Sternabend

Kahlenberg, 08. 03. 2003

20030308kbg18.html

Beobachter:Alexander Pikhard et al.
e-Mail:apikhard@utanet.at
Datum:08. 03. 2003
Zeit:18.00 bis 21.15 MEZ
Ort:Kahlenberg
Instrument:12" Meade LX-200, Celeston 8, 4" Newton und andere
Bedingungen:

Durchsicht:2
Freis. vis. Grenzgröße:4.0
Aufhellung:2 Seeing:2-3
Wind:sehr stark aus NW
Temperatur:+7 °C Luftfeuchtigkeit:sehr trocken
Sonstige Bemerkungen:Nach einem sehr schönen Vormittag ziehen am Nachmittag hohe Wolken auf; gegen 15 Uhr denken wir an Absage, doch das Satellitenbild ermuntert uns zur Durchführung. Um 18 Uhr klart der Himmel wieder auf und abgesehen von ein paar dünnen Schleiern bleibt es bis ca. 21 Uhr sehr klar. Der heftige Wind läßt die +7°C leider viel kälter erscheinen.

Bericht:

Wieder einmal Sternabend; diesmal entwickelt sich der Tag umgekehrt zum Vormonat. Nachdem sich die Nebelfelder wie angekündigt gegen Mittag aufgelöst hatten, denken wir an einem strahlen schönen, fast schon frühlingshaften Tag schon an den Sternabend. Nur der heftige Wind stört. Doch am Nachmittag ziehen hohe Wolken auf, und die Tatsache, dass es in Linz und Salzburg regnet, stimmt uns nicht positiv. Das Satellitenbild zeigt aber deutlich, was los ist: Zwei sehr dünne Fronten ziehen rasch über den Osten unseres Landes hinweg. Die erste erreicht uns um 15 Uhr und es wird wirklich recht düster. Doch schon um 15.30 Uhr lacht die Sonne wieder aus den Wolken heraus. Die zweite Front kommt bald, doch bis 18 Uhr müßte auch sie durchgezogen sein. Wir pokern.


Unsere Station ist aufgebaut, die dunklen Wolken dominieren noch den Blick nach Osten.

Um 18 Uhr, wir sind schon auf dem Kahlenberg, sehen wir die Front in der Tat nach Osten abziehen, und erneut reisst die Wolkendecke auf. Die untergehende Sonne kann den Himmel sogar noch einmal malerisch einfärben.


Malerische Abenddämmerung. Meteorologisch betrachtet allerdings
kein gutes Zeichen für den nächsten Tag, doch für heute Abend reicht es.

Der Wind bläst unangenehm kalt. Haube und Handschuhe sind notwendig, obwohl das Thermometer - windgeschützt - +7°C zeigt. Der Mond kommt heraus. Man muss einen windstillen Moment abwarten, doch dann zeigt sich, dass das Seeing seht gut ist. Wind und Seeing sind eben zwei unterschiedliche Dinge.


Ein erster Blick zum Mond durch das 50mm Plössl-Okular.
Wunderschön am Terminator: Theophilus und der Altai-Bogen.

Einige Unentwegte, darunter eine Gruppe Schüler, haben dennoch den Weg auf den Kahlenberg nicht gescheut und werden mit einigen schönen Blicken durchs Fernrohr belohnt. Trotz des heftigen Windes kommt auch die WebCam zum Einsatz, viel bestaunt vor allem von den jüngeren Gästen, die die Technik rund ums Fernrohr besonders fasziniert.


Der Krater Piccolomini (Mitte rechts) mit dem Ende von Altai; diese Geländestufe,
eigentlich der Rand des Mare Nectaris, zieht sich von Piccolomini nach unten - also
nach Norden in diesem umgekehrt dargestellten Bild. Erstaunlich: Vom Nordrand von
Piccolomini führt ein verzweigtes Rillensystem in Richtung Mare Nectaris, es ist auf
keiner Mondkarte verzeichnet und in keinem Mondführer erwähnt, muss also sehr
fein sein. Ein Zeichen für sehr gutes Seeing - windstille Momente vorausgesetzt.


Die Krater Endymion (unten), Atlas (Mitte) und Hercules (Mitte links); auch hier hat
die WebCam (dank Registax) die Windpausen gut nützen können und deutlich den
Unterschied zwischen dem alten Krater Endymion (flacher Lavaboden) und den recht
jungen Kratern Atlas und Hercules (mit terrassierten Wällen) herausgeholt. Auch sehr
interessant: Die Berge am Mondrand, vor allem im unteren Bildteil. Hier erkennt man
die tatsächliche Form des Mondreliefs ohne Täuschung durch die Schatten.


Der flache Krater Posidonius direkt am Terminator hat ein interessantes Inneres mit
zahlreichen Rillen, die konzentrisch zum Mittelpunkt verlaufen und in dieser Aufnahme
auch deutlich herauskommen. Die dunkle Ebene rechts von Posidonius ist der Lacus
Somniorum (See des Schlafs). An seinem Südrand (im Bild oben) erkennt man die
deutliche Rima G. Bond (G. Bond-Rille).

Lust auf mehr bekommen? Am 13. April gibt es unser nächstes Seminar "Besser beobachten - der Mond"! Ja, und der Mond hatte in der Tat noch mehr zu bieten. Der Krater Theophilus steht am Beginn unserer Beobachtungen genau am Terminator, und nur die oberste Kante des Kraterwalls ist als hauchfeiner Ring zu erkennen. Gegen 18 Uhr taucht dann, fast schlagartig, die Spitze des höchsten Zentralbergs (Phi) im Sonnenlicht auf. Nach weiteren 15 Minuten ist schon die Spitze des zweiten Zentralbergs, Alpha, von der Sonne beleuchtet, Phi schon merklich heller. Und gegen Ende der Beobachtung sind dann alle drei Spitzen (Phi, Alpha und Psi) von der Sonne beleuchtet.


Der Krater Theophilus um 18.10 Uhr MEZ (links) und 18.27 Uhr (rechts); links neben der hellen Spitze des Zentralbergs
Phi ist auch die Spitze des Zentralbergs Alpha aufgetaucht. Auch einige andere Bergspitzen außerhalb von Theophilus sind
von der Sonne erfasst worden; es handelt sich um Hügel im Kraterwall von Cyrillus.

Die beiden markanten Nachbarkrater Cyrillus und Catharina sind um 18 Uhr noch nicht zu sehen. Um 21 Uhr verläuft der Terminator schon so weit, daß man die Umrisse der beiden Krater erkennen kann, die Kämme ihrer Wälle stehen schon im Sonnenlicht. Wir erleben den Sonnenaufgang auf dem Mond!

Als ob die Veränderungen auf dem Mond noch nicht für genug Spannung gesorgt hätten, zeigt ein Blick zum Jupiter auch ein bemerkenswertes Bild: Auf den ersten Blick glauben wir, zwei Schatten von Monden gleichzeitig zu sehen. An sich nichts wirklich außergewöhnliches, das kann schon vorkommen, daß zwei Monde gleichzeitig ihre Schatten auf Jupiter werfen.


Trotz Wind und leichter Wolken holt die WebCam auch hier erstaunliche Details heraus. Die
beiden dunklen Punkte auf Jupiter sind mehr als deutlich, und auch andere feine Strukturen in
den Bändern - und deren heute intensive Färbung! - kommen schön zum Vorschein. Was
aber sind die beiden dunklen Punkte nun wirklich?

Starry Night ist rasch zur Hand - gleich auf zwei Laptops, die ja heute schon fast zur Grundausstattung der mobilen Astronomie gehören. Das Programm zeigt die riesengrosse Überraschung: Der linke dunkle Punkt ist der Schatten eines Mondes, nämlich von Europa. Doch der größere dunkle Punkt, eigentlich muss man sagen, das größere dunkle Scheibchen, ist kein Schatten. Es ist ein Mond, nämlich Callisto!

Ja, Callisto hat eine sehr dunkle Oberfläche und ist deshalb auch der schwächste der vier Galileischen Monde. Aber so dunkel? Unglaublich! So werden wir Zeugen des Durchgangs eines Jupitermonds vor dem Planeten, der ganz und gar nicht schwierig zu beobachten ist, sondern im Gegenteil nicht zu übersehen ist.

Zwei Monde sind leicht zu sehen. Io und Ganymed. Aber wo ist Europa? Ihr Schatten fällt auf Jupiter, und Europa selbst steht auch vor dem Planeten! In ruhigen Momenten kann man den gestochen scharfen, weißen Punkt auch deutlich vor Jupiter ausmachen, und das Ende des Vorübergangs ist mehr als deutlich. Auf der obigen Aufnahme kommt Europa leider nicht so gut heraus, weil sie gerade über eine hellen Wolkenformation steht. Aber sie ist zu erkennen! Für alle, die Hilfe brauchen, hier noch einmal mit Legende:


Ein bemerkenswerter Jupitermond-Abend!

Saturn wird zwar auch reichlich bestaunt - zumal der Planet in einer sehr sternreichen Gegend steht - doch mit dem, was Mond und Jupiter heute zu bieten hatten, kann der Ringplanet nicht mithalten. Den Abschluss bilden zwei Deep Sky-Blicke zu Orionnebel und dem offenen Sternhaufen M36, dann ziehen von Westen her die nächsten Wolken auf, Otto ruft sein mittlerweile schon legendäres "Badeschluß!" und wir bauen ab.

Wir hatten wieder Wetterglück - und einen Sternenhimmel, der gezeigt hat, wie spannend Sterngucken sein kann. Schön, dass junge, angehende Sterngucker daran teilhaben konnten. Astronomie ist nicht öd, Astronomie ist in!