Bericht: |

Die AstroExperts in ihrem Element ...

... und beim Aufbau

Saturn am 6" ED, 2x Barlow

Jupiter am 6" ED, 2x Barlow ...

... und am LX-200 GPS, fokal
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Nachdes es bei einem
ersten Anlauf letzte Woche mit dem Wetter doch nicht geklappt hatte,
unternehme ich heute noch einmal einen Anlauf zu einem Test des neuen
12" Meade LX-200 GPS, zu dem mich Ludwig Grandy von den AstroExperts
eingeladen hatte.
Ich dürfte berufen sein, denn ich bin langjähriger Besitzer
(und intensiver Benützer) eines klassischen Meade 12" LX-200.
Gleich eines vorab:
Das ist kein vollständiger Testbericht!
Für einen vollständigen Test eines Instruments sind mehr als
ein paar Stunden notwendig, will man nicht die gerade herrschenden
Bedingungen (und die sind an diesem Abend auch nicht so optimal) und
die Leistung des Instruments in einen Topf werfen. Also möchte ich
über die optische Leistung eigentlich gar nichts sagen, sondern
primär das Handling des Instruments mit dem "Classic" vergleichen;
und hier vor allem aus Sicht der primär von mit angewendeten
WebCam-Technik. Auch hier fühle ich mich nach den Resultaten der
letzten Zeit sehr berufen.
Nebenbei teste ich noch an einem 6" ED-Refraktor, ein schönes Stück, doch dazu später.
Das 12" LX-200 GPS ähnelt dem Classic äußerlich schon,
wenngleich die Gabel sogar etwas zierlicher wirkt. Dafür ist das
Instrument (noch) etwas schwerer und durch das
"stromlinienförmige" Design des Frontpanels auch nicht mehr so
leicht mit Bauchunterstützung zu tragen.
Auffällig ist die tiefviolette neue, hochtransparente
Vergütung, der andere Tests schon ein hervorragendes Zeugnis
ausgestellt haben. Das Stativ und seine Aufstellung können als
bekannt eingestuft werden, hier hat sich (leider) nichts verändert.
Wir schalten das "jungfräuliche" Gerät ein, und es beginnt
ein gespenstisches Schauspiel. Autostar II verbringt zuerst einige Zeit
damit, die nötige Anzahl an GPS Satelliten anzupeilen. Unsere
Angst: Ist das GPS-System wegen des Golfkriegs ungenau oder gar
abgeschaltet? Mein Handempfänger bestätigt: 5m, volle
Genauigkeit. Beim ersten Initialisieren vergehen mehrere Minuten, wie
bei meinem Handempfänger, bis Autostar bemerkt, dass sich die
Position deutlich verändert hat (gegenüber dem Werk
offenbar). That's GPS, das muss man so nehmen, passiert ohnedies nur,
wenn man das Instrument mehrere hundert Kilometer weit von der letzten
Positon wegbewegt.
Dann wird es noch spannender. Die Motoren beginnen zu surren. Das
Instrument orientiert sich. Sucht die Nordrichtung. Verneigt sich
dreimal (es sucht die Waagrechte). Dreht sich um 90° - und blickt
mir in die Augen; wenn auf dem Display des Autostar jetzt mein Name
auftaucht, renn' ich davon! Aber nein, das Instrument verneigt sich
wieder dreimal, sucht die Waagrechte. Es bestimmt "Tip" und "Tilt" der
Aufstellung - Piloten und Kapitäne kennen das.
Dann tut sich was. Autostar meldet, dass er sich auf dem Weg zur
Capella befindet. Ein Beep, das Instrument steht und zeigt eine
Meldung, die ich auch vom Classic kenne: "Center Capella, then press
ENTER". Was? Ich muss was tun? Wozu dann GPS? Das Rohr zeigt an eine
Stelle etwa 1° neben Capella, also muss man wirklich einstellen.
ENTER.
So genau ist's offenbar doch nicht. Das Rohr surrt - leiser als das
Classic - und meldet als nächsten Stern Alkaid. Alkaid? Ach so,
der andere Name für Benetnash, den Stern an der Spitz der Deichsel
des Grossen Wagen. Wer wissen will, was Alkaid oder Benetnash heisst,
muss Hatice Skarits fragen. Alkaid: Fehlanzeige, da ist das Haus im
weg! Was jetzt? Ach ja, Cursortaste nach unten, zum nächsten
Stern. Surr, es geht zu Alioth (oh diese Sternnamen; Alioth, Epsilon
Ursae Maioris, ist der hellste Deichselstern. Von wegen, der Computer
nimmt einem die Denkarbeit ab). Beep.
Da ist ein Stern im Gesichtsfeld. Und noch einer. Seltsam. Ludwig läßt mich kontrollieren. He, das ist Alcor, nicht Alioth!
Sollte ein Idiot (bei Meade) den Alioth (mit dem Alcor) verwechselt
haben (Wortspiel)? Wir nehmen das an (also ehrlich, die Amis
müssen was für ihr Image tun ...) und zentrieren Alcor.
"Alignment successful!" meldet Autostat. Na bitte, die haben wirklich
die Sterne verwechselt, sonst hätte es ja einen Fehler gegeben.
Jetzt verwende ich Autostar II so, wie man ihm tagtäglich
verwendet. Zum Einstellen. Einige deutliche Verbesserung: Die Tasten
lassen sich fühlen; sprechen aber leichter an, was zu
Fehlbedienungen führen kann. Das wichtigste aber: Viel, viel mehr
Objekte als beim Classic. Die Sterne mit extrasolaren Planeten brauch
ich vielleicht nicht, aber die Doppelsterne und die Veränderlichen
sind schon ein Hit; übertroffen nur von den Erdsatelliten ... und
von den benutzerdefinierten Koordinaten!!!
Auch der Unsinn mit "STAR 905" beim Jupiter hat ein Ende; man
wählt im Menü "Solar System" und rollt bis "Jupiter", ENTER,
GOTO wie gehabt. Surr. Beep.
Also bitte. Knapp vorbei ist auch daneben. Aber das ist nicht knapp.
Das sind 5 Grad!!!!!! Autsch. Doch Alioth statt Alcor? Wir probieren
ein klassisches Alignment ohne GPS, das gleiche in - igendeiner Farbe,
jedenfalls genauso daneben. Noch einmal die ganze GPS Prozedur. Keine
Verbesserung. Haben die Amis doch am GPS gedreht? Nein, klassisch
geht's ja auch nicht. Ein Defekt? Zurück ins Werk? Uff ...
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Ludwig hat eine dicke Mappe mit Informationen zu Autostar II aus dem
Internet ausgedruckt. Quintessenz: Wenn's nicht funktioniert,
müssen die Drives (Getriebe) trainiert werden. Nicht mit Hanteln,
sondern indem man Autostar die Charakteristik der Getriebestufen
(Totgänge usw.) lehrt. Wie man das macht? Recht kompliziert,
würde den Rahmen hier sprengen, es läuft darauf hinaus, in
einer höchst präzisen Zielübung den Polarstern von der
richtigen Richtung aus anzusteuern und genau zu treffen. Dabei lernt
Autostar auch die Mißweisung des eingebauten Magnetkompaß.
Und kaum macht man's richtig, funktioniert's auch schon und selbst mit
einem 8,8mm UWA-Okular sind die Objekte im Gesichtsfeld. Autostar II,
die große Wissenschaft. Also ehrlich, ein blutiger Anfänger
schafft das ohne Einschulung, nur mit der englischen Dokumentation
nicht - hier ist viel Raum für Dienstleistungen!
Das Seeing ist leider nicht so toll, dennoch montiere ich die WebCam,
um ein paar Sequenzen vom Jupiter aufzunehmen. Und hier kommt das
wirklich große Plus des neuen LX-200 voll zum tragen: Der
motorgesteuerte Mikrofokussierer! Man stellt zunächst mit dem
Hauptspiegel ungefähr scharf. Dabei fällt mir auf, dass der
Planet sogar auf der winzigen Chipfläche der WebCam bleibt. Kaum
ein Spiegelshifting, wie bei den meisten fabriksneuen SCTs.
Und dann mit dem Handset: Focus, drei Geschwindigkeiten wählbar.
Schnell, damit findet man rasch einen ungefähren Fokus. Mittel, um
es noch zu verbessern. Die langsame Stufe bringt nur mehr etwas bei
CCD-Kameras mit Hartmannblende oder der Messerschneidenmethode bei der
klassischen Fotografie. Fokussieren, ein Traum! Schade, dass das Seeing
nicht mitspielt. Die Aufnahmen, die ich fokal mache, sind ganz passabel
(siehe oben), trotz recht schlechter Bedingungen. Die Aufnahmen mit der
2x Barlow-Linse veröffentlich ich nicht. Sie zeigen leider nicht
mehr Details als die fokal gewonnenen.
Fazit
des - zugegeben sehr oberflächlichen - Tests am 12" LX200 GPS:
Fotografen werden es lieben, denn hier ist Fokussieren das um und auf.
Der Mikrofokussierer funktioniert butterweich und hat trotzdem einen
beachtlichen Weg. Die Hauptspiegelarretierung habe ich nicht gebraucht,
aber die ist unerläßlich für Langzeitbelichtungen, da
sie verhindert, dass der Spiegel während der Belichtung kippt.
Autostar ist gegenüber der
Steuerung des Classic deutlich verbessert. Viel mehr Objekte, besseres
Handling. Bessere Lesbarkeit durch rote Schrift auf dunklem
Hintergrund, bei Kälte sind die oft laufenden Texte verwischt, da
die LCDs träge werden, dann muss man die Rollgeschwindigkeit der
Texte langsamer stellen.
GPS ist eine Spielerei und
ersetzt nicht das Justieren der Aufstellung an zwei Sternen. Schade, da
habe ich mir mehr erwartet. Mit 5m Positionsgenautigkeit und mehr als
sekundengenauer Uhr lassen sich Azimut und Höhe eines Gestirns auf
Bogensekunden genau berechnen ...

LX200 sucht Satelliten ...
Ich teste auch noch den 6" ED-Refraktor, ein schönes Teil. Mit
einer 2x-Barlow werden die Bilder von Jupiter (und Saturn) fast so
groß wie am LX-200 (2 x 1200mm = 2400mm), ruhiger, da 6"
wesentlich weniger anfälliger sind für das Seeing als 12",
aber auch merklich schwächer (4 x weniger Licht); daher dunkler.
Saturn liegt an der Empfindlichkeitsgrenze der WebCam, das Bild ist
daher schon ziemlich verrauscht. Man muss halt wesentlich längere
Videos machen, mehr Bilder mitteln, und da braucht man dann auch wieder
gutes Seeing. Die Montierung ist etwas unterdimensioniert, schwingt
beim Fokussieren, aber ich habe schon eine sehr ruhige, erprobte Hand
für so etwas und schaffe es trotzdem.
Interessant, erprobte Techniken einmal nicht mit dem eigenen Instrument nachzuvollziehen. Wieder viel gelernt ...
Danke an die beiden AstroExperts Andreas Berthold und Ludwig Grandy für die Gelegenheit zu diesem Test.
Übrigens: Auf Jupiter gab's einen herrlichen
Schattenvorübergang von Ganymed, wie die meisten sicher schon an
den Bildern bemerkt haben!
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