Beobachter: | Alexander Pikhard, Natalie Ebner, Peter Scherz, Tahir Saban und andere | ||||||||||||||||||||
e-Mail: | apikhard@utanet.at | ||||||||||||||||||||
Datum: | 22./23. 03. 2003 | ||||||||||||||||||||
Zeit: | 18.15 bis 00.30 Uhr MEZ | ||||||||||||||||||||
Ort: | Ebenwaldhöhe | ||||||||||||||||||||
Instrument: | 12" Meade LX-200,Philips ToUCam Pro | ||||||||||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: | Ein traumhaft blauer
Himmel am Nachmittag und die Aussicht auf zumindest eine halbe Nacht
bis zum Aufgang des abnehmenden Mondes machen die Entscheidung leicht:
Heute ist wieder einmal die Ebenwaldöhe dran. Die Bedingungen
gegenüber dem letzten Mal haben sich dramatisch gebessert, die
Straße ist, abgesehen von einer kurzen eisigen Stelle im letzten
Waldstück, trocken, auch der Parkplatz ist trocken und
geräumt. Abseits der Straße liegt noch etwa ein halber Meter
Schnee.![]() Aufbau in der Dämmerung; ich wundere mich, dass niemand da ist. Im Lauf der Dämmerung kommt dann noch ein Astrofotograf aus Wien und ein Beobachter aus Gänserndorf mit seiner Tochter. Ansonsten ist es ruhig; ungewöhnlich, für eine solche Nacht und einen Samstag. Ob das kalte Wetter die meisten abgeschreckt hat? Oder die Aussicht auf Wind? Es ist windstill, und so bemerken wir nicht, dass die Temperatur, anfangs -4°C, im Lauf der Nacht auf -10°C fällt. ![]() Der Große Hund über der winterlichen Ebenwaldhöhe Das erste Objekt ist Jupiter. Ein Blick durchs 50mm Okular: Hoppla, das sind zu viele! Fein nebeneinander aufgefädelt stehen - sechs Lichtpunktchen! Da haben sich wohl zwei Hintergrundsterne dazwischen geschwindelt. Ja, Jupiter steht in einer sehr sternreichen Gegend, nahe der Praesepe. Mit freiem Auge ein bemerkenswerter Anblick, als ob Jupiter einen diffusen Reflex am Himmel hätte. Im 14mm Pentax zeigt Jupiter, nachdem der Tubus einigermassen ausgekühlt ist, schöne Details. Eine deutliche weisse Einbuchtung im NEB und einige dunklen Knoten im NEB und SEB sind bemerkenswert. Ich zücke die WebCam und mache drei Videos vom Jupiter mit jeweils 1/50s Belichtungszeit. Am nächsten Tag fällt mir die Auswahl schwer, welches Bild ich veröffentlichen soll. Alle drei sind sehr gut geworden. ![]() Nächstes Objekt natürlich Saturn. Er ist von zahlreichen Monden umgeben und zeigt viele Details; die Schatten sind alle sehr deutlich, auch der C-Ring kommt heraus, blickweise sogar die Encke-Teilung. Tolles Seeing bei so einer Transparenz! Jetzt sollte ich ein größeres Instrument haben! Auch hier kommt die WebCam zum Einsatz, mit 1/25s Belichtung, da Saturn ja doch merklich schwächer ist als Jupiter. ![]() Auf dem Bild kommt ein Sturmgebiet südlich des EB, nahe dem rechten Rand, deutlich heraus! Doch jetzt, da der Himmel dunkel ist, bleibt nur mehr eines übrig: Visuelle Deep-Sky-Beobachtung. Schon bald wird klar, dass bei diesen Bedingungen die Klassiker im Vordergrund stehen; aber auch ein paar Exoten sollten heute drin sein. Es beginnt im Orion. Der große Orionnebel (M42) ist einfach eine Wucht. Scharf und deutlich abgestuft, grünlich schimmernd, füllt er das Gesichtsfeld des 40mm Pentax und es ist schwer, ihn mit Worten zu beschreiben. Da ist einmal der helle Zentralbereich um das Trapez. Dann, abgestuft, ein etwas schwächerer Bereich mit den ersten Filamenten, die bis zum Rand des Gesichtsfelds laufen. Und dann noch die Außenbereiche, mit den zweiten, schwächeren Filamenten, sie füllen den Rest des Gesichtsfelds und schließen auch M43 ein. Heute ist kein Filter notwendig! Die Milchstraße ist sehr deutlich und im Bereich Einhorn und nördlich von Sirius erkenne ich freisichtig sogar Strukturen - erstmals in der Wintermilchstraße! Ich blicke zum Kleinen Wagen und mache den Test der Aktion "Wie viele Sterne sehen wir noch?": 5mag kein Problem, 6mag ohne Anstrengung, ja, da sind die kleinen Grüppchen: 7mag! Es ist so weit - es ist eine 7mag-Nacht!!! Ich bleibe noch etwas im Orion und nehme mir den Flammennebel NGC 2024 vor. Bei indirektem Sehen sind die dunklen Filamente extrem detailreich, ich kann mich nicht erinnern, den Nebel schon einmal so detailliert gesehen zu haben, auch nicht in größeren Instrumenten. Nach einem Abstecher bei M78 wage ich es, die Bedingungen genau abzuklopfen und stelle den Pferdekopfnebel ein. Ja, es ist eine tolle Nacht: IC 434, der schwache, längliche Emissionsnebel, in den B33 eingebettet liegt, ist ohne Probleme zu erkennen, und damit kommt auch der berühnte Dunkelnebel heute so deutlich heraus wie noch nie. Schon ohne Filter erkenne ich ihn, ein UHC-Filter macht die Sache deutlicher. Die beiden kleinen Reflexionsnebel NGC 2023 und IC 435 sind sehr hell. Eine bemerkenswerte Region! Sehr hell sind auch die Reflexionsnebel um NGC 1977, in denen die charakteristischen Dunkelwolken sehr schön herauskommen. Mit dem 14mm Pentax wage ich mich dann noch zu NGC 1999 und kann die kleine dunkle Stelle in dem Reflexionsnebel gut erkennen. Leider steht Orion schon tief und geht im Lauf der Nacht unter; der Himmel wird dominiert von den Frühlingssternbildern, im Nordosten kommen sogar schon die Sommersternbilder herauf. Ich beginne mit ein paar Schwerpunkt-Beobachtungen, unterbrochen von kurzen Pausen mit heißem Tee. Südliche Objekte: Jetzt ist die Zeit, tief stehende Objekte im Bereich der Wasserschlange und Umgebung zu sehen. Ich beginne im Achterschiff, bzw. jenem Teil davon, den man bei uns gut sehen kann. Hier gibt es interessante offene Sternhaufen. M93 ist sehr dicht und konzentriert, aus schwächeren Sternen, aber ein sehr schöner Anblic (21mm Pentax). M47 hat sehr helle Sterne und ist locker, und M46 ist wegen des eingebetteten planetarischen Nebels NGC 2438 bemerkenswert. Der Nebel zeigt sich heute als deutlicher Ring, der nicht so gleichmäßig geformt ist wie der Ringnebel in der Leier, sondern an einer Stelle merklich verdickt ist. Ein wunderschönes Objekt! NGC 3242 in der Wasserschlange ist ein schöner planetarischer Nebel. Er wird "Jupiters Geist" genannt, und das zurecht; er ist oval und etwa so groß wie Jupiter, zeigt keinen Zentralstern und ist recht homogen gefüllt, ohne nennenswerte Strukturen. Ganz anders geartet ist NGC 4361 im Raben; dieser große planetarische Nebel hat einen hellen Zentralstern und zeigt eine große, ovale, diffus auslaufende Hülle. In der Nähe ein Blick zum Kugelsternhaufen M68; obwohl er sehr tief steht, ist er gut bis zur Mitte hin aufzulösen und etwas kleiner als M92. Und noch zwei Objekte in dieser Gegend sind hervorzuheben: Zum einen die Antennengalaxien NGC 4038/39; sie sind heute sehr deutlich, ihre beiden nierenförmigen Körper sind in ihrer Form deutlich zu erkennen und bei indirektem Sehen erkennt man auch einige helle Knoten in ihnen, die charakteristischen HII-Gebiete. Die Antennen selbst sind nicht zu sehen; nur blickweise glaubt man, ein schwaches Filament zu sehen, doch es kann sich auch um eine Täuschung handeln, weil ein paar Sterne an dieser Stelle stehen. Und schließlich M104, der Sombreronebel: Ein Traum! Extrem heller Kern, länglich, dünn, mit deutlichem Staubband; dieses Objekt bestaunen viele - später, aber doch sind zuerst Tahir Saban und dann noch Peter Scherz mit ein paar Freunden gekommen. Galaxien-Highlights: Auch wenn der Löwe hoch im Süden steht und Jungfrau/Berenike auch schon hoch stehen, irgenwie ist mir nicht danach, hunderte Galaxien zu jagen, ich steuere die Highlights an. Zunächst einmal NGC 2903 im Löwen. Wunderschön! Neben einem hellen Kern eine diffuse, längliche Hülle und heute sogar Andeutungen der Spiralarme. Ein besonderer Anblick ist das Trio M65, M66 und NGC 3628; sie passen auf einmal ins Feld des 40mm Pentax. M65 und M66 habe ich noch nie so hell gesehen; um ihre fast sternartigen Kerne längliche diffuse Hüllen und Ansätze von Spiralarmen. NGC 3628 ist hell und länglich. Auch hier verbringen wir einige Minuten mit Staunen; Peter ist überrascht, dass Galaxien im Fernrohr so hell werden können. M95 und M96 sind zwar auch hell, aber nicht so spektakulär, interessant ist auch die Gruppe M105, NGC 3384 (hell) und NGC 3389 (schwächer), die auch in ein Gesichtsfeld passen. Und wenn ich schon in der Gegend bin, dann möchte ich ein Objekt versuchen, auf das ich in der letzten Ausgabe von Sky&Telescope neugierig geworden bin: Die Zwerggalaxie Leo I. Ich stelle Regulus ein und bewege ihn gleich wieder aus dem Gesichtsfeld hinaus, denn er ist zu hell. Anhand der Aufnahme aus Sky&Telescope taste ich mich vorwärts, und in der Tat, da ist der matte, strukturlose Schimmer, schwierig, aber doch zu sehen, wie mir auch Tahir bestätigen kann. Besonderes Aufsehen erregt aber das berühmte "8 Galaxien-Feld" in der Markarian-Kette im Virgo-Galaxienhaufen: In einem Feld des 40mm Pentax stehen M84, NGC 4387, NGC 4388, M86, NGC 4402, NGC 4425 und die "Augen" NGC 4435 und NGC 4438. Der nächste Schwenk geht zu NGC 4565 in der Berenike; sie steht wunderschön im Feld des 21mm Pentax und reicht von einem Rand zum anderen, mit hellem Kern und Staubband, wie M104, aber etwas schwächer. Weiter nach Norden, zu NGC 4631 in den Jagdhunden. Auch sie reicht fast von einem Rand des Felds zum anderen, ist dicker als 4565, ohne hellen Kern und merklich "verbogen". Deutlich auch die kleine Galaxie NGC 4627 trotz ihrer nur 13,5mag. Etwas schwächer und kleiner ist NGC 4656, der "Hockey-Stick". Seine charakteristische Form läßt sich nur erahnen. Dafür steuere ich mit NGC 4244 ein neues Objekt an: Diese Galaxie ist die dünnste, die ich je gesehen habe. Lang, aber extrem schmal, ohne Kern oder Staubband, trotzdem sehr interessant. Es geht hinauf in den Großen Wagen, wo zunächst M51 mit der Begleitgalaxie NGC 5195 für Begeisterung sorgt: Ohne indirektem Sehen sind die Spiralarme deutlich da. Wieder stellt Peter mit Begeisterung fest, endlich einmal eine Galaxie als Spirale zu sehen. M101 ist eine Herausforderung; zunächst erkennt man nur den Kern, doch dann kommen nach und nach Strukturen heraus, die das Feld des 21mm Pentax füllen. Vor allem die Knoten in den Spiralarmen - sie haben alle eigene NGC-Nummern - sind deutlich. Noch ein Abstecher zu M108, der schönen Kantengalaxie, und zu M97, dem Eulennebel, die heute beide wirklich prächtig sind. Kugelsternhaufen: Ja, ihre Zeit ist wieder im kommen! Bei M13 (21mm, 14mm und 7,5mm Pentax) verbringen wir viel Zeit, er kommt wirklich wunderschön plastisch heraus, schimmert bläulich. M3 steht da nicht um viel nach, und auch M92 ist ein sehr schöner Anblick. Herausfordernder, aber immer noch gut aufzulösen ist M53, und M68 habe ich ja schon erwähnt. Jetzt zu den wahren Herausforderungen. Da ist einmal NGC 5053 in der Berenike, nahe bei M53. Es gelingt mir, die wenigen Sterne, die dieser große, diffuse Fleck zeigt, deutlich zu erkennen. Und NGC 2419, der intergalaktische Streuner im Luchs, ist mir einen weiten Schwenk wert; er zeigt sich als recht helle, runde, diffuse Scheibe ohne Sterne. Kein Wunder, bei dieser Entfernung. Würde dieses Objekt so nahe stehen wie M13, müßten wir nicht auf die Südhalbkugel fahren, um Omega Centauri zu sehen ... Der Mondaufgang: Es gibt eine "Monddämmerung"! Schon etwa 15 Minuten vor Mondaufgang wird es ganz leicht heller, vor allem am Osthorizont. Und etwa 5 Minuten vor dem Aufgang des Mondes leuchten einige hohe Eiscirren im Licht des Mondes. Dann geht der abnehmende Mond, mit der wunderschönen Kratergruppe Theophilus-Cyrillus-Catharina am Terminator, über dem Gipfel des Unterbergs auf. Das kann ich mir nicht entgehen lassen, und obwohl ich die Digitalkamera nur ohne Handschuhe bedienen kann - und die -10°C jetzt schmerzhaft in den Fingern spüre - halte ich diese Sequenz im Bild fest.
Man verzeihe mir Verwackler, auch der Bildmaßstab ist nicht konstant, aber ich habe meine Finger nicht mehr gespürt. Letztes Bild, rein in die Handschuhe, ein paar Fingerübungen, uff, jetzt geht es wieder. Der Vordergund dieser Aufnahme ist einige Kilometer entfernt, es ist wie gesagt der Gipfelkamm des Unterbergs, auf dem wir ja auch schon beobachtet haben. Zufrieden bauen wir ab. Es war die beste Nacht seit langem. Wäre da kein Licht rundherum, wir bräuchten kein Namibia ... |