten für die Molukken–Insel Ternate. Ich muss zugeben, dass ich bis dahin noch nie von der Existenz von Ternate gehört hatte. Die Insel ist ein aktiver Vulkan, der sich zuletzt 2014 räusperte, wobei ein Mensch getötet wurde. Die Molukken sind eine Sammlung ehemaliger Sultanate, die früher hauptsächlich durch Pfeffer reich wurden. Das ganze Gebiet ist tiefrote Malariazone. Ich buchte meine Reise selbst über das Internet. Leider waren schon ca. ein Jahr vor dem Ereignis keine Hotelzimmer mehr zu finden. Aber im September konnte ich dieses Problem gegen einen Batzen Geld lösen und eine Bleibe finden. Ich nahm eine Malariaprophylaxe und kaufte mir Sprays gegen Gelsen. Der Flug ging zunächst über Katar nach Jakarta. In Jakarta kam ich früh um halb acht an und verbrachte die meiste Zeit mit Schlafen. Vielleicht wäre es korrekter zu sagen "mit dem Versuch zu schlafen", da das Hotel Mercure eine Karaoke–Party veranstaltete und die Idee hatte, die Gesangkünste per Lautsprecheranlage im Hof bis zum letzten Zimmer unter dem Dach zu verbreiten. Abends um 10 fuhr ich dann wieder zum Flugplatz, um meinen Flug nach Ternate anzutreten. Ein Amerikaner mit einigen Jahren mehr als ich auf dem Tacho wurde in einem Rollstuhl hergefahren. Er war gebrechlich und konnte kaum einen Schritt gehen. Plötzlich rollte er zu mir und fragte, ob ich ein Hotel wisse in dem man noch ein Zimmer bekommt, er habe keines. Der Mann hat Nerven, dachte ich mir und gab ihm die Adresse meines Hotels. Der Warteraum füllte sich langsam mit „Eclipse–Hunters“ aus aller Welt. Spätestens jetzt wurde mir bewusst, wie groß Indonesien ist. Der Flug von Jakarta nach Ternate dauert immerhin 3,5 Stunden. Ich denke, in dieser Zeit kommt man von Wien nach Teheran oder Kairo. Wir flogen zuerst durch die Nacht, wobei der Pilot ab und zu um Gewittertürme einen Slalom flog. Allmählich dämmerte es über Nordwest–Sulawesi, wir flogen in der Nähe von Luwuk vorbei, welches ich auch eine Zeitlang als potentielles Ziel anvisierte. Über dem Molukkenmeer wurde es hell. Endlich verließ das Flugzeug die Reiseflughöhe, und es zeigte sich bald Ternate: YouTube --> Landung in Ternate Was für eine prachtvolle Insel, und welch ein großer Unterschied zu meinem Sonnenfinsternis–Ziel vor einem Jahr (Beobachtungsbericht: Sofi in Longyearbyen). Am Flughafen ausgestiegen musste ich feststellen, dass a) niemand Englisch spricht b) es keine Taxis gibt. Nach einigen Minuten bot sich ein freundlicher Insulaner an, mich zum Hotel zu fahren. Dort war mein versprochenes Zimmer in der Tat vorhanden und nicht einmal so schlecht. Ich war im obersten Stock, dem sechsten, einquartiert und hatte eine gute Sicht nach Südosten. So konnte ich die Finsternis sogar vom Zimmer beobachten.
Die Insel hat ein sehr interessantes muslimisches Kulturleben mit lokalen Eigenheiten, die ich in den nächsten drei Tagen studierte. In Ternate gibt es sehr viele Moscheen mit klingenden arabischen Namen. Ca. eine Dreiviertelstunde vor den Gebetszeiten fängt jedes Minarett mit seinen eigenen Gesängen an. Ich fand sie musikalisch interessant und ganz anders als in Arabien.
Gegessen wird in Indonesien grundsätzlich scharf. Und zwar so scharf, dass man nicht mehr weiß, ob man Geflügel oder Fisch isst. Brot gab es im Supermarkt keines, und es wird schon zum Frühstück Curry aufgetischt.
Der Verkehr ist chaotisch; ich glaube, es gibt fast so viele Motorroller wie Einwohner (eine Viertelmillion). Am meisten haben mich die Damen beeindruckt, die meist seitlich auf dem Hintersitz sitzen und jede Pendelbewegung des Fahrers virtuos mitmachen.
Mopeds kommen aus allen Richtungen, egal ob die Ampel Grün, Gelb oder Rot anzeigt. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob nicht doch die größere Gefahr für Fußgänger vom Gehsteig ausgeht. Diese haben immer wieder große Löcher zu unterirdischen Kanälen, welche die Fluten der tropischen Regengüsse abtransportieren sollen. Die Straßen sind bis 2 Uhr früh voller Menschen, die das Leben mit viel weniger als wir gewohnt sind zu genießen scheinen. Wen immer ich auch gesprochen habe, hatte er oder sie die Molukken noch nie verlassen, geschweige denn jemals ein Flugzeug bestiegen. Aber die Menschen scheinen äußerlich zumeist glücklich zu sein und kennen das Wort Stress noch nicht. Sie sind zu Ausländern sehr nett. Die SOFI wurde sehr ernst genommen. Es wurden überall Plakate aufgestellt und die Bewohner informiert.
Alle Plakate stets mit Sultan oder anderen Würdenträgern.
Es kamen Tag für Tag mehr Touristen nach Ternate, auch sehr viele Einheimische. Am Tag der Sonnenfinsternis bot das Hotel an, die Terrasse zu benutzen. Ich baute meinen Refraktor auf. Ich hatte gehofft, die Nächte für Deep Sky Aufnahmen zu nutzen und die Montierung mitgeschleppt, aber leider waren die Nächte nicht klar.
Zunächst war das Wetter heiter, teilweise sogar wolkenlos. Zum Ersten Kontakt waren wir voller Hoffnung.
Leider kamen ca. 30 Minuten vor der Totalität größere Wolkenfetzen von Osten, so dass die Finsternis keine ungetrübte wurde. Doch die Wolken waren dünn, und man konnte zumindest die Innere Korona und die große Protuberanz am Sonnenrand gut sehen. Hier zwei Bilder:
Weitere Bilder gibt es auf meiner Home Page Meine Abreise war schon um 14:30, gleich nach der Sonnenfinsternis, so dass ich eilig zusammenpackte und zum Flughafen fuhr. Es waren vier Flüge hintereinander nach Wien mit einer kombinierten Dauer von 31 Stunden. Als ich um Mitternacht in Jakarta daran dachte, wie wenig ich bisher voran gekommen war und mit Schaudern über den nächsten 9,5 Stunden Flug nachdachte, kam plötzlich eine Ansage. "Mr. Saban, please proceed to the front desk". Nanu! Was wollen die denn von mir? "Leider ist unser Flug völlig ausgebucht und wir haben sie in die Business Class versetzt!". Na Gott sei Dank! So stieg ich in Katar frischer aus als ich in Jakarta eingestiegen bin, denn ich konnte in einem komfortablen Bett die ganze Zeit pennen und obendrein köstliche Speisen zu mir nehmen. So eine Sonnenfinsternisreise hat doch allerlei zu bieten! Viele Grüße |
Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |