Zwei Schatten, Saturn und M1

Sofienalpe, 3. 1. 2003

20030103api21.html

Beobachter:Alexander Pikhard, Anneliese Haika, Peter Scherz und Freunde
e-Mail:apikhard@utanet.at
Datum:3. 1. 2003
Zeit:21.00 bis 23.00 MEZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12" Meade LX-200, diverse Kameras
Bedingungen:

Durchsicht:1
Freis. vis. Grenzgröße:5.5
Aufhellung:2
Seeing:1 +++
Wind:kein
Temperatur:3 °C Luftfeuchtigkeit:trocken
Sonstige Bemerkungen:Zeitweise Durchzug ganz leichter Wolkenfelder, sehr tiefer Boden

Bericht:Planung ist eine Sache, die Durchführung eine andere. Wir hatten also geplant, die gegenseitige Verfinsterung der Jupitermonde Io und Europa vom Donaupark aus im Anschluss an unser Ferienspiel zu beobachten. Doch aufziehender Nebel machte einen Schlußstrich unter unsere Bemühungen, und so bauten wir die mobile Sternwarte im Donaupark ab.

Zu Hause (in Wien 14) angekommen, stellen wir dann wieder klaren Himmel fest, und so wurde der Beschluss gefasst, auf die Sofienalpe zu fahren und dort die Beobachtungen fortzusetzen. Peter Scherz war schon dort und hatte uns auch schon telefonisch kontaktiert und versichert, daß auch dort das Wetter gut war.

Erfreulich, denn an diesem Abend gab es zwei wichtige Ziele: Zum einen Saturn nahe bei M1, zum anderen eben diese Jupitermond-Erscheinung; Europa sollte Io partiell über einen Zeitraum von mehr als einer halben Stunde verfinstern. Also fuhren wir, nach dem Aufladen diverser Akkus (und unserer Mägen) auf die Sofienalpe, wo uns ein wirklich sehr klarer Himmel erwartete - allerdings hatte das milde Wetter der letzten Tage den zuvor gefrorenen Boden auftauen lassen ... Bloss nichts fallen lassen, war die Devise; und bloss nicht ausrutschen, sonst  findet sich garantiert keine Mitfahrgelegenheit!

Erstes Ziel war Saturn, denn bis zur Jupitermondverfinsterung ist noch viel Zeit. Wow, was für ein Seeing! Traumhaft, da muss die WebCam (Philips ToUCam Pro) unbedingt ran. Ich nehme zwei Videosequenzen auf, mit rund 350 und 640 Bildern die bisher längsten, und die Ergebnisse sind auch äußerst sehenswert.



Saturn am 3. 1. 2003 gegen 21.30 Uhr; links ein Mittel aus 1% von 352 Bildern zu je 1/33s, rechts ein Mittel aus
2% von 638 Bildern zu je 1/25s, gemittelt mit Giotto. Ganz ansatzweise ist sogar die Encke-Teilung zu sehen!

Auch visuell war Saturn beeindruckend und wurde lange bestaunt, auch von zwei nächtlichen Spaziergängern, die sich nicht scheuten, sich zu unserer im Dunkeln hantierenden Gruppe zu gesellen. Jetzt aber zu Jupiter. Sehr schön, zwei Monde, ... Was, nur zwei??? Während Peter Scherz visuell beobachtet und nach seinem Himmelsjahr kramt, mache ich ein erstes Video mit der WebCam. Ein dunkler Punkt? Wahrscheinlich ein Schatten ... Wird die Auswertung bzw. die visuelle Beobachtung ja zeigen. Der Punkt scheint zu springen, manchmal taucht er an einer ganz anderen Stelle auf; na ja, ich beachte den Bildschirm nicht sehr genau, nehme ein sehr langes Video von Jupiter auf, 775 Frames. Dann schalten wir auf Visuell um.

Im 21mm Pentax-Okular erkennt Anneliese ganz klar: Zwei Schatten! Jetzt ist auch das Himmelsjahr zur Hand, und ja, Io und Europa sind gleichzeitig vor dem Planeten und auch ihre Schatten wandern gleichzeitig über Jupiter. Das müßte ich doch auf dem Video haben ...



Jupiter am 3. 1. 2003 um 21.40 Uhr MEZ; Mittel aus 2% von 775 Frames zu je 1/100s. Bei genauer Betrachtung
erkennt man nicht nur die beiden deutlichen Mondschatten, sondern sogar die beiden Monde selbst!

Was aber bedeutet das für die Verfinsterung von Io durch Europa? Sie beginnt vor der Jupiterscheibe! Das ist unbeobachtbar, also könnte man nur gegen Ende der Verfinsterung einen Helligkeitsanstieg beobachten. Wir verfolgen, wie rasch die Schatten über den Jupiter wandern. Schon ist der Schatten von Io weg, bald folgt der von Europa. Und dann taucht Io auch schon wieder auf.



Jupiter am 3. 1. 2003 um 22.48 Uhr MEZ; Mittel aus 3% von 484 Frames zu je 1/100s. Io ist wieder da; was erst bei der
Ausarbeitung aufgefallen ist: Sie ist schon merklich schwächer, denn Io wird gerade von Europa partiell verfinstert.
Europa selbst ist bei genauer Betrachtung vor der Jupiterscheibe zu erkennen.

Aufziehende Wolken lassen uns schnell noch einmal zum Saturn schwenken, der heute nahe bei M1 steht. Das ist ein Fall für die StarlightXpress MX916. Ich nehme durch das LX-200 eine Sequenz von 15 Bildern zu je 20 Sekunden Belichtungszeit auf (5 davon sind sehr gut und zeigen schon im Rohbild den Crabnebel), weiters einige Aufnahmen zu nur 0,04 Sekunden Belichtungszeit (!), sie zeigen Saturn, wenn auch sehr klein, mit den hellsten Monden und der Cassini-Teilung.

Der Rest ist Arbeit in der digitalen Dunkelkammer ... Nur mit Filtern und Bildarithmetik, ohne auch nur ein Pixel zu verändern oder einen Verlauffilter anzuwenden, gilt es, das alles auf einmal sichtbar zu machen. Rund zwei Stunden Arbeit, aber dann ...



Saturn und M1 am 3. 1. 2003; das Bild entstand als Summenbild von 5 Aufnahmen zu je 20 Sekunden, auf dem der Crabnebel
deutlich, Saturn aber hoffnungslos überbelichtet ist (großer, runder Hof), überlagert mit einer Einzelaufnahme von 0,04 Sekunden
Belichtungszeit für Saturn, sowie diversen Tricks der digitalen Bildverarbeitung (Mehrphasen-Komposit).

Jetzt werden die Wolken dichter und wir bauen ab. Noch in der gleichen Nacht beginnt es zu regnen.

Ein bemerkenswerter Beobachtungsabend. Astronomie macht an sich schon viel Spaß, aber bei solchen Himmelsereignissen noch viel mehr!