Im Herbst liegen die Mondphasen also wie folgt: Der Neumond (er ist unbeobachtbar) durchläft die gleiche Tagesbahn wie die Sonne, die Bahn der Tag-und-Nacht-Gleiche. Nach dem Neumond fällt die Deklination des Mondes. Das Erste Viertel durchläuft der Mond in der Tagesbahn der Sonne im Winter, also tief im Süden. Die zunehmenden Mondphasen vor dem Halbmond sind in unseren Breiten im Herbst also ungünstig zu beobachten. Nach dem Ersten Viertel steigt die Deklination des Mondes wieder, am raschesten um den Vollmond, der wiederum die Bahn der Sonne im Frühling, also die der Tag-und-Nacht-Gleiche, durchläft. Nach dem Vollmond steigt die Deklination des Mondes weiter bis zum Letzten Viertel, das die höchste Tagesbahn durchläft - jene der Sonne im Sommer.
Obige Grafik verdeutlicht den Mondlauf zu Herbstbeginn. Sie zeigt, in welcher Höhe über dem Horizont und um welche Uhrzeit MEZ der Mond im Süden steht. Beispiel: Erstes Viertel, 18 Uhr, tief; Vollmond, Mitternacht, mittelhoch; letztes Viertel, 6 Uhr, hoch. Für alle, die es besonders genau wissen möchten: Der Mond kann, da seine Bahn gegen die Ekliptik um 5,1° geneigt ist, noch um diesen Betrag tiefer oder höher über den Himmel laufen als die Sonne! Was bedeutet dieser Lauf für die Sichtbarkeit des Mondes am Abendhimmel? Zunächst einmal bewirkt die steigende Deklination des Mondes um den Vollmond eine atypische Entwicklung der Aufgangszeit unseres Trabanten. Wegen des Umlaufs des Mondes um die Erde erfolgt der Mondaufgang im Jahresschnitt von Tag zu Tag um ca. 50 Minuten später. Die steigende Deklination des Mondes um den Vollmond wirkt dem aber entgegen. Je höher die Deklination eines Gestirns, desto länger ist seine Tagesbahn. Somit verlagert sich der Mondaufgang (auf der typischen geografischen Breite von Mitteleuropa, 50° Nord) um den Vollmond von Tag zu Tag nur um wenige Minuten. Die Änderung macht in einer Woche nur etwa eine Stunde aus!
Das Phänomen des im Spätsommer und Frühherbst so beständig aufgehenden Mondes hat den Namen "Erntevollmond" ("Harvest Moon") erhalten. Der Name erinnert daran, dass das Mondlicht ausgenützt wurde, um die Ernte rechtzeitig vor Einsetzen der Herbststürme auch noch nach Sonnenuntergang einzubringen. Besser als die Grafik kann eine Simulation diesen Umstand verdeutlichen. Im Jahr 2010 fiel der Vollmond fast genau auf den Herbstanfang, so dass der Erntevollmond in diesem Jahr seine beste Ausprägung erfahren hat. Wir verwenden die Sichtbarkeit im September 2010 daher als zeitloses Beispiel. Die folgenden Abbildungen zeigen den Himmelsanblick jeweils 20 Minuten nach Mondaufgang und der Mond ist gegenüber dem tatsächlichen Anblick etwa fünfmal vergrößert. Simulation mit Starry Night Pro.
Im Zeitraum dieser 10 Tage verschiebt sich der Mondaufgang um vier anstatt der im Jahresdurchschnitt üblichen acht Stunden. Zwischen 21. und 24. September verschiebt sich der Mondaufgang um weniger als eine statt der durchschnittlichen zweieinhalb Stunden. Man beachte, wie sich der Aufgangspunkt des Mondes von Südosten nach Nordosten verschiebt - die direkte Folge der steigenden Deklination! Wir bemerken auch, wie sich der Aufgangszeitpunkt des Mondes vom hellen Tag über alle Dämmerungsphasen bis in die dunkle Nacht verlagert - der Erntevollmond wurde als Lichtquelle genutzt, um nach Sonnenuntergang noch die Ernte einbringen zu können. Zu beachten ist, dass dies zünächst für die Breite von Mitteleuropa gilt und bereits in Südeuropa nicht mehr so deutlich ins Gewicht fällt. Weiter nach Norden wird das Phänomen des Erntevollmonds aber noch extremer. Liegt auf der Breite von Wien (48°N) die Aufgangszeit des Mondes innerhalb von drei Tagen innerhalb einer halben Stunde, sind es in Norddeutschland schon vier bis fünf Tage. In Helsinki (60°N) geht der Mond im Zeitraum von 9 bis 10 Tagen praktisch zur gleichen Zeit auf und am Polarkreis sogar von Tag zu Tag deutlich früher. Eine weitere Folge des Mondlaufs im Herbst ist, dass abnehmende Mondphasen schon am Abendhimmel beobachtet werden können. Im Letzten Viertel geht der Mond schon gegen 22 Uhr MEZ (23 Uhr MESZ) auf und nach Mitternacht gibt es die besten Blicke auf die abnehmende Mondsichel im ganzen Jahr. © Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. Jede Wiedergabe von Text oder Grafiken aus dieser Seite bedarf der vorherigen schriftlichen Erlaubnis und ist auch dann nur unter Angabe der Quelle (Autor und Organisation) gestattet. |
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