2002 NY 40

Kahlenberg, 17./18. 08. 2002

20020817api23.html

Beobachter: Alexander Pikhard (ed.)
e-Mail: apikhard@utanet.at
Datum: 17./18. 08. 2002
Zeit: 22.30 bis 01.30 Uhr MESZ
Ort: Kahlenberg, Aussichtsterrasse
Instrument: 12" Meade LX-200, StarlightXpress MX916
Bedingungen:

Durchsicht: 3
Freis. vis. Grenzgröße: 4.0

Aufhellung: 3
Seeing: 2

Wind: kein
 
Temperatur: 14 °C Luftfeuchtigkeit: hoch

Sonstige Bemerkungen: zeitweise Wolken

Bericht:

Nachdem es beim Ferienspiel wegen Dunst und Lichtverschmutzung im Donaupark nicht klappen wollte, aber doch ein kleines Grüppchen von WAA-Mitgliedern den Asteroiden 2002 NY 40 sehen wollte, entschlossen wir uns spontan, auf den Kahlenberg aufzubrechen. Warum auf den Kahlenberg und nicht auf die Sofienalpe? Weil wir eigentlich gar nicht damit gerechnet hatten, etwas zu sehen, aber Spaß witterten, denn Beobachten auf der Aussichtsterrasse ist immer lustig, vor allem was die Reaktionen der Spaziergänger anbelangt.

Der Empfang war zunächst nüchtern. Beim Ausladen des Fernrohrs sehen uns zwei junge Spaziergängerinnen zu, um dann zu bemerken:  "Oh je, heute kommt ja der Asteroid. Komm, gehen wir!". Beteuerungen, daß er eh nicht herunterfällt, nützen nichts. Unser Dank gebührt den Sensationsmedien ...

Nach einigen Einstellversuchen können wir 2002 NY 40 visuell identifizieren. Unspektakulär. Da muß die CCD-Kamera ran. Nächste Erkenntnis: Die Terrasse ist nicht stabil. Herumgehende Personen - selbst nach Mitternacht nicht zu vermeiden - erzeugen interessante Muster, aber keine runden Sternen. Na ja, viel haben wir ja nicht vor.

Das Telefon läutet. Mariazell calling. Es entwickelt sich ein Fernduell, wer als erster den Asteroiden findet. Günther Eder, Heidi Eigner und offenbar noch viele andere - dem Lärm nach zu schließen - liefern sich mit uns ein Wettrennen. Wir gewinnen die Etappe um 2002 NY 40.  

Ich mache ein paar Aufnahmen. Viele, viele Sterne. Welcher bewegt sich? Keiner! Wo ist er?

Noch eine Erkenntnis: 2002 NY 40 ist so schnell, daß zwischen Einstellen und Aufnehmen praktisch keine Zeit bleibt. Ein schneller Schuß, 20 Sekunden, und - da ist die Spur! Unglaublich, mit nur 20 Sekunden Belichtungszeit zieht der Asteroid eine deutliche Spur!!! Ich kapituliere vor der Geschindigkeit und verkürze die Brennweite auf 1890mm, so habe ich nach dem Einstellen - das Fernrohr soll ja auch ausschwingen können - doch eine gute Minute Zeit. Und es klappt.

Nach Mitternacht, es ist die schnellste Phase, kann ich sogar eine Serie des Asteroiden in Bewegung machen: Aus sechs Aufnahmen zu je 20 Sekunden Belichtungszeit entsteht dieses Summenbild:

2002 NY 40

Ich habe die Uhrzeit des Laptop auf Sekunden genau synchronisiert und dank FITS wird die genaue Aufnahmezeit mit jedem Bild mitgespeichert. Die Schlangenlinien sind allerdings ein Produkt des instabilen Aufstellungsorts. Aber immerhin: Drei Minuten Flugbahn kann ich problemlos im Bild festhalten.

Mariazell ruft wieder an. Aber beim Kometen Hoenig müssen wir passen. Er steht knapp über der Terrassenbeleuchtung. Ausgleich für Mariazell, lauter Jubel aus dem Telefon.

Eine nette österreichisch/französische Gruppe junger Leute gesellt sich zu uns, nimmt interessiert an meinen Aufnahmen teil ("Was haben denn die Hobbyastronomen vor 20 Jahren gemacht, als es diese Technik noch nicht gab?" - ich kann es gut beantworten, ich war damals schon 10 Jahre lang aktiv).

Nach der Aufnahmeserie zeigen wir unseren Gästen die schönsten Himmelsobjekte - den Mond, der blutrot hinter Wolken versinkt, den Ringnebel in der Leier, M13, die Klassiker halt. Wir diskutieren viel über Aufbau, Größe und Entwicklung des Universums, es entsteht eine richtige Sternführung zu spätnächtlicher Stunde.

Das ist das nette an diesem Beobachtungsort. Genau deshalb sind wir hierher gefahren und nicht anderswo hin. Wir sind ja doch Volksbildner aus Leib und Seele ... Und dann noch das lustige "Über-das-Telefon-gemeinsam-beobachten" mit Mariazell. Fazit: Astronomie kann wirklich Spaß machen!