Beobachtungsbericht, Sofienalpe, 20. 12. 2000

Name: Alexander Pikhard

Email: apikhard@eunet.at

Datum: 20. 12. 2000, 17.30 bis 20.30 MEZ

Ort: Sofienalpe

Instrument: 12" Meade LX-200, StarlightXpress MX916 CCD-Kamera

Bedingungen: Sehr gut. Ganz leichter Bodennebel, Durchsicht 1, Aufhellung 1-2 trotz Stadtnähe, Seeing anfänglich tubusbedingt 3-4, dann 1. Kein Wind, aber sehr kalt (ca. -5°C). Ganz leichte Schneedecke, Boden gefroren.

Bericht:

Endlich gute Bedingungen! Nach Wochen, in denen entweder gar nichts gestimmt hat (Hochnebel, Niederschlag) oder die eine oder andere Bedingung (Wind) eine ernsthafte Beobachtung verhindert hat, zog ich in der Dämmerung auf die Sofienalpe. Der Weg dorthin war nicht so trivial wie sonst; der vorweihnachtlich- nachmittägliche Verkehr in Wien war fast völlig zusammengebrochen, und so dauerte die Fahrt auf unseren nahe gelegenen Beobachtungsplatz wesentlich länger als geplant. Auch ein Nachteil von Beobachtungen im Winter. Es wird zwar früher finster, dafür sind die Straßen noch nicht leer. Nach den Kurven über den Exelberg tauchte ich in eine richtige Winterlandschaft ein, es lag Schnee, wenn auch nicht zu viel, aber es reichte für die Stimmung. Die Straße war übrigens sehr gut geräumt und trocken, keine Spur von Eis.

Ich baute mutterseelenallein auf. Lediglich einmal fuhr der obligate Traktor vorbei, doch Feldarbeiten waren heute ohnedies nicht drin. Und gerade mal drei Spaziergänger kamen in den drei Stunden der Beobachtung vorbei. Die übliche Aufstellung des Rohres - um Venus, Jupiter und Saturn zu beobachten, hatte ich mich auf die Kuppe gestellt - verlief routinemäßig.

Ich begann mit visuellen Beobachtungen an den drei Planeten. Zunächst, oh Schreck! Was war denn das? Schnell stellte sich heraus, was passiert, wenn ein Fernrohr wochenlang im warmen Wohnzimmer steht und dann plötzlich Minusgraden im Freien ausgesetzt wird: Tubus-Seeing vom "Feinsten"... Am Anfang konnte ich rein gar nichts erkennen, nach einer guten Stunden (!) war's schon viel besser.

Der Vollständigkeit halber: Venus hat schon eine sehr schöne Phase (etwas mehr als halb), visuelle Beobachtung mit 21mm Pentax.

Kurz nach 18 Uhr bot die Internationale Raumstation ISS eine sehr schöne Passage. Sie erreichte eine Helligkeit, die knapp über der der Vega, also bei ca. -0,3mag lag.

Doch nun der eigentliche Kernbericht: Mobile CCD-Astronomie (bei Minusgraden).

Ich hatte schon einige Vorbereitungen getroffen; meine Batterie (immer im Auto aufgestellt, da liefert sie wesentlich länger Strom) wurde mit einer fix montierten Doppelsteckdose versehen, an die nicht nur der Spannungswandler des LX200, sondern auch das Netzgerät der MX916 einfach angesteckt werden. Ein entsprechendes Batteriekabel hatte ich auch gebastelt, ich hatte ohnedies eine Menge der 8m langen Batteriekabel des LX200. Eines erhielt neue Stecker.

Kabel... Sie stellen die größte Hürde dar! Da das Kabel von der Kamera zum Computer nicht lang genug ist, baute ich den Laptop auf dem Kofferraum auf. Es empfiehlt sich sehr, ihn so aufzustellen, daß man das Display vom Fernrohr aus noch gut erkennen kann! Gegen die Blendung des LCD-Displays hatte ich schon vor langer Zeit einen Aufsatz mit einer dunkelroten Scheinwerferfolie (dankenswerterweise von Albert organisiert) gebastelt. So kann man in der Nacht extrem bequem mit dem Computer hantieren.

Die computerseitigen Anschlüsse der MX916 hat jemand entwickelt, der sicherlich noch nie im Feld gestanden ist, schon gar nicht im Winter. An die parallele Schnittstelle des Computer kommt zunächst der Port-Beschleuniger, und an den das Kamerakabel, das sich hier sofort verzweigt in eine (extrem steife) Leitung zur Kamera und eine zweite, recht kurze, zum Netzteil. Die beiden Verbindungen müssen wegen der hohen Zugbelastung durch das Kamerakabel verschraubt werden, und die Schrauben sind so klein und ungünstig angebracht, daß man sie mit Handschuhen und ohne Werkzeug (kleiner Schraubenzieher) nicht anziehen kann!

Das Netzteil der Kamera ist auch nobelpreisverdächtig: Man kann zwar das 12V-Batteriekabel abstecken, nicht aber das im Feld völlig unnötige 230V-Netzkabel! Da muß ich noch was basteln... So, jetzt war alles verkabelt: Laptop zu Kamera und Netzteil, Batterie zu Netzteil. Die ganze Prozedur hat wegen Dunkelheit und niederer Temperatur (die die Kabel sehr steif werden ließ) ca. 20 Minuten gedauert.

Das astronomische First Light sollte möglichst nicht von etwaigen Problemen mit dem Fernrohr abhängen und so montierte ich zunächst ein 50mm Kameraobjektiv an die MX916 und schraubte das ganze huckepack auf mein LX200. Der Fokussiermodus der Kamera ist ein Traum! Ohne einen schweren Flip-Mirror kann man ganz leicht scharfstellen und zentrieren. Durch den großen Chip (752 x 580 Pixel, 8.7 x 6.5 mm) erreichte ich ein extrem großes Gesichtsfeld.


First Light: Gegend um Jupiter, 20 Sekunden, F=50mm, 376 x 290 Pixel Standardmode.


Pleiaden, F=50mm, 40 Sekunden, 376 x 290 Pixel Standardmode.


Pleiaden, F=50mm, 40 Sekunden, 752 x 580 Pixel progressive high resolution mode (Ausschnitt). Für dieses Objekt das Optimum. Andeutungsweise erkennt man sogar den Nebel um Merope, und das bei der doch starken Hintergrundaufhellung im Südosten. Der Chip ist auch extrem blauempfindlich. Hier noch einmal ein Ausschnitt, diesmal extrem kontrastgesteigert:

Die schwächsten Sterne auf dieser Aufnahme sind schwächer als 12 mag.

Die Steuersoftware der Kamera hat noch einige Schwachpunkte. So ist die Eingabe der Belichtungszeit sehr umständlich, vor dem Fokusmode ist immer eine Aufnahme zu machen, sonst läuft der Fokusmode mit der alten Belichtungszeit. Ärgerlich, daß Dateinamen immer noch im antiquierten 8.3-Format eingegeben werden müssen, wenn ich nicht durch den mühsamen FITS-Dialog will, muß ich Objekt, Belichtungszeit und sonstige Informationen wie Filter doch irgendwie im Dateinamen unterbringen. Hoffentlich kommt bald eine verbesserte Version dieser Software!

Nach diesen äußerst erfreulichen ersten Tests wagte ich mich mit der Kamera ans LX200, um im Sekundärfokus bei F=3000mm Jupiter und Saturn aufzunehmen. Auch hier erwies sich der sehr schnelle Fokussiermodus als extrem bequem; die Scharfstellung erfolgte an einem nahe gelegenen Stern, wobei die beste Kontrolle nich das Bild, sondern das ebenfalls angzeigte Intensitätsmaxium ist. In weniger als zwei Minuten ist der Fokus gefunden. Erfreulich: Mein LX200 weist fast kein Hauptspiegel-Shifting auf, sodaß das Bild beim Fokussieren zentriert bleibt. Auch die Zentrierung der Planeten ist kinderleicht.

Ein erster Test mit Jupiter. Eine Sekunde belichtet. Die Monde durchbelichtet, Jupiter selbst ein ausgebrannter Fleck mit Bloomingstreifen. Viel zu lange. Eine Hunderstelsekunde. Oh Schreck! Immer noch zu hell? Ist da etwas faul oder ist das einfach so? Da ich nicht umbauen will, ein Schwenk auf Saturn. Wieder eine Hunderstelsekunde. Herrlich! Vollkommen gut ausbelichtet, schon auf der ersten Aufnahme sind Details zu erkennen: Cassini-Teilung, Wolkenstreifen, Schatten. Die Kamera ist also derart empfindlich, daß die hellen Planeten (mit Ausnahme von Saturn, der die geringste Flächenhelligkeit hat) mit Graufilter fotografiert werden müssen, da die kürzeste Belichtungszeit 1/100s ist (zumindest in dieser Version der Software).


Saturn, F=3000mm, 1/100 Sekunde, 752 x 580 Pixel fast high resolution mode (Ausschnitt). Nachbearbeitung mit unscharfer Maske. Man erkennt in der Polkalotte einige feine weiße Wolken!

Wenn bei 3m Brennweite mit 1/100s aufgenommen werden kann, schreit das nach einer Brennweitenverlängerung. Wird wohl eine der nächsten Anschaffungen sein!

Jetzt  wieder zurück zu Jupiter. Ich verwende einen recht starken Graufilter, jetzt gibt es bei 1/100 Sekunde keine Probleme mehr. Die Aufnahme ist gut ausbelichtet und man erkennt nicht nur zahlreiche Details in der Atmosphäre, sondern auch die Monde. Das schafft nur eine CCD-Kamera!


Jupiter, F=3000mm, 1/100 Sekunde mit Graufilter, 752 x 580 Pixel fast high resolution mode (Ausschnitt). Nachbearbeitung mit unscharfer Maske. In der EZ am Übergang zum SEB erkennt man mehrere dunkle Buchten und in der EZ einen auffällig hellen Balken. STB und andeutungsweise auch SSTB sind zu erkennen. In der STrZ ein kleiner dunkler Fleck und auch in der SPR (!) sind zwei auffällige dunkle, punktartige Flecken, einer randnah. In der Nordhalbkugel ist das NTB nur zur Hälfte zu erkennen, die NPR ist leicht strukturiert, man erkennt einige Knoten angedeutet. So viele Details konnte ich noch auf keiner meiner Aufnahmen des Planeten erkennen.

Ich probierte auch einige Sternfeldaufnahmen am LX200, doch hier hätte ich auf f/6.3 reduzieren müssen. So war's jeweils ein Schuß "ins Schwarze" zwischen den Sternen. Für Deep Sky muß ich die Brennweite reduzieren.

Nachdem sich, nach weit mehr als einer Stunde im Freien, der Akku meines Laptop langsam der völligen Entleerung zuneigt, beende ich die CCD-Session. Der Abbau erfolgt ungefähr so spektakulär wie der Aufbau, wobei sich das Einrollen der Kabel als Extremsport herausstellt. Ich packe die Kabel irgendwie zusammen und lege sie erst zu Hause wieder geordnet in die Koffer. Es hat keinen Sinn, ein kaltes, steifes Kabel geordnet einzurollen und die Gefahr einer Beschädigung ist auch zu groß. Herausfordernd ist auch wieder das Abmontieren der parallelen Anschlüsse am Computer. Mit diesen kleinen Schrauben gelingt es mir nur im Auto bei Weißlicht. Also absolut nicht geeignet, wenn man nicht alleine beobachtet. Hier ist wie gesagt Bastelarbeit angesagt.

Ich schließe den erfreulichen Beobachtungsabend mit einigen visuellen Eindrücken ab: Jupiter und Saturn zeigen jetzt, da das Tubus-Seeing fast verschwunden ist, herrlich viele Details im 7mm Pentax, und noch dazu in Farbe (wird wohl eines der nächsten CCD-Projekte sein, mit Farbfiltern zu experimentieren). Dann noch M42 und M1 mit UHC-Filter und 40mm Pentax, recht schön, aber nicht außergewöhnlich.

STAR2000, die automatische Nachführkontrolle, habe ich noch nicht getestet. Da hier noch mehr Kabel zu legen sind, warte ich vielleicht doch aufs Frühjahr... Da ich mit Belichtungszeiten von maximal 40 Sekunden gearbeitet habe, war Dunkelstrombild kein Thema und auch ein Flatfield erwies sich als überflüssig. Die Aufnahmen sind alle sauber und frei von Ebnungsfehlern.

Fazit:

Mobile CCD-Astronomie ist möglich und mit erträglichem Aufwand bei Installation und Deinstallation verbunden. Die MX916 ist eine tolle Kamera für ein 12" LX200, fokal für Planeten (Graufilter!), mit Reduzierung (f/6.3, evtl. sogar f/3.3) auch für stellare Objekte. Die Empfindlichkeit der Kamera ist eindrucksvoll.

ToDo-Liste:

Wunschliste:

Man muß sich nur trauen; wenn man einmal aufgebaut hat, dann ist so eine CCD-Foto-Session spannender als visuell beobachten. Und es waren heute nur erste Gehversuche, klar, daß da noch viel mehr möglich ist. Kommt Zeit, kommt Übung ...

Alexander Pikhard