Beobachter: | Doris Istrate | ||||||||||||||||||||||
e-Mail: | doris.istrate@gmx.at | ||||||||||||||||||||||
Datum: | 23. 12. 2002 | ||||||||||||||||||||||
Zeit: | 00.00 | ||||||||||||||||||||||
Ort: | Oman | ||||||||||||||||||||||
Instrument: | 3"-Newton | ||||||||||||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: | In 16 Tagen 4.000 km quer durch den Oman, durch endlose Wüsten, zerklüftete Gebirge, vogelreiche Küstengebiete, durch Mond-, Mars- und Merkurlandschaften, die außerirdischer nicht sein können. Ein faszinierendes Land, in dem man sich noch heute Märchen aus 1000 und einer Nacht vorstellen kann. Mächtige Gebirge und grenzenlose Wüsten in leuchtenden Farben: weiß wie Kreide, schwarz wie Kohle, rot wie gebrannte Ziegel, gelb wie Safran; der indische Ozean tiefblau bis hellgrün; endlos weiße und flamingorosa Muschelstrände, menschenleer; goldgelbe und schneeweiße Sanddünen, smaragdgrüne Gebirgsseen, ... und sehr freundliche Menschen, die uns immer mit den Worten begrüßten: thank you for coming to Oman. Wir wurden von fremden Omanis zu sich nach Hause zum Essen eingeladen, oder Fremde zahlten unsere Rechnungen im Restaurant. Der Orient - eine fremde Welt, die an Faszination nichts zu wünschen übrig läßt und uns Europäer in ihren Bann zieht. Mein kleiner afrikabewährter 3-Zöller holperte in dem Geländewagen brav mit über Geröllhalden, Felsplateaus, Wellblechpisten, durch Sanddünen, ohne auch nur ein Spiegelchen zu verziehen. Die erste Nacht im Norden nahe dem Meer war nicht sehr aufregend, die Durchsicht war sehr schlecht. Die zweite Nacht war auch nicht optimal, da das Seeing mehr als nervig war, aber dann ... dann kam die Nacht der Nächte. Auf dem Weg von Muscat nach Salalah im Süden durchquerten wir 800 km Wüste, in der es keine Stadt, kein Dorf, keine Siedlung, kaum ein Haus gab. Mitten in der Wüste schlugen wir unsere Zelte auf, 400 km vor und hinter uns nichts außer Beduinen und Kamele. Es war eine Nacht zum Verlieben, tausende von Sternen glitzerten am Firmament, sie leuchteten von einem Horizont bis zum anderen. Aufgeregt suchte ich nach allen lohnenden Objekten, fuhr völlig problemlos ein M-Objekt nach dem anderen an, konnte alle in einer Pracht erleben, wie ich sie vorher bestenfalls im 10"-Dobson gesehen hatte. Nur den Crab- und Eskimonebel konnte ich auch in der Wüste nicht finden, das war etwas enttäuschend. Dafür leuchtete der Orionnebel im 21mm-Pentax so gewaltig, daß er kaum hineinpaßte. Jupiter war so groß und hell wie sonst im 10"-Dobson. Endlich konnte ich auch meinen Blaufilter ausprobieren und siehe da, Jupiter blieb Jupiter und wurde nicht verfälscht wie Saturn, dafür kamen seine Bänder und die Polregion enorm gut zur Wirkung. Mars war deutlich wie noch nie und Merkur erblickte ich zum ersten Mal. So hatte ich neben den Deep-Sky-Objekten auch den ganzen Planetenreigen vor mir. Diese Nacht war für Schlaf besonders kurz, denn kaum war ich in das Zelt gekrabbelt, holte mich ein heller Schein wieder heraus. Er war die Venus, die nach 5 Uhr früh derart leuchtend am Himmel stand, daß sie sogar Schatten warf! Im Teleskop war sie umwerfend, so riesengroß hatte ich sie noch nie gesehen, kannte sie eigentlich überhaupt nur als einfache Sichel. Aber jetzt war sie ein richtig runder Planet, wie ein kleiner Halbmond, nur ohne Krater. Sie strahlte, daß ich halb blind wurde. Später habe ich sie noch öfters über dem Indischen Ozean gesehen, da warf sie ihr Licht auf das Meer, fast wie der Mond. Das Orientieren war am Anfang etwas mühsam, denn wer sucht schon die Pleiaden oder Saturn genau im Zenit? Dafür sah ich erstmals den großen Hund und viele andere Sternbilder in ihrer vollen Größe, wie es von Österreich aus nicht oder kaum möglich ist. Gegen Morgen war der Himmel überhaupt so fremd, daß ich mich kaum noch zurecht fand, war aber schon zu müde, um mich durch die Sternkarten zu graben. Ich erlebte dann noch viele, schöne Sternennächte, sogar noch an der Südküste, aber diese Nacht mitten in der Wüste war die schönste aller schönen, eine herrliche Durchsicht, absolut kein Seeing, weit und breit nicht der schummrigste Lichtschein. Es war eine wunderbare Reise, in jeder Hinsicht, nur ist das Sternegucken in der Wüste etwas mühsam, wenn kein Strauch und kein Baum das Lagerfeuer und die Küchenlampen verdeckt, und 8 Teilnehmer mit zum Teil 300 Watt-Taschenlampen durch die Gegend rennen, um nicht über die Zeltschnürl zu stolpern. Selbst im Gebirge ist es nicht einfach, in der Finsternis über Geröllhalden Zuflucht hinter einem Felsen zu finden. Es erforderte einige Geduld, bis das Traummännlein alle Teilnehmer in die Schlafsäcke jagte und man ganz alleine unter dem gewaltigen Himmelszelt stehen und ehrfürchtig auf die Sterne blicken konnte. So wurden die Nächte aus astronomischer Sicht zwar sehr kurz, aber zu einem unvergesslichen Erlebnis. Oman ist eine Reise wert, ein Abenteuer der besonderen Art, mit und ohne Teleskop. Das ganze Land eine
riesige, faszinierende, farbenprächtige Wüste, in der es nur wenige Menschen und kaum Touristen gibt. Alles ist so
ursprünglich wie vor hunderten Jahren, aber die Bagger graben schon eifrig im Sand, um Feriensiedlungen aufzubauen. Lange wird
dieser Zauber nicht mehr erhalten bleiben.
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