Name: Alexander Pikhard
Email: apikhard@eunet.at
Datum: 3. 2. 2001
Ort: Lick Observatory, Mt. Hamilton, CA
Nachdem die Straße am Sonntag zuvor noch wegen Schnee (!) gesperrt gewesen war - es waren wohl zwei oder drei Zentimeter, mehr kann es nicht gewesen sein -, versuchte ich es erneut, diesmal erfolgreich:
Silicon Valley, seit Jahren Zentrum der Hochtechnologie, mit seinen x-spurigen Freeways und lückenloser Aufeinanderfolge mehr oder weniger großer Städte, wird im Osten von den Diablo Mountains gegen das Big Valley abgetrennt. Auf einem der höchsten Gipfel dieser Bergkette, auf dem rund 1.200m hohen Mt. Hamilton, liegt das Lick Observatory, eine der großen und vor allem eine der berühmtesten amerikanischen Sternwarten.
Mt. Hamilton Road (California 130) ist eine für US-Verhältnisse ungewöhnlich schmale und kurvenreiche Straße. Sie beginnt am Stadtrand von San Jose und windet sich mit hunderten Kurven rund 40 km lang auf den Mt. Hamilton; für die Einheimischen, die vornehmlich mehrspurige und schnurgerade Straßen gewohnt sind, offenbar ein Alptraum, nach eigenen Angaben brauchen sie für die Strecke ein bis zwei Stunden (oops, ich hab's ohne das Tempolimit zu überschreiten in weniger als 40 Minuten geschafft - offenbar schadet Alpenerfahrung auch hier nicht). Die Straße ist nicht überwältigend steil; immerhin wurde sie als Karrenweg errichtet, der von Pferdefuhrwerken bewältigt werden mußte. So verwundert es nicht, daß die sportbewußten Kalifornier die Strecke vorwiegend mit dem Fahrrad zu bewältigen versuchen - kein triviales Unterfangen!
Lick Observatory verbindet alt und neu; die Sternwarte wurde 1888 eingeweiht, der 36" (90cm) Refraktor war damals das größte Fernrohr der Welt. Auch heute ist er noch der zweitgrößte Refraktor der Welt, nur übertroffen von den 102cm Öffnung des Yerkes-Observatory am Lake Geneva bei Chicago. Der reiche Klavierbauer James Lick hatte an sich nie etwas mit Astronomie zu tun; er wollte sich, von einer langen Südamerikareise nach San Francisco heimgekehrt, ein Denkmal setzen. Seine Pläne, mitten in San Francisco eine Pyramide zu errichten, verwarf er auf Anraten seiner Freunde. Statt dessen stiftete er der University of California ein Teleskop. Es mußte aber das größte und stärkste der Welt sein. So entstand der 36" Refraktor. Lick Observatory war übrigens die erste große Sternwarte, die auf einem hohen Berg errichtet wurde. Die Straße auf Mt. Hamilton wurde eigens für diesen Zweck errichtet, und der heutige California Highway 130 folgt immer noch dem einstigen Karrenweg.
James Lick-Denkmal im Innenhof des Observatoriums.
Lick erlebte die Eröffnung seiner Sternwarte nicht mehr, er verstarb Jahre vorher. Dies führte zu einem in der Astronomie wohl einzigartigem Kuriosum: Lick wurde im Fundament des Refraktors bestattet! Eine Messingtafel samt Büste auf dem Pfeiler des Instruments weist darauf hin. Das Hauptgebäude des Observatoriums, ein Langbau mit zentraler Eingangshalle und Kuppeln an den Enden (sie beherbergen den 36" Refraktor und heute einen 40" (1m) Spiegel) dürfte übrigens Edmund Weiß bei seinen Plänen für ein Observatorium auf dem Schneeberg inspiriert haben.
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Lick Observatory wurde seither kontinuierlich ausgebaut. Heute umfaßt es 11 Kuppeln mit 12 Instrumenten, von denen das größte der 120" (3m) Spiegel ist. Dieses Instrument ist mit modernsten Zusatzgeräten wie einem extrem hoch auflösenden Echelle-Spektrographen, die in den High-Tech-Werkstätten der University of California in Santa Cruz gebaut werden, ausgestattet und auf Monate hin ausgebucht - bei dem klaren Himmel über den Diablo Mountains, hoch über dem Smog von Silicon Valley, fast immer lohnend für die Beobachter.
Blick vom Mt. Hamilton auf die Bucht von San Francisco, über der eine dichte Smog-Schicht liegt. Im Vordergrund
links die Bergstraße, rechts einige Wohngebäede des Observatoriums.
Auch auf diesem Observatorium sieht man, wie die Amerikaner es verstehen, Wissenschaft zu vermarkten und zu bewerben. Neben einem gut ausgestatteten Shop gibt es eine sehr gut dokumentierte Dauerausstellung, fortlaufende Videopräsentationen und täglich (!) Führungen im Halbstundentakt (!!), werktags zwischen 13 und 17 Uhr, am Wochenende schon ab 10 Uhr. Selbst komplexe Instrumente wie der Echelle-Spektrograph werden anschaulich erläutert.
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Während der Sommermonate steht das Observatorium im Rahmen eines Summer Visitors Program kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung. Am 36" Refraktor und manchmal auch am 40" Spiegel kann dann jeder - assistiert von Mitarbeitern des Observatoriums - beobachten. Tickets für dieses Summer Program können im Internet reserviert werden; sie sind meist spätestens zwei Tage nach Ausschreibung vergriffen.
Mitunter fungiert das historische Hauptgebäude auch als Rahmen für Konzerte aller Richtungen, von Kammermusik bis Jazz.
Lick Observatory ist übrigens ein ganzes kleines Dorf inklusive Post, Feuerwehr und Schule! Techniker und andere Angestellte wohnen mit ihren Familien auf dem Berg. Viele Wohnhäuser stammen aus der Zeit der Errichtung des Observatoriums und sind Holzhäuser im typischen Stil. Für die Gastbeobachter gibt es ein großes Wohngebäude ("Day and Night Sleepers - Quiet Please!") mit Kantine. Lediglich zum Einkaufen muß man die 40km Kurvenstrecke ins Tal und wieder zurück. Momentan herrscht übrigens Bedarf an Zuzug - Familien mit Kindern werden dringend gesucht, denn sonst könnte die Schule geschlossen werden!
Mehr Fotos vom Observatorium hier zu veröffentlichen, wäre sinnlos, denn unter
gibt es eine hervorragende virtuelle Tour, die alles ganz genau beschreibt und reich bebildert ist, und der große Refraktor erwies sich mangels ausreichender Beleuchtung ohnedies als unfotografierbar. Daher möchte ich mich hier auf ein paar Eindrücke, vor allem von der herrlichen Landschaft, beschränken.
Lick Observatory ist ein eigenes kleines Dorf mit Schule, Post und Feuerwehr, hoch über der Bay Area in Kalifornien.
Der Rundblick reicht von der Bucht im Süden über die Küstenkette im Westen bis zur schneebedeckten Sierra Nevada im Osten.
Im Osten reicht der Blick über das San Jacquin Valley bis zu den schneebedeckten Gipfeln der Sierra Nevada.
Ich hatte aber auch den ersten wirklichen Frühlingstag in dieser Region erwischt - die Temperatur war gegen Mittag auf weit über 20°C angestiegen. Mist, und an einem solchen Tag muß ich zurück ins kalte Europa ...
Wir planen für 2002 eine astronomische Reise in die USA; entgegen der ursprünglichen Planung werden wir die Route so anpassen, daß Lick Observatory auch besucht werden kann.
Homepage des Lick Observatory: http://www.ucolick.org/lickobs/index.html.
Alexander Pikhard