Beobachtung

Edlach/Rax, 14. 02. 2003

20030214sfl21.html

Beobachter:Dr. Thomas Schröfl
 
e-Mail:schroefl@via.at
 
Datum:14. 02. 2003
 
Zeit:21.00 MEZ
 
Ort:Edlach/Rax
Geogr. Länge:15 48 11
Geogr. Breite:47 41 21
Seehöhe:600
System:

 
Instrument:Miyauchi 20x77
 
Bedingungen:

Durchsicht:2 Freis. vis. Grenzgröße:3.5
Aufhellung:4 Seeing:3
Wind:keine Angabe aus keine Angabe  
Temperatur:-5 °C Luftfeuchtigkeit:
Sonstige Bemerkungen:leichter Dunst, starke Aufhellung, da fast Vollmond und dazu noch die Skipiste am Semmering (yuhuu!!!)


 
Bericht:

Nach wochenlanger Wartezeit gibt es heute abend gleich zweimal Starmania; für Tochter Mariella in ORF 1 + viel wichtiger und interessanter als Astronomie - und für mich in Form des First Light mit meinem Geburtstagsgeschenk dem Miyauchi. Einen Vorteil hatte die lange Wartezeit doch. Durch Cloudy Nights Telescope Review darauf aufmerksam geworden, habe ich mir in USA bei Universal Astronomics die UniMount Parallelogrammontierung bestellt + leider, soweit ersichtlich, gibt es keinen europäischen Hersteller eines gleichwertigen Produktes, was die vertretbaren Kosten von USD 199.+ durch Fracht, Zoll und Ust noch um EUR 120.+in die Höhe treibt. Die Investition ist es allemal wert. Montiert auf meinem vorhandenen Manfrotto Doppelrohr Videostativ, ergibt das eine bombenfeste Montierung. Der Ausleger, der das Bino trägt, ist lang genug, um die Stativbeine nicht zum Hindernis werden zu lassen. Mit dem Gegengewichtssatz läßt sich die ganze Einheit sehr fein ausbalancieren. Dank diverser Teflonscheiben (oder ähnliches Material) sind die Bewegungen in alle Richtungen frei von Spiel, sehr geschmeidig und ruckfrei. Der größte Vorteil: ohne Nachjustierung in Alt/Az läßt sich immer die ideale Einblickhöhe mit einem Handgriff einstellen; ein absoluter Komfort für Nacken-, Knie- und Beinmuskulatur und ein völlig entspanntes beidäugiges Beobachten gleich welcher Himmelsregion. Die starke Aufhellung durch zwei beachtliche Lichtquellen läßt heute Deep-Sky-Beobachtungen praktisch nicht zu, also widme ich mich den sich anbietenden sinnvoll beobachtbaren Objekten. Der erste Test des Miyauchi am Mond zeigt eine geringe Neigung zu einem Farbsaum am Mondrand. Da die Beleuchtung bereits 94+eträgt, ist nur mehr die stärker strukturierte Terminatorregion im SW interessant zu beobachten. Mit der Vollmondkarte des Rükl in der Hand studiere ich die verschiedenen Albedoformationen, um einmal mit den großen Strukturen der Mondoberfläche besser vertraut zu werden. Die niedrige Vergrößerung von 20x verleitet viel weniger dazu sich in Detailbeobachtungen zu verlieren. Wirklich beeindruckend ist Tycho und seine weitreichende Strahlenstruktur und nicht viel weniger Copernicus und Aristarchus. Ich beende den Überblick über den Mond und wende mich dem in seiner Nähe stehenden Jupiter zu. Infolge der geringeren Helligkeit zeigt sich die Planetenscheibe praktisch ohne erkennbaren Farbsaum. In guten Seeingmomenten lassen sich sekundenweise die großen Wolkenbänder ansatzweise erkennen. Die gallileiischen Monde sind in 45 Grad wie auf einer Perlenschnur aufgereiht. Dann geht es weiter zu Saturn. Der Planet und sein Ringsystem zeigen sich als deutliches Oval; in guten Seeingmomenten sind die Schattenbereiche zwischen Planet und Ringen zu sehen. Mit Hilfe von Starry Night kann ich die Monde Rhea, Thetys und Dione identifizieren. Etwas Deep Sky möchte ich trotz der Bedingungen versuchen. Von Orions Gürtelsternen hoppe ich weiter zum Schwert und siehe da, nachdem Orion zu dieser Zeit schon außerhalb der Lichtglocke vom Semmering steht, ist M42 als zartes kleines Nebelchen zu erkennen und vergrößert sich bei indirektem Sehen schlagartig aufs Mehrfache. Dann noch schnell ein Farbtest an Betelgeuse und Rigel. Markant gelb-orange bzw. weißblau ohne störenden Farbsaum. Ich rufe mir wieder einmal in Erinnerung, daß Betelgeuse um kaum vorstellbare 1500 mal größer ist als unsere Sonne. Ich kehre noch einmal zu Saturn, Jupiter und schließlich dem Mond zurück und beende damit das First Light. Fazit: Mit dem Miyauchi habe ich meine astronomische Entwicklung im Rückwärtsgang + vom C11 über den Rich-Field-Refraktor zum Fernglas + nun abgeschlossen, außer mich sollte doch noch zu guter letzt das aperture-fever packen, wovor mich und die Brieftasche Gott verschonen möge. Wenn auch nicht absolut farbrein, kann man diesen kleinen und wirklich nur bei sehr hellen Objekten erkennbaren Fehler dem Miyauchi durchaus verzeihen, zumal er ja ausschließlich ein Gerät zu visuellen Beobachtung und nicht für die Fotografie ist. Sein Preis-Leistungsverhältnis halte ich für fast unschlagbar. Für knapp unter EUR 1.000.+ erhält man genau genommen zwei 3-Zoll Refraktoren mit 400mm Brennweite, einer Lichtstärke von f 5,2 und einem FOV von 2,5 Grad, sehr guter optischer Qualität, solide gearbeitet und dem unschätzbaren Vorteil eines 45 Grad Einblicks. Statt des serienmäßigen Handgriffes sollte man sich den Peilsucher gönnen, beim raschen Aufsuchen eine sehr nützliche Hilfe. Auf einem soliden Stativ mit Parallelogrammführung montiert, kann ich mir kaum eine bessere Form der Fernglasastronomie vorstellen, außer man will sich in die Regionen von Öffnungen zwischen 100mm und 150mm vorwagen, dies aber zu wahrhaft astronomischen Preisen, mit der minimalen Chance sich dann als Kometenentdecker in der Astronomiegeschichte zu verewigen.