Beobachtungserlebnis

Edlitz-Grimmenstein, 25. 02. 2003

20030225dis21.html

Beobachter:Doris Istrate
 
e-Mail:doris.istrate@gmx.at
 
Datum:25. 02. 2003
 
Zeit:21.15
 
Ort:Edlitz-Grimmenstein
 
Instrument:10"-Dobson in Rockerbox
 
Bedingungen:

Durchsicht:1 Freis. vis. Grenzgröße:keine Angabe
Aufhellung:keine Angabe Seeing:keine Angabe
Wind:sehr stark aus SW  
Temperatur:-2 °C Luftfeuchtigkeit:
Sonstige Bemerkungen:Sehr windig, fast Sturm


 
Bericht:

Der Wetterbericht hatte für die ganze Woche Sonnenschein und sternenklare Nächte versprochen, also nützte ich meine frischerworbene Freiheit dazu, nicht nur das Wochenende auf der Jagdhütte zu verbringen, sondern gleich die folgende Woche anzuhängen.

Die Nacht von Sonntag auf Montag war ein echter Traum, die Durchsicht fantastisch, kein Seeing, warm, windstill. Ich beobachtete 6 Stunden, von 21 bis 3 Uhr morgens und die Ausbeute war so sensationell, daß ich mich am Dienstag, den 25.2. wieder mit Feuereifer auf mein Rohr stürzte. Bereits bei Sonnenuntergang stellte ich es vor die Hütte und wartete sehnsüchtig auf die Nacht. Sie kam, aber mit ihr auch verstärkt der Wind. Ich hoffte, daß er mit der Zeit nachlassen würde, aber weit gefehlt, er wurde immer stärker. Um 21 Uhr hielt mich dennoch nichts mehr zurück, obwohl ich überzeugt war, daß mein Dobson bei dieser Windstärke nicht viel bringen würde, aber siehe da, er zeigte sich völlig ungerührt, brauchte nur etwas länger zum Ausschwingen.

So peilte ich voll Elan die nächsten Sternbilder an, sie zeigten sich der Reihe nach in der Waldschneise vor der Hütte. Orion, Großer Hund, Fuhrmann, Zwilling, Stier, und Krebs hatte ich schon vor 2 Tagen äußerst erfolgreich erobert, nun kamen Großer Hund, Große Bärin, Einhorn, Löwe, Jagdhunde und das Haar der Berenike dran. Ich peilte der Reihe nach M 41, 81, 82, 50, 101, 51, 97, 94, 65, 66, 95, 96, 105, sowie NGC 203, 3628, 4631, 4656/7, 4244 und 4565 an. Dafür brauchte ich fast 6 Stunden und mir wurde klar, welche Leidenschaft und Leidensfähigkeit dafür notwendig sind.

Ohne Karte bin ich verloren, also liegt der Atlas gleich neben dem Rohr, was aber ein gewisses Problem bei starkem Wind darstellt. Zuerst wurden die Seiten zerfleddert, dann flog das ganze Meisterwerk davon. Ich suchte es mit der Taschenlmape und fand es in einem tiefen Schneeloch wieder. Sobald der Schnee vom Buch weggeblasen und das gute Stück einigermaßen trocken war, beschwerte ich es mit der Taschenlampe mit dem Effekt, daß es nach 5 Minuten wieder "Klatsch" machte. Ich tapste nach dem Atlas, aber er war nicht mehr da, die Taschenlampe natürlich auch nicht. Fein, und wie findet man im Finstern die Taschenlampe ohne Taschenlampe? Ich stapfte größräumig durch den tiefen Schnee zur Hütte und schaltete die Beleuchtung ein. Ah, da ist das Buch, aber wo ist die Taschenlampe? Da, ein Loch - aber was ist das, nur die Batterie? Na super! Ich suche weiter, finde auch das Gehäuse tief im Schnee, lege beide wieder trocken und - Bingo - sie leuchtet wieder!

Aber so kann es nicht weitergehen, also bringe ich den Atlas in die Hütte, wühle mich dort bei Schummerbeleuchtung durch die Ms und NGCs, versuche mir die Stellungen zu merken, rase aus der Hütte, richte den Telrad in die Richtung ... und finde nichts! Ei pots, wieso? Ich renne zurück, stelle fest, daß die Deichsel des Großen Wagens in die andere Richtung zeigt und somit alles auf dem Kopf steht. Ah ja, also alles anders herum! Ich renne wieder hektisch hinaus, bevor das Bild in meinem Kopf verblaßt, aber - ahhhh - platsch, ich liege im Schnee, war über etwas gestolpert. Was zum Kuckuck war das? Ich kannte doch jeden Quadratzentimeter, konnte mich also im Dunkeln blind bewegen! Aber ich mußte nicht lange raten was es war, denn dieses "Etwas" stand augenblicklich neben mir und rieb genüßlich schnurrend die flauschige Wange an der meinen. Grrrrr, die Bauernkatze, um 2 Uhr nachts, wieso schläft die nicht, ist sie auch sternsüchtig? Jetzt bin ich naß, der Schnee ist in den Kragen gefallen, die Handschuhe sind feucht, die Pelzstiefel nach 5 Stunden auch nicht mehr bacherlwarm ... jetzt wird es kritisch. Der eisige Sturm beginnt an den Knochen zu nagen, die Finder erstarren zu Eiszapfen, also schnell auf in die warme Hütte. Warme Hütte? Verflixt, ich habe auf die Öfen vergessen, die letzte Stunde nicht nachgelegt, sie sind ausgegangen. Also schnell, schnell, Öfen wieder anheizen, Handschuhe auf's Ofenrohr hängen, Schal wechseln, und dann wieder hinaus in die Kälte. Ächz, jetzt hätte ich mich schon an die Wärme gewöhnt gehabt. Gott, schneidet der Wind wie ein Messer im Gesicht...!

Aber ich habe mir noch fix das Haar der Berenike vorgenommen, bloß, wo ist das? Links zwischen Jagdhunde und Löwenschwanz soll es sein, aber wo ist das Haar? Ich seh nur ein paar mikrige Sternderl, keiner größer als das andere, kann kein Sternbild erkennen! Brrrrr, ist es kalt! Jetzt, jetzt gleich fallen die Finger ab - wetten? Nein, sie fallen doch noch nicht ab ... also zum Kuckuck, wo ist das blöde Haar? Ah, das könnte es sein, also auf zu NGC 4565. Juhuuu, gefunden, aber die Galaxie ist schon sehr mikrig, da waren NGC 4244 und M 94 in den Jagdhunden viel besser, vom Löwen ganz zu schweigen. Aber wenn ich schon da bin, suche ich auch noch schnell die Galaxie M 64 und die beiden Sternhaufen M 53 und NGC 5053 - nur, ich finde sie nicht. Jetzt werde ich ungeduldig und hektisch, die Fingerlein müssen wirklich jeden Moment abfallen, die Kälte nagt im Gesicht, frißt sich durch den Körper, die Knochen erstarren...

Da resignierte ich und gab auf, mitten im Haar der Berenike.

Mit den klammen Fingern schnappte ich schnell den Dobson, trug ihn in die Hütte, klappte den Okularkoffer zu, stellte ihn daneben, und - schwupps - lag in den warmen Federn. Oh Gott, war das schön ...

Und alles in nicht einmal 5 Minuten, dank Dobson! Nie wieder etwas anderes ....