Test am Jupiter

Wolkersdorf, 25. 3. 2003

20030325api18.html

Beobachter:Andreas und Astrid Berthold, Alexander Pikhard, Ludwig Grandy
e-Mail:apikhard@utanet.at
Datum:25. 03. 2003
Zeit:18.15 bis 21.15 Uhr MEZ
Ort:Parkplatz Fa. AstroExperts, Wolkersdorf
Instrument:12" Meade LX-200 GPS, 6" Meade ED Refraktor, Philips ToUCam Pro
Bedingungen:

Durchsicht:1 Freis. vis. Grenzgröße:4.0
Aufhellung:2 Seeing:2-3
Wind:windstill
Temperatur:+12 °C Luftfeuchtigkeit:sehr trocken
Sonstige Bemerkungen:Dunst, leichte Wolken

Bericht:

Die AstroExperts in ihrem Element ...


... und beim Aufbau


Saturn am 6" ED, 2x Barlow


Jupiter am 6" ED, 2x Barlow ...


... und am LX-200 GPS, fokal
Nachdes es bei einem ersten Anlauf letzte Woche mit dem Wetter doch nicht geklappt hatte, unternehme ich heute noch einmal einen Anlauf zu einem Test des neuen 12" Meade LX-200 GPS, zu dem mich Ludwig Grandy von den AstroExperts eingeladen hatte.

Ich dürfte berufen sein, denn ich bin langjähriger Besitzer (und intensiver Benützer) eines klassischen Meade 12" LX-200.

Gleich eines vorab:

Das ist kein vollständiger Testbericht!

Für einen vollständigen Test eines Instruments sind mehr als ein paar Stunden notwendig, will man nicht die gerade herrschenden Bedingungen (und die sind an diesem Abend auch nicht so optimal) und die Leistung des Instruments in einen Topf werfen. Also möchte ich über die optische Leistung eigentlich gar nichts sagen, sondern primär das Handling des Instruments mit dem "Classic" vergleichen; und hier vor allem aus Sicht der primär von mit angewendeten WebCam-Technik. Auch hier fühle ich mich nach den Resultaten der letzten Zeit sehr berufen.

Nebenbei teste ich noch an einem 6" ED-Refraktor, ein schönes Stück, doch dazu später.

Das 12" LX-200 GPS ähnelt dem Classic äußerlich schon, wenngleich die Gabel sogar etwas zierlicher wirkt. Dafür ist das Instrument (noch) etwas schwerer und durch das "stromlinienförmige" Design des Frontpanels auch nicht mehr so leicht mit Bauchunterstützung zu tragen.

Auffällig ist die tiefviolette neue, hochtransparente Vergütung, der andere Tests schon ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt haben. Das Stativ und seine Aufstellung können als bekannt eingestuft werden, hier hat sich (leider) nichts verändert.

Wir schalten das "jungfräuliche" Gerät ein, und es beginnt ein gespenstisches Schauspiel. Autostar II verbringt zuerst einige Zeit damit, die nötige Anzahl an GPS Satelliten anzupeilen. Unsere Angst: Ist das GPS-System wegen des Golfkriegs ungenau oder gar abgeschaltet? Mein Handempfänger bestätigt: 5m, volle Genauigkeit. Beim ersten Initialisieren vergehen mehrere Minuten, wie bei meinem Handempfänger, bis Autostar bemerkt, dass sich die Position deutlich verändert hat (gegenüber dem Werk offenbar). That's GPS, das muss man so nehmen, passiert ohnedies nur, wenn man das Instrument mehrere hundert Kilometer weit von der letzten Positon wegbewegt.

Dann wird es noch spannender. Die Motoren beginnen zu surren. Das Instrument orientiert sich. Sucht die Nordrichtung. Verneigt sich dreimal (es sucht die Waagrechte). Dreht sich um 90° - und blickt mir in die Augen; wenn auf dem Display des Autostar jetzt mein Name auftaucht, renn' ich davon! Aber nein, das Instrument verneigt sich wieder dreimal, sucht die Waagrechte. Es bestimmt "Tip" und "Tilt" der Aufstellung - Piloten und Kapitäne kennen das.

Dann tut sich was. Autostar meldet, dass er sich auf dem Weg zur Capella befindet. Ein Beep, das Instrument steht und zeigt eine Meldung, die ich auch vom Classic kenne: "Center Capella, then press ENTER". Was? Ich muss was tun? Wozu dann GPS? Das Rohr zeigt an eine Stelle etwa 1° neben Capella, also muss man wirklich einstellen. ENTER.

So genau ist's offenbar doch nicht. Das Rohr surrt - leiser als das Classic - und meldet als nächsten Stern Alkaid. Alkaid? Ach so, der andere Name für Benetnash, den Stern an der Spitz der Deichsel des Grossen Wagen. Wer wissen will, was Alkaid oder Benetnash heisst, muss Hatice Skarits fragen. Alkaid: Fehlanzeige, da ist das Haus im weg! Was jetzt? Ach ja, Cursortaste nach unten, zum nächsten Stern. Surr, es geht zu Alioth (oh diese Sternnamen; Alioth, Epsilon Ursae Maioris, ist der hellste Deichselstern. Von wegen, der Computer nimmt einem die Denkarbeit ab). Beep.

Da ist ein Stern im Gesichtsfeld. Und noch einer. Seltsam. Ludwig läßt mich kontrollieren. He, das ist Alcor, nicht Alioth! Sollte ein Idiot (bei Meade) den Alioth (mit dem Alcor) verwechselt haben (Wortspiel)? Wir nehmen das an (also ehrlich, die Amis müssen was für ihr Image tun ...) und zentrieren Alcor. "Alignment successful!" meldet Autostat. Na bitte, die haben wirklich die Sterne verwechselt, sonst hätte es ja einen Fehler gegeben.

Jetzt verwende ich Autostar II so, wie man ihm tagtäglich verwendet. Zum Einstellen. Einige deutliche Verbesserung: Die Tasten lassen sich fühlen; sprechen aber leichter an, was zu Fehlbedienungen führen kann. Das wichtigste aber: Viel, viel mehr Objekte als beim Classic. Die Sterne mit extrasolaren Planeten brauch ich vielleicht nicht, aber die Doppelsterne und die Veränderlichen sind schon ein Hit; übertroffen nur von den Erdsatelliten ... und von den benutzerdefinierten Koordinaten!!!

Auch der Unsinn mit "STAR 905" beim Jupiter hat ein Ende; man wählt im Menü "Solar System" und rollt bis "Jupiter", ENTER, GOTO wie gehabt. Surr. Beep.

Also bitte. Knapp vorbei ist auch daneben. Aber das ist nicht knapp. Das sind 5 Grad!!!!!! Autsch. Doch Alioth statt Alcor? Wir probieren ein klassisches Alignment ohne GPS, das gleiche in - igendeiner Farbe, jedenfalls genauso daneben. Noch einmal die ganze GPS Prozedur. Keine Verbesserung. Haben die Amis doch am GPS gedreht? Nein, klassisch geht's ja auch nicht. Ein Defekt? Zurück ins Werk? Uff ...

Ludwig hat eine dicke Mappe mit Informationen zu Autostar II aus dem Internet ausgedruckt. Quintessenz: Wenn's nicht funktioniert, müssen die Drives (Getriebe) trainiert werden. Nicht mit Hanteln, sondern indem man Autostar die Charakteristik der Getriebestufen (Totgänge usw.) lehrt. Wie man das macht? Recht kompliziert, würde den Rahmen hier sprengen, es läuft darauf hinaus, in einer höchst präzisen Zielübung den Polarstern von der richtigen Richtung aus anzusteuern und genau zu treffen. Dabei lernt Autostar auch die Mißweisung des eingebauten Magnetkompaß. Und kaum macht man's richtig, funktioniert's auch schon und selbst mit einem 8,8mm UWA-Okular sind die Objekte im Gesichtsfeld. Autostar II, die große Wissenschaft. Also ehrlich, ein blutiger Anfänger schafft das ohne Einschulung, nur mit der englischen Dokumentation nicht - hier ist viel Raum für Dienstleistungen!

Das Seeing ist leider nicht so toll, dennoch montiere ich die WebCam, um ein paar Sequenzen vom Jupiter aufzunehmen. Und hier kommt das wirklich große Plus des neuen LX-200 voll zum tragen: Der motorgesteuerte Mikrofokussierer! Man stellt zunächst mit dem Hauptspiegel ungefähr scharf. Dabei fällt mir auf, dass der Planet sogar auf der winzigen Chipfläche der WebCam bleibt. Kaum ein Spiegelshifting, wie bei den meisten fabriksneuen SCTs.

Und dann mit dem Handset: Focus, drei Geschwindigkeiten wählbar. Schnell, damit findet man rasch einen ungefähren Fokus. Mittel, um es noch zu verbessern. Die langsame Stufe bringt nur mehr etwas bei CCD-Kameras mit Hartmannblende oder der Messerschneidenmethode bei der klassischen Fotografie. Fokussieren, ein Traum! Schade, dass das Seeing nicht mitspielt. Die Aufnahmen, die ich fokal mache, sind ganz passabel (siehe oben), trotz recht schlechter Bedingungen. Die Aufnahmen mit der 2x Barlow-Linse veröffentlich ich nicht. Sie zeigen leider nicht mehr Details als die fokal gewonnenen.

Fazit des - zugegeben sehr oberflächlichen - Tests am 12" LX200 GPS: Fotografen werden es lieben, denn hier ist Fokussieren das um und auf. Der Mikrofokussierer funktioniert butterweich und hat trotzdem einen beachtlichen Weg. Die Hauptspiegelarretierung habe ich nicht gebraucht, aber die ist unerläßlich für Langzeitbelichtungen, da sie verhindert, dass der Spiegel während der Belichtung kippt.

Autostar ist gegenüber der Steuerung des Classic deutlich verbessert. Viel mehr Objekte, besseres Handling. Bessere Lesbarkeit durch rote Schrift auf dunklem Hintergrund, bei Kälte sind die oft laufenden Texte verwischt, da die LCDs träge werden, dann muss man die Rollgeschwindigkeit der Texte langsamer stellen.

GPS ist eine Spielerei und ersetzt nicht das Justieren der Aufstellung an zwei Sternen. Schade, da habe ich mir mehr erwartet. Mit 5m Positionsgenautigkeit und mehr als sekundengenauer Uhr lassen sich Azimut und Höhe eines Gestirns auf Bogensekunden genau berechnen ...


LX200 sucht Satelliten ...

Ich teste auch noch den 6" ED-Refraktor, ein schönes Teil. Mit einer 2x-Barlow werden die Bilder von Jupiter (und Saturn) fast so groß wie am LX-200 (2 x 1200mm = 2400mm), ruhiger, da 6" wesentlich weniger anfälliger sind für das Seeing als 12", aber auch merklich schwächer (4 x weniger Licht); daher dunkler. Saturn liegt an der Empfindlichkeitsgrenze der WebCam, das Bild ist daher schon ziemlich verrauscht. Man muss halt wesentlich längere Videos machen, mehr Bilder mitteln, und da braucht man dann auch wieder gutes Seeing. Die Montierung ist etwas unterdimensioniert, schwingt beim Fokussieren, aber ich habe schon eine sehr ruhige, erprobte Hand für so etwas und schaffe es trotzdem.

Interessant, erprobte Techniken einmal nicht mit dem eigenen Instrument nachzuvollziehen. Wieder viel gelernt ...

Danke an die beiden AstroExperts Andreas Berthold und Ludwig Grandy für die Gelegenheit zu diesem Test.

Übrigens: Auf Jupiter gab's einen herrlichen Schattenvorübergang von Ganymed, wie die meisten sicher schon an den Bildern bemerkt haben!