CCD-Beobachtungsnacht

Raiffeisen-Sternwarte Mariazell, 13./14. Oktober 2001

Text und Fotos: Alexander Pikhard

Datum: 13./14. Oktober 2001, 19 - 02 Uhr MESZ
Ort: Raiffeisen-Volkssternwarte Mariazell, Außensäule
Instrument: 16" Meade LX-200 auf f/10
Kamera: StarlightXpress MX916

Bedingungen: Durchsicht 1++, Aufhellung 1-2, Seeing 2-3, fast wolkenlos, windstill, ca. +4°C. Freisichtige visuelle Grenzgröße in UMi > 6.0mag

Was ist das schlimmste, das Amateurastronomen passieren kann? Schlechtes Wetter? Nein, noch schlimmer: Schönes Wetter und keine Zeit. Noch schlimmer: Sehr, sehr schönes Wetter und keine Zeit. Und das aller-aller-schlimmste? Traumhaftes Wetter, keine Zeit und Günther Eder, der in der Früh meint, die Sternwarte (samt 16" LX-200) ist am Abend frei und wer zuerst kommt, hat sie für die ganze Nacht auf Sonntag.

Das Frühstück wurde zur Planungssitzung umfunktioniert, dann fiel die Entscheidung: Mit einigen Telefonaten wurden alle Termine an diesem Wochenende abgesagt und wir beschlossen, einen Tag an diesem wunderschönen Ort mit dieser tollen Sternwarte dranzuhängen. Es sollte sich lohnen...

Der Tag war in der Tat traumhaft. Beim Mittagessen am Hauptplatz holten wir uns sogar einen leichten Sonnenbrand, und am Abend konnte man wieder vor der Sternwarte im Freien essen, während Angelika Eder einigen Interessenten die Sternwarte zeigte. Einige Cirruswolken, die im Nordosten auftauchten, konnten uns nur kurz schrecken. Die Transparenz war zwar nicht so gut wie am Vortag - es war wieder ein guter österreichischer und kein afrikanischer Sternenhimmel -, es reichte aber allemal.


Startklar unter klarem Mariazeller Himmel steht das 16" LX-200

Ich beobachtete das erste Mal allein auf der Sternwarte; zwar eingeschult, aber so manches fällt einem ja doch erst ein, wenn man es braucht. Oder auch nicht. Daher war die Hotline zu Günther oft gefragt; wo schaltet man eigentlich den Strom für den Computer ein? Wie lautet das Kenntwort? (Für alle Neugierigen: Ich schreibe es natürlich nicht in den Bericht!) Wo ist die Steuerbox für das LX-200. Die "Bodenstation" beantwortete geduldig alle Fragen ...


Es wird doch nicht? Doch die Cirren verschwinden bald - zum Glück!

Der erste Blick gilt dem Planeten Mars. Und oh Wunder! Man sieht Details, das Seeing ist auch in geringer Höhe recht gut. Rasch an die Digitalkamera und einen Schnappschuß gemacht:


Die Phase ist sehr deutlich, und auch ein paar dunkle Flecken und
eine Polkappe (oder besser Polhaube) sind da.

Wir beobachten zunächst ein paar Klassiker visuell. Der Anblick von M57 läßt uns wirklich nicht kalt! Ich kann der Versuchung nicht widerstehen und probiere eine Aufnahme mit 4m Brennweite - es geht! Günther und seine Leute haben die Nachführung des 16" verbessert und jetzt kann ich wirklich mit voller Brennweite aufnehmen! Zwar nur kleine Objekte, denn der Chip deckt jetzt nur mehr eine Fläche von 8' x 6' ab. Zudem bekomme ich STAR2000 mit AstroArt zum fliegen - man muß es als ST4 konfigurieren und auch an den CCD-Eingang des Teleskops gehen - da war klar:

Es wird eine CCD-Session mit F=4000!

Alle nachfolgenden CCD-Bilder © Astroteam Mariazellerland und © Alexander Pikhard.

Die ersten beiden Objekte sind Sommer-Klassiker:
 

M57, Summe aus 10 Aufnahmen mit je 10 Sekunden Belichtungszeit. Logarithmische Skalierung. Bei 4m Brennweite kommen schon enorm viele Details heraus.
M27, gleiche Technik wie oben. Oops, der ist zu groß für meinen Chip! Aber wieder sehr viele Details.

Bei so viel Licht verzichte ich auf Dunkelstrom und Flatfield. Was rauscht oder uneben ist, wird einfach weggeschnitten.

Jetzt ist es richtig dunkel geworden, und ich beginne zu überlegen, welche Objekte ich aufnehmen soll. Ich denke zuerst an einige sehr südliche Objekte, doch da ist das Seeing recht schlecht. Die Bilder sind daher nicht besonders beeindruckend, aber ich zeige sie trotzdem - mehr zur Dokumentation, daß man auch für Deep Sky-Fotos gutes Seeing braucht.
 

NGC 246, der große planetarische Nebel im Cetus. Summe aus 10 Aufnahmen zu je einer Minute Belichtungszeit. Die Kamera ist wie gesagt nicht besonders rotempfindlich. Bildausschnitt.
Der Kern von NGC 253 im Sculptor. Summenbild wie oben, leider sehr verrauscht - entweder mehr Bilder oder länger belichten. Leider macht sich hier auch das Ausleserauschen von STAR2000 bemerkbar.

So viele Galaxien am Herbsthimmel. Na gut, wagen wir uns an die schönsten Objekte heran. M31 und M33 kann ich vergessen, die sind viel zu groß. M33 war schon gestern bei F=1890mm am 12" LX-200 ein Mosaik wert, und das nur für die Kernregion. Mit dem 16" bei F=4000mm würde ich wohl einige hundert Aufnahmen brauchen.
 

M74 in den Fischen. Summe aus 10 Aufnahmen zu je einer Minute. Etwas verrauscht, aber gut.
M77 im Cetus, eine Seyfert-Galaxie mit sehr hellem Kern. Belichtung wie oben, zusätzlich logarithmisch skaliert. Eigentlich eines der schönsten Objekte an diesem Abend.
NGC 7479, die schöne Balkenspirale im Pegasus. Endlich einmal groß genug und mit dunklem Hintergrund. Summe aus 10 Aufnahmen zu je 60 und 5 Aufnahmen zu je 30 Sekunden (das Ergebnis eines Tests). Bildausschnitt.
NGC 891 in der Andromeda. Sogar die ist zu groß. Die Kamera im Hochformat nehmen? Im Prinzip ja, aber da müßte ich STAR2000 umkonfigurieren, das wollte ich doch nicht. Summe von 10 x 60 Sekunden. Bildausschnitt.

Ich muß kleinere Objekte aufnehmen; wie das Hubble Space Telescope verlege ich mich wieder auf planetarische Nebel.
 

NGC 7009, der Saturn-Nebel im Wassermann. Summe aus 10 Aufnahmen zu je 10 Sekunden, logarithmisch skaliert und 2x vergrößert. Viele Details!
NGC 7662, der "Blue Snowball" in der Andromeda. Summe aus 10 Aufnahmen zu je 5 Sekunden, logarithmisch skaliert und 2x vergrößert. Auch sehr schön!
M76, "Little Dumbbell" im Perseus. Summe aus 10 Aufnahmen zu je 30 Sekunden.

Schön langsam wird das Beobachten auf der Sternwarte zur Routine. Die Steuerung mit TheSky Level IV macht ja großes Vergnügen und auch das Aufnehmen mit AstroArt ist sehr bequem.


Szenen aus dem Rotlichtmilieu ... einsam maneuvriere ich das Teleskop durch die Nacht.

Zuletzt mache ich mich, weil sie gerade so schön vor mir im Süden stehen, an Uranus und Neptun. Nicht der Planeten, sondern der Monde wegen.
 

Uranus und seine Monde. Summe aus 10 Aufnahmen zu je 5 Sekunden, logarithmisch skaliert. Monde identifiziert mit StarryNight Pro und dem JPL Solar System Simulator. Bildausschnitt, 3x vergrößert. Uranus ist natürlich überbelichtet, hätte aber ohnedies keine Details gezeigt.
Neptun und Triton, technische Daten wie oben. Skurril ist der Feldstern. Sieht aus wie Galileis Zeichnungen von Saturn. Hier war eigenartiger Weise das Seeing viel schlechter als bei Uranus.

Auch diese Beobachtungsnacht geht zu Ende, und morgen müssen wir wirklich zeitig nach Wien; immerhin soll ich um 15 Uhr auf der Sofienalpe den Teleskop-Helpdesk moderieren. Wie das wohl gehen wird ...

Dank an Günther Eder für die Beobachtungsnacht auf der Sternwarte und an Angelika Eder für die Verlängerung im St. Franziskus-Heim!

Alexander Pikhard