Mars ist ein „oberer“ Planet, denn seine Bahn verläuft außerhalb („oberhalb“) der Erdbahn. Damit gibt es zwei markante Stellungen: Die Konjunktion, wenn der Planet, von der Erde aus betrachtet, (in etwa) hinter der Sonne steht und Die Opposition, wenn der Planet, von der Erde aus betrachtet, der Sonne (in etwa) genau gegenüber steht. Der Sichtbarkeitsverlauf eines oberen Planeten wird geprägt durch den Umstand, dass die Erde den Planeten bei der Opposition innen überholt.
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Die Konjunktion, wenn der Planet, von der Erde aus betrachtet, (in etwa) hinter der Sonne steht und
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Die Opposition, wenn der Planet, von der Erde aus betrachtet, der Sonne (in etwa) genau gegenüber steht.
Man nimmt den Zeitpunkt der Konjunktion (1), wenn Mars (fast) genau hinter der Sonne steht, als Beginn der Sichtbarkeitsperiode, obwohl der Planet zum Zeitpunkt der Konjunktion unbeobachtbar ist. Zur Konjunktion beträgt die Entfernung des Mars von der Erde zwischen 354 und 401 Millionen Kilometer. Um die Konjunktion bewegt sich Mars rechtläufig, d. h. er wandert vor dem Sternenhintergrund in der gleichen Richtung wie die Sonne, also von West nach Ost. Er wird von der Sonne überholt und fällt gegenüber der Sonne zurück, gewinnt also an westlicher Elongation.
Also beginnt die eigentliche Sichtbarkeit am Morgenhimmel, knapp vor Sonnenaufgang (2). Oft dauert es einige Monate, bis der Mars zum ersten Mal nach einer Konjunktion am Morgenhimmel gesehen werden kann, denn er gewinnt nur langsam Abstand von der Sonne. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der großen Entfernung die scheinbare Helligkeit nur bei etwa +2 mag liegt und der Planet alles andere als eine auffällige Erscheinung ist. Wie man aus obiger Grafik erkennt, verändern sich die Dinge nur sehr langsam, da die Erde praktisch die Sonne noch einmal umrunden muss, um Mars zu erreichen. Für viele Wochen bleibt Mars daher ein wenig auffälliges Objekt des Morgenhimmels (3) und des dritten Nachtdrittels (4). Die jahreszeitliche Lage der Ekliptik zum Horizont hat natürlich auch Einfluss darauf, wie gut der Planet in diesen frühen Phasen seiner Sichtbarkeit zu sehen ist.
Endlich kann sich die schnellere Erde doch durchsetzen, wenn sie die Sonne weit genug umrundet hat, und sie setzt zum Überholen an(5). Dabei fällt auf, dass die rechtläufige Bewegung des Mars immer langsamer wird und schließlich komplett zum Stillstand kommt (Stationärpunkt). Die Erde bewegt sich jetzt für einen kurzen Augenblick genau auf den Planeten zu. In dieser Phase nehmen scheinbare Helligkeit und Größe des Mars am schnellsten zu, Mars wird zu einem auffälligen Objekt, seine scheinbare Helligkeit liegt um 0 mag. Im Stationärpunkt bilden Sonne, Erde und Mars ein rechtwinkeliges Dreieck mit dem rechten Winkel bei der Erde. Mars ist jetzt die halbe Nacht zu sehen. Er geht gegen Mitternacht auf und steht gegen Sonnenaufgang im Süden (Schwankungen entstehen wieder durch die Lage der Ekliptik). Es hat lange gedauert; seit der Konjunktion sind jetzt zwischen 310 und 390 Tagen vergangen, also rund ein Jahr!
Nach dem ersten Stationärpunkt (5) überholt die Erde den Mars innen; dies hat zur Folge, dass sich der Planet scheinbar vor dem Sternenhintergrund in die entgegen gesetzte Richtung (von Ost nach West) bewegt, er ist rückläufig. Die Sichtbarkeit des Planeten dehnt sich rasch von der zweiten Nachthälfte auf die ganze Nacht aus. In der Opposition (6) steht Mars der Sonne (fast) genau gegenüber. Er erreicht seine größte scheinbare Helligkeit und seinen größten scheinbaren Durchmesser. Die Entfernung in der Opposition kann zwischen 55 und 101 Millionen Kilometer schwanken, entsprechend erreicht Mars eine scheinbare Helligkeit zwischen -1,5 mag und -2,9 mag. Durch die Exzentrizität der Marsbahn kann der Zeitpunkt der geringsten Entfernung von der Erde vom exakten Oppositionszeitpunkt um einige Tage abweichen.
Nach der Opposition verlagert sich die Sichtbarkeit rasch auf die erste Nachthälfte, wobei scheinbare Helligkeit und scheinbarer Durchmesser wieder abnehmen. Im zweiten Stationärpunkt (7) bewegt sich die Erde genau vom Mars weg; die Rückläufigkeit endet und geht wieder in eine Rechtläufigkeit über. Scheinbare Helligkeit und scheinbarer Durchmesser nehmen am raschesten ab. Mars steht zu Sonnenuntergang im Süden und geht gegen Mitternacht unter, er ist zu einem Objekt der ersten Nachthälfte geworden (Abweichungen durch die Lage der Ekliptik möglich). Zwischen den beiden Stationärpunkten liegen nur 60 bis 90 Tage. Praktisch nur in dieser Zeit ist der Mars ein lohnendes Objekt im Fernrohr.
Mars ist jetzt ein Objekt des ersten Nachtdrittels geworden (8). Er bewegt sich langsam vor dem Sternenhintergrund von West nach Ost und wird, da die Erde vom Mars aus betrachtet langsam hinter die Sonne wandert, von der Sonne am Himmel eingeholt. Er beendet seine Sichtbarkeit am Abendhimmel (9), wobei er wieder zu einem unspektakulären Objekt etwa 2. Größenklasse geworden ist. Auch diese Phase, vom zweiten Stationärpunkt bis zur nächsten Konjunktion, dauert zwischen 310 und 390 Tagen. Lange bleibt Mars also noch am Abendhimmel, ohne wirklich aufzufallen. Irgendwann ist der letzte Tag der Sichtbarkeit (10). Wie lange vor der nächsten Konjunktion dieser eintritt, hängt von der Lage der Ekliptik zum Horizont ab. Und auch hier kann wieder der (allenfalls akademisch) interessante Fall eintreten, dass Mars verschwindet, kurz wieder am Abendhimmel auftaucht und dann endgültig verschwindet.
Fazit: Von den im Mittel 790 Tagen einer Sichtbarkeitsperiode des Mars konzentriert sich die ganze Aufmerksamkeit auf den kurzen Bereich von 60 bis 90 Tagen um die Opposition. Rund zwei Jahre ist Mars (mit Ausnahmen von einigen Monaten um die Konjunktion) zwar am Himmel zu sehen, aber kaum von Interesse.
Interessant ist die scheinbare Bahn des Mars am Himmel um die Opposition. Durch die Neigung der Marsbahn zur Erdbahn kann der Planet bis zu mehr als 7° von der Ekliptik abweichen und interessante Schlingen und Schleifen ziehen. Die Form dieser Figur hängt davon ab, wo in der Marsbahn die Opposition stattfindet. Im absteigenden Knoten (Richtung der Schnittachse von Erd- und Marsbahnebene) ergibt sich ein „S“; im aufsteigenden Knoten ein „Z“. Steht Mars in Opposition südlich der Ekliptik, ergibt sich eine nach unten hängende Schleife, steht Mars nördlich der Ekliptik, ergibt sich eine nach oben weisende Schleife. Dazwischen treten Mischformen („gedrückte“ Schleifen) auf. Um die Opposition ist die Bewegung des Mars sehr rasch; steht der Planet in der Nähe hellerer Sterne, dann kann man praktisch von einem Tag zum nächsten die Bewegung des Planeten erkennen.
Verfolgt man den Mars während einer gesamten Sichtbarkeitsperiode, macht man eine überraschende Entdeckung: Mars erscheint die meiste Zeit über extrem klein, vergleichbar etwa mit dem Planeten Uranus! Erst nach dem ersten Stationärpunkt erreicht Mars einen scheinbaren Durchmesser, der ihn für eine eingehende Beobachtung interessant macht. Der Größenanstieg zwischen Stationärpunkt und Opposition ist beachtlich. Leider verliert der Planet dann auch rasch wieder an Größe, und mit dem zweiten Stationärpunkt endet meist die Zeit intensiverer Beobachtungen. Man muss auch bedenken, dass nur in der Zeit zwischen den Stationärpunkten der Planet (fast) die ganze Nacht über zu sehen ist.
Eine analoge Entwicklung ist übrigens auch bei der scheinbaren Helligkeit zu erkennen; die scheinbare Helligkeit ist aber für die Beobachtung mit dem Fernrohr nicht relevant, sie bestimmt nur die Auffälligkeit des Planeten mit freiem Auge. Die scheinbare Helligkeit des Mars schwankt extrem; am Beginn und am Ende einer Sichtbarkeitsperiode liegt sie bei lediglich +2 mag, sodass Mars hier wirklich nicht sehr auffällig ist. In einer Aphelopposition erreicht sie rund -1 mag, das reicht für eine auffällige Erscheinung. Spektakulär wird Mars in einer Perihelopposition, wo seine scheinbare Helligkeit beinahe -3 mag erreicht und er damit zum hellsten Gestirn nach Sonne, Mond und Venus wird.
Durch die Exzentrizität der Marsbahn muss der Zeitpunkt der geringsten Annäherung an die Erde nicht mit jenem der Opposition zusammenfallen. Auch die Bahnneigung des Mars spielt dabei eine Rolle.
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