Beobachtungsabend

Sofienalpe, 10. 11. 2001

20011110api19.html

Beobachter:Alexander Pikhard
 
e-Mail:apikhard@utanet.at
 
Datum:10. 11. 2001
 
Zeit:19.30 MEZ
 
Ort:Sofienalpe
 
Instrument:12" Meade LX-200, StarlightXpress MX916 mit 50mm Fotoobjektiv, Olympus Camedia C-3000
 
Bedingungen:

Durchsicht:1 Freis. vis. Grenzgröße:5.5
Aufhellung:2 Seeing:3
Wind:kein aus keine Angabe  
Temperatur:0 °C Luftfeuchtigkeit:
Sonstige Bemerkungen:Außergewöhnlich klar für diesen Beobachtungsort, die Milchstraße war deutlich zu erkennen!


 
Bericht:

Ein sehr kalter Abend und noch dazu Länderspiel, da verschlägt es kaum jemanden zum Beobachten. Dabei hatte ein stahlblauer Himmel unter Tags schon gutes verheißen. Nur ab und zu waren ein paar dichte Wolken durchgezogen, am Abend wurde es immer kälter und immer klarer. So beschließe ich, doch zumindest auf die Sofienalpe zu fahren.

Es ist außergewöhnlich dunkel heute Abend. Ich fahre über den Exelberg, es ist viel weniger Verkehr als sonst. Ach ja, das Länderspiel. Ich fühle mich einsam, wie ein Raumfahrer, der sich allein auf einer langen Mission befindet. Wieso ist es so dunkel?

Als ich auf der Sofienalpe ankomme, verstehe ich, warum es so dunkel ist. Tiefschwarz wölbt sich der Himmel über mir, die Milchstraße, deutlich wie noch nie an diesem Platz, spannt sich vom Schwan im Nordwesten bis zum Fuhrmann im Osten, wo sie sich dann doch in der Lichtglocke der Stadt verliert. Saturn und Aldebaran stehen schon sehr hoch.

Ha, doch noch ein Auto und ein anderes LX-200, ich bin nicht ganz allein hier heroben!

Ich baue, der Kälte trotzend, auf. Ist das mühsam bei Dunkelheit und dieser Temperatur. Dann der erste Frust: Mein Höhengetriebe spinnt wieder. Die Reinigung war offenbar nicht gut genug oder es hat doch noch etwas anderes. Macht nichts, für das, was ich mir vorgenommen habe - Feldaufnahmen mit 50mm - sollte es reichen.

Mein erstes Ziel sind die Pleiaden. Mal sehen, was aus dem Stadtlicht herauszuholen ist.


Summe aus 10 Aufnahmen zu je 10 Sekunden.
Der Nebel um Merope ist klar zu erkennen.

Der Nebel um Merope ist deutlich zu erkennen. Ich fahre zu h+Chi im Perseus. Mein LX-200 positioniert sehr ungenau, das ist kein gutes Zeichen! Ich mache wieder eine Serie. Oh Schreck! Was ist das??? Ab dem dritten Bild verschleierte Wellenlinien auf den Aufnahmen! Gibt jetzt meine Kamera auch den Geist auf? Ein Blick auf die LED vom Netzteil zeigt: Der Strom wird knapp. Hello Houston, we've got a problem here... Ich pokere und schließe die CCD-Kamera an die Batterie meines Autos an.


h+Chi im Perseus, 30 Sekunden

Mein Mitbeobachter gibt w.o. und fährt heim. Jetzt bin ich allein unter diesem grandios dunklen, mächtigen Himmel, wie ein Raumfahrer auf Außenmission. Ich fühle mich wie der einsamste Mensch im Universum und weiß nicht, ob das ein schönes oder ein beklemmendes Gefühl ist.

Dann ein Geistesblitz - das gibt's doch einen Kometen! Vorbereitung ist alles, vorausgesetzt, man macht sie. Zum Glück gibt's ein Handy. Hallo Bodenstation ... Ich rufe Anneliese an und frage sie nach den Koordinaten von C/2000 WM1, die ich selbst ins Internet gestellt habe. Da sind sie schon, und ich positioniere das Rohr. Hoffentlich klappt es. Ja, da ist etwas! Schnell ein paar Fotos. Anneliese kündigt an, kurz mit Emba vorbeizuschauen.


C/2000 WM1, Summe aus 5 Aufnahmen zu je 40 Sekunden

Und es bewegt sich! Zaghaft aber doch, sodaß man über 10 Minuten eine kleine Veränderung erkennt. Bei den letzten Aufnahmen fängt das Fernrohr an, ein Eigenleben zu entwickeln. Der Strom wird endgültig knapp. Ich pokere erneut. Weg mit dem CCD-Equipment (autsch, tut das weh, die kleinen Schrauben bei der Kälte zu lösen) und das Fernrohr an die Batterie vom Auto.

Jetzt ist Saturn dran. Gutes Seeing, ich mache ein paar Schnappschüsse durch das 21mm Pentax-Okular mit meiner Digitalkamera, 1/10 Sekunde bei 100 ASA.


Einfach immer wieder schön: Saturn

Anneliese kommt gerade an. Wir schauen ein wenig visuell herum und ich sollte Strom sparen...

Als ich mit Astronomie begann, vor 30 Jahren, gabs keine Fernrohre mit so komplizierten Steuerungen. Da konnte auch noch nichts spinnen. Alles, was es gab, war der Himmel, das Fernrohr und jemand, der den Weg zu den Objekten wissen mußte. Haben wir dieses Gefühl verloren? Nein! Ich schalte die Steuerung ab.

Manuell, quasi wie einen Dobson, stelle ich Objekt für Objekt ein. Ich kann es noch! 30 Jahre lassen sich nicht durch eine dumme, fehleranfällige Computersteuerung auslöschen.

Zuerst die Pleiaden. Sehr schön, brilliant blaue Sterne. Dann M31. Hoppla, da erkennt man ja einen Spiralarm. Etwas schwieriger ist M33, doch in zwei, drei Minuten habe ich auch den eingestellt. Der Kern ist deutlich, die Spiralarme bei indirektem Sehen zu erkennen.

Jetzt zu den diversen offenen Sternhaufen am Winterhimmel. Die sind leicht einzustellen, ich erkenne sie im Sucher: M37, M36 und M35. Vor allem ersterer ist wunderschön! Ich versuche M1. Wo war der bloß? Ach ja. Hat ihn schon! Sehr deutlich, trotz des Stadtlichts aus dieser Richtung.

Der Große Wagen steht in unterer Kulmination. Aber halt! M81 und M82 müßten doch schon recht hoch stehen. Wie ging das bloß? Von Omikron UMa hinauf zum ersten kleinen Dreieck, dann zum zweiten, dann kommt ein kleiner Stern, von dort ein Ruck - ach ja, da ist M81 ja schon im Sucher. Getroffen. Sehr hell! Und M82 zeigt sogar einige Details, Kern und zwei dunkle Strukturen. Ein schöner Abschluß.

Es war ein Wechselbad zwischen großen Himmelserlebnis und technischen Problemen, in denen der überwältigende Eindruck des Sternenhimmels letztlich siegte. Im Gegensatz zu unseren Fußballern, deren Spiel ich gerne versäumte ...