Towards Other Earths - DARWIN/TPF and the Search for Extrasolar Terrestrial Planets

22. - 25. April 2003

Schon seit langem hatte ich den Wunsch, einmal eine Tagung von Profi-Astronomen zu besuchen. Da dieses Schuljahr für mich ein Freijahr ist, nahm ich die Gelegenheit wahr und meldete mich als Teilnehmer zu der Tagung "Towards Other Earths – Darwin/TPF and the Search for Extrasolar Terrestrial Planets" (22. – 25. April 2003) an.

Die Tagung wurde vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg organisiert und fand in der gerade 100 Jahre alten Stadthalle Heidelberg statt. Anmeldung sowie die Buchung der Ausflüge im Rahmen des "Social Programs" und des Hotels erledigte ich über das Internet. Und dann hieß es warten auf den 21. April, den Tag meiner Abreise aus Wien.

Nach meiner Ankunft (ich reiste mit der Bahn) machte ich einen ersten Ausflug in die Stadt. Nach 25 Minuten Fußmarsch musste ich feststellen, dass die Tagungshalle leider doch zu weit von meinem Hotel entfernt war, um den Weg jedes Mal zu Fuß zurückzulegen. Dafür gelangen mir gleich einige hübsche Bilder der Stadthalle im Sonnenlicht.

Kurz vor Sonnenuntergang fuhr ich (diesmal mit dem Bus) noch einmal zur Altstadt, um den "Postkartenblick" von Heidelberg im Bild festzuhalten. Das Schloss (oder besser gesagt, die Schlossruine) liegt malerisch oberhalb der Altstadt auf einer Terrasse des Königstuhl. Auf dem Gipfel dieses Berges liegt das Max Planck Institut und die Sternwarte.

Am nächsten Tag erreichte ich kurz nach 8.00 Uhr die Tagungshalle. Die Registrierung hatte gerade begonnen. Ich bekam die Tagungsunterlagen, dazu einen blauen Rucksack mit Aufdruck der Tagung. Dann erkundete ich die Räumlichkeiten. Die Tagungshalle selbst ist eine große Mehrzweckhalle im Stil der Jahrhundertwende (19./20. Jhd!). Ein sehr würdiger Rahmen für Veranstaltungen. In den Nebenräumen gab es einen Internetraum (wo ich gleich meine Mails durchlas) und im ersten Stock ein Buffet, sowie auf dem Balkon und in einem weiteren Raum die Tafeln für die angemeldeten Poster der Wissenschaftler und Institute.

Im Parterre traf ich bald darauf Günther Wuchterl (Max Planck Institut für extraterrestrische Physik in Garching und Verein Kuffner Sternwarte in Wien), den ich von meiner astronomischen Anfangszeit auf der Kuffner Sternwarte her gut kenne. Er nahm mich unter seine Fittiche, zeigte mir wichtige Leute, stellte mich vielen Leuten vor und bezog mich immer wieder in seine Gespräche mit anderen ein. Ein ganz dickes Dankeschön für diese nette Betreuung!

Gleich der erste Vormittag brachte mehrere Höhepunkte. Nach dem Einleitungsreferat von Thomas Henning (MPIA Heidelberg) berichtete Michel Mayor über die neuesten statistischen Erkenntnisse über Exo-Planeten. Gemeinsam mit Didier Queloz war Michel Mayor der Entdecker des ersten extrasolaren Planeten um einen sonnenähnlichen Stern, 51 Pegasi. Seit der Bekanntgabe dieser Entdeckung habe ich die Entwicklung der Suche nach extrasolaren Planeten mit großem Interesse verfolgt. Michel Mayor war für mich seit Jahren ein Begriff - ihn nun persönlich kennen zu lernen, war ein besonderes Erlebnis.

Als letzte Referentin vor der Mittagspause sprach Jill Tarter vom SETI Institut über die Suche nach Zeichen von außerirdischem Leben. Erst einen Tag später (man verzeihe mir meine lange Leitung) wurde mir klar, dass sie das Vorbild für die Hauptperson in Carl Sagans Roman "Contact" ist. Sozusagen die "echte" Jody Foster aus dem gleichnamigen Film. Am Abend hielt Jill Tarter einen öffentlichen Vortrag, der gut besucht war. Gekonnt hatte sie die beiden Vorträge dem jeweiligen Zielpublikum – am Vormittag Kollegen aus der Wissenschaft, am Abend interessierte Laien - angepasst. Sie erklärte unter anderem, dass der Film "Contact" im Gegensatz zu vielen anderen Produktionen aus Hollywood die Suche nach außerirdischen Signalen recht realistisch darstellt. – Bis auf drei Kleinigkeiten: Radioastronomen tragen keine Kopfhörer! Es werden viel zu viele Signale aufgezeichnet, um sie einfach abhören zu können. Des weiteren unterlief den Drehbuchschreibern ein mathematischer Fehler in einem Satz von Jody Foster. Der Fehler konnte aber nicht mehr herausgestrichen werden, weil unmittelbar danach die erste Kussszene folgt. Und zuletzt: ein besonderes "No, No!" ist die Verwendung von Sprechfunkgeräten oder Handys im Bereich von Radioteleskopen. Es kommt der Verwendung eines Suchscheinwerfers auf einem Teleskoptreffen gleich! Aber auch hier musste die Realität dem Drehbuch nachgeben.

Vor Jill Tarters Abendvortrag konnten wir an einem geführten Rundgang durch Altstadt und Schloss teilnehmen. Während dieser Stadtführung plauderte ich mit Randii Wessen vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena. Er arbeitet zur Zeit im Rahmen des Origins Programms. Begonnen hat er aber am JPL bei den Voyager Missionen, als die Sonden gerade an Saturn vorbei flogen. Der Stadtrundgang war für mich eine gelungene Mischung aus der Geschichte Heidelbergs und Geschichten vom JPL.
Das Heidelberger Schloss, oder was davon nach mehreren Bränden im 17. und 18. Jhd. übrig blieb, ist tatsächlich sehenswert. Im Schlosshof befinden sich die wohl schönsten Renaissance-Fassaden nördlich der Alpen. Ein stimmungsvoller Rahmen für Konzerte und andere Veranstaltungen. Von der Vorderseite des Schlosses bietet sich ein herrlicher Blick über Heidelberg und den Neckar. Hinter dem Schloss erstreckt sich auf mehreren Terrassen der herrliche Schlossgarten, den ich am letzen Tag in der Mittagspause besuchte.

Auch die weiteren Tage waren sehr abwechslungsreich und gespickt mit interessanten Vorträgen. Bei vielen Vorträgen machte ich Notizen, andere genoss ich einfach so. Manchmal war mir das Thema doch zu hoch, einige Referate ließ ich aus, um noch ein bisschen in Heidelberg herumzugehen. Das Programm war so dicht, dass wohl kaum jemand alles anhören konnte. Herausheben möchte ich den ausgezeichneten Vortrag der Österreicherin Pascale Ehrenfreund (Observatorium Leiden) über den Ursprung des Lebens und die Theorien, die man darüber hat.

Am Mittwoch Vormittag fand in der verlängerten Kaffeepause die sogenannte "Postersession" statt. Dafür war in ersten Stock die Galerie und ein weiterer Raum vorbereitet. Neben den Vorträgen sind die Poster (Plakate im A1 Format) auf astronomischen Tagungen eine wichtige Informationsquelle. Viele Wissenschaftler, Teams oder Institutionen zeigen hier auf einem Blatt zusammengefasst den derzeitigen Stand ihrer Forschungen her. Man geht also mit oder ohne Kaffee an den Postern entlang, bleibt stehen, wo man ein interessantes Thema findet. Meist standen auch die Autoren der Poster in der Nähe, um Fragen zu beantworten und es ergaben sich angeregte Fachdiskussionen.
Vier Österreichische Astronomen und Astronominnen präsentierten hier ihre Poster: Elke Pilat-Lohinger vom Institut für Astronomie in Wien (On the dynamical stability of planets in double stars), Günther Wuchterl (Planets vs. brown dwarfs - the first 100 million years), Helmut Lammer vom Grazer Space Research Institute (Migrating Neptune-class bodies as a source of large terrestrial planets) und Lisa Kaltenegger mit zwei Postern (DARWIN: Concepts and requirements of a nulling space interferometer / GENIE observations of dust disks around young stellar objects). Lisa Kaltenegger ist eine junge Wissenschaftlerin aus Salzburg, die zur Zeit bei ESA/ESTEC in Holland arbeitet.

Insgesamt konnte man die Vorträge und Poster in zwei Gruppen teilen: Einerseits gab es zahlreiche Beiträge aus der Forschung um extrasolare Planeten und Leben im All. Andererseits geplante Missionen zur Planetensuche vorgestellt: DARWIN, Eddington, GENIE, Corot (ESA, bzw. Europa) sowie TPF, SIM, Kepler, JWST (NASA). Einige Vorträge beschäftigten sich mit geplanten Instrumenten für Missionen im All oder für Großteleskope auf der Erde. Dabei wurde auch auf humorvolle Weise der Unterschied zwischen den einzelnen Entwicklungsphasen solcher Missionen erklärt: In der Pre-Phase A ist zunächst alles möglich, die Wissenschaftler formulieren ihre Wünsche und Pläne und alle träumen von einem fantastischen Instrument im All. Doch dann kommt Pre-Phase B, in der die Techniker erklären, dass das alles so nicht zu verwirklichen ist.

Am Mittwoch Abend sah das "Social Program" einen Empfang am MPIA auf dem Königstuhl vor. Gemeinsam mit Elke Pilat-Lohinger, der einzigen Vertreterin des Instituts für Astronomie in Wien, bestieg ich einen der Vier Busse, die bereit standen, die Tagungsteilnehmer auf den Berg zu fahren. Elke arbeitet an Berechnungen der Stabilität von Planetenbahnen in extrasolaren Systemen. Ich besuche in diesem Semester als Gasthörer ihre Vorlesung.

Nach einem etwas verunglückten Gruppenfoto (keiner merkte, wann fotografiert wurde) und einer gnädig–kurzen Ansprache ging es zum Buffet. Zuerst plauderte ich eine Weile mit Elke, dann ergaben sich zwanglose Gespräche mit anderen Leuten. Jeder lief mit seinem Tagungs-"Türschild" herum, sodass man gleich sehen konnte, mit wem man das Vergnügen hatte und woher die Leute kamen. Sehr viele Teilnehmer – besonders hier beim Buffet – kamen vom JPL in Pasadena. Nun, ja, dieses Institut entwickelt ja unter anderem den TPF (Terrestrial Planet Finder). Besonders interessant war das Gespräche mit James Breckinridge, NASA Origins Chief Technologist. Er zeigte sich sehr interessiert an der Öffentlichkeitsarbeit, die wir in Wien machen, vor allem an der Jugendarbeit, und er ermutigte mich, hier verstärkt weiterzuarbeiten. Wie ich später herausfand wird er am 6. August in San Diego mit einem Preis für seine herausragende Arbeit im Bereich der Verbesserung der optischen Technologie (Interferometer, korrektive Optik für das HST) ausgezeichnet. Längere Zeit plauderte ich auch mit einem sehr netten indischen Ehepaar. Mr. Velusamy arbeitet auch am JPL, seine Frau ist wie ich Lehrerin. Da gab es einige Anknüpfungspunkte.

Donnerstag Nachmittag stand für die Tagungsteilnehmer ein Ausflugsboot bereit. Durch zwei Schleusen ging es den Neckar stromaufwärts bis zu einem Ort mit vier Burgen. (Die Wachau würde vor Neid erblassen.) Das Neckartal ist lieblich, und an einem so schönen Frühlingstag wie diesem war es ein besonderes Vergnügen, die Landschaft an sich vorüber ziehen zu lassen.

Mit all den Aktivitäten gingen die vier Tage viel zu schnell vorbei. Am Freitag ergab sich in  der letzten Kaffeepause noch ein interessantes Gespräch mit Helmut Lammer (Space Research Institute, Graz). Er untersucht die Theorie, ob es erdähnliche Planeten, ganz mit Wasser bedeckt, in der Größe von Uranus oder Neptun geben kann. So wie er und Alain Léger in seinem Vortrag es erklärten, eine recht plausible Theorie. Schon früher machte sich Helmut Lammer mit seiner Arbeit über die Ursache der Häufigkeit von Stickstoffisotopen in der Atmosphäre des Saturnmondes Titan einen Namen. In dem Buch "Lifting Titan's Veil" von Ralph Lorenz und Jacqueline Mitton wird seine Arbeit erwähnt.

Eine Überraschung gab es für mich noch: Mr Velusamy schenkte mir sein Poster. (Single and double Bracewell nulling interferometer in space). Da das Ehepaar noch einige Tage in Europa herumreiste, wollten sie die sperrige Rolle nicht mitnehmen. Ich werde damit in der Schule eine Physikkollegin beglücken.

Nach einer recht launigen Zusammenfassung der Konferenz durch Harold Yorke vom JPL war die Tagung zu Ende. Es war ein Ausblick in die nahe Zukunft der Suche nach extrasolaren Planeten und Leben im All. In den nächsten 10 bis 20 Jahren sollte es auf diesem Gebiet enorme Fortschritte geben – die Beiträge der Tagung haben das ganz klar gezeigt. Auch wenn nicht alle Missionen in der heute geplanten Form durchgeführt werden können, wird die Zukunft spannende Erkenntnisse und Entdeckungen für uns bereit halten. Ich kann mich den Worten von Thomas Henning bei seinem Einleitungsreferat nur anschließen. It's a great time to be alive!

Anneliese Haika