Beobachtungsabend und gegenseitige Jupitermondverfinsterung

Payerbach/NÖ, 27. 04. 2003

20030427wvo20.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
 
e-Mail:vollmann@gmx.at
 
Datum:27. 04. 2003
 
Zeit:20.00 bis 23.30 MESZ
 
Ort:Payerbach/NÖ
 
Instrument:Newton 45/204cm
 
Bedingungen:

Durchsicht:1 Freis. vis. Grenzgröße:6.5
Aufhellung:2 Seeing:3
Wind:leicht aus keine Angabe  
Temperatur:10 °C Luftfeuchtigkeit:
Sonstige Bemerkungen:


 
Bericht:

Heute Abend gibt es wieder eine gut sichtbare gegenseitige Jupitermondverfinsterung: Mond 2 (Europa) verfinstert 1 (Io) ringförmig. Um 20h00 MESZ ist es nach regnerischem Tag klar geworden und ich schaue mit dem 80/880mm Refraktor zu Jupiter: auch bei 146x ist das Bild recht ruhig. Bei dieser Vergrößerung ist auch der Durchgang des Mondes 4 deutlich sichtbar: Kallisto erscheint als kleines dunkelgraues Scheibchen, fast ähnlich einem Mondschatten, in der hellen Äquatorzone Jupiters. Da die Luft ruhig ist beschliesse ich, den Dobson 457/2040mm aufzubauen und die Verfinsterung damit zu beobachten. Ich hoffe den Kernschatten von Europa auf Io sehen zu können und werde diesmal keine Helligkeitsschätzungen machen wie sonst. Der Dobson ist in 10 Minuten aufgebaut und ich verbringe noch weitere 10 Minuten, ihn mit dem Justierlaser genau zu justieren.

Um 20h30m MESZ bin ich beobachtungsbereit und bei 227x ist Jupiter schön, auch Kallisto ist als dunkelgraues Scheibchen viel besser als im 80mm Refraktor zu sehen. Io steht Jupiter vorangehend und ist relativ klein und ziemlich gelb gefärbt, weiter vorangehend ist Europa, noch kleiner und grau und noch weiter vorangehend steht Ganymed, deutlich größer und auch recht gelb gefärbt. Bei 680x ist Io zwar recht groß, aber das trägt die Luftruhe heute nicht. Ich beobachte also bei 408-facher Vergrößerung. Das Ioscheibchen zeigt heute 0,93 Bogensekunden Durchmesser und ist gut auflösbar: das Auflösungsvermögen des großen Spiegels ist 0,3 Bogensekunden, was bei gutem Seeing durchaus erreichbar ist.

Das Bureau des Longitudes (http://www.bdl.fr) sagte folgende Termine voraus:
Verfinsterungsbeginn im Halbschatten 20h50m56s MESZ
Verfinsterungsbeginn im Kernschatten 20h51m58s
Mitte der Verfinsterung 20h53m39s
Verfinsterungsende im Kernschatten 20h55m19s
Verfinsterungsende im Halbschatten 20h56m22s

Weitere Daten zur Verfinsterung, die der Webseite des BdL zu entnehmen sind:
1. die Verfinsterung ist ringförmig: der Ioradius beträgt 1815km, der Radius des Kernschattens 735km und der Radius des Halbschattens 2395km. Zur Verfinsterungsmitte taucht Io also vollständig in den Halbschatten ein, der Kernschatten Europas ist nur etwa 40 Prozent so groß wie Io.
2. die Verfinsterung ist praktisch zentral: der Kernschatten wandert fast ganz genau über die Iomitte

Und dann geht die Beobachtung der Verfinsterung los: über der Rax hat sich mittlerweile eine "Wolkenfabrik" gebildet, die alle paar Minuten eine dicke Wolke von Westen nach Osten schickt, direkt über Jupiter hinweg. Ich beobachte trotz eher mäßigem Seeing weiter bei 408x: um 20h51m10s ist sehr deutlich der Schatten Europas als Kerbe am Iorand sichtbar. Er kommt von Osten (nachfolgend in der täglichen Bewegung) und schiebt sich immer weiter über Io. MIST -- eine Wolke deckt alles zu! Erst um 20h54m00s kann ich wieder etwas sehen: entgegen meiner Erwartung sehe ich keinen dunklen Fleck auf Io, sondern in der Mitte einen dunkleren Bereich, und das ganze Scheibchen ist dunkler, von der dunkleren Mitte wird es nach aussen heller: Finsternis! Ich sehe aber nur ca. 20 Sekunden etwas und dann schiebt sich die nächste Wolke über Jupiter..... Um 20h55m30s kann ich auf der Westseite Ios dann nochmals den Schatten Europas als kleine Kerbe wahrnehmen: ein toller Anblick! Zusammenfassend kann ich sagen, daß der Schatten von Europa am Rand der Io als Kerbe sichtbar war, und zur Verfinsterungsmitte als zentrale Verdunkelung Ios. Als beobachteten Termin kann ich 20h54m MESZ plus/minus 2 Minuten für die Mitte der Verfinsterung ableiten.

Meine bisherigen Jupitermondbeobachtungen in dieser Sichtbarkeitsperiode habe ich hier zusammengefaßt: Jupitermondbeobachtungen 2003.

Danach beobachte ich noch mehr als zwei Stunden einige Sehenswürdigkeiten des Frühlingshimmels: natürlich Saturn, der bald seine Abschiedsvorstellung vom Abendhimmel gibt. Dann einige Deepsky-Objekte, da der Himmel in den recht großen Wolkenlücken recht klar ist und Sterne 6,5mag freisichtig erkennen läßt: * den Planetarischen Nebel NGC 40 im Kepheus: er zeigt bei 227x und 408x nicht nur den Zentralstern und seine Wolkenscheibe, sondern auch zwei Ringsegmente mit Einzelheiten
* beim Spaziergang durch den Virgo-Galaxienhaufen die Spiralgalaxie M 98 Com: sie erscheint von der Seite mit dunklen Bereichen beidseitig des Kerns
* ganz in der Nähe ist M 99: sie ist in Draufsicht und zeigt ziemlich deutlich zwei Spiralarme, wobei der nördliche heller ist
* weiter zu M 100: auch das ist eine Spirale in Draufsicht, die heute zwei Arme mit Sicherheit und Andeutungen eines dritten erkennen läßt
* das ungleiche Galaxienpaar NGC 4298 und NGC 4302 Com: die erste ist elliptisch, die zweite eine blasse lange Spindel

Einige weitere Beobachtungen beschließen den schönen Abend -- morgen ist früh aufstehen und ein Arbeitstag am Terminplan!