Ein Novum: Zwei Konzerne, die Herausgeber des "Stern" und Mercedes, organisieren eine astronomische Veranstaltung. Dass da viel Geld dahinter steckt, merkt man bei den flankierenden PR-Aktivitäten. Zögerlich schließen sich österreichische Veranstalter dieser Aktion an, doch wir sind von Anfang an dabei - und bereuen es nicht. Die "Lange Nacht der Sterne" soll Astronomie im Bewußtsein der Bevölkerung verankern, und wir sind froh darüber, dass die Initiatoren der Firmen, die den Stern als ihr Logo tragen, die Astronomie und nicht die Astrologie gewählt haben. Auch wenn ein österreichischer "Ableger" der Zeitschrift Stern das nicht ganz verstanden hat ...
Eine Herausforderung: Zum geplanten Veranstaltungstermin stehen weder Mond noch Planeten am Himmel; Neugierige müssen mit Deep Sky Objekten für Astronomie begeistert werden. Dazu brauchen wir jede Menge großer Fernrohre. Wir verzichten daher auch auf unseren gewohnten Sternabendplatz, den Kahlenberg, und kehren an den Ort unseres Ursprungs zurück, auf die Sofienalpe, denn wir brauchen dunklen Himmel. Wir nehmen in Kauf, dass dieser Ort mit öffentlichen Verkehrsmitteln leider nicht zu erreichen ist. Und fragen uns: Wie viele Gäste werden kommen?
Ein Bangen: Wir brauchen nicht, wie bei unseren Sternabend, ein einigermassen passables Wetter, nein, wir brauchen Spitzenbedingungen, sollen Interessierte mit Deep Sky Objekten für Astronomie begeistert werden. Eine 5%-Chance, wenn man genau ist.
Und wir schaffen es ...
Schon den ganzen Tag - wir veranstalten am Nachmittag unser Seminar " Besser beobachten - Deep Sky", erstmals in der neuen, stark erweiterten Fassung - strahlend klarer Himmel, keine Wolke. Ein Traum, so ein Glück!
Die Sonne strahlt noch vom Himmel, als die ersten unserer aktiven Mitglieder mit dem Aufbau der Instrumente beginnen. Alles ist vorbereitet, die Betreiber des Hotels auf der Sofienalpe sind extrem kooperativ und dürfen sich an diesem ohnedies starken Ausflugstag über noch mehr Gäste freuen. Doch getreu dem Motto, "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", versucht unser Nebenerwerbsbauer, die Veranstaltung zu verhindern. Ohne rechtlichen Hintergrund und auch ohne Erfolg. Die Leitung des Hotels klärt die Sachlage rasch zu unseren Gunsten (und wir sollten Erkundigungen einholen, inwieweit die mit erheblicher Licht-, Staub- und Geruchsemission verbundenen nächtlichen Aktivitäten des Nebenerwerbsbauern mit den Plänen des Biosphärenpark Wienerwald verträglich sind).
Aufbau des Infostandes - es geht los! |
Unser "Störenfried" |
Der Teleskopwald wächst |
Wald? Dschungel! |
Es werden über 30 Teleskope, die unsere Mitglieder aufbauen - vom kleinen Dreizöller bis zum 6" Refraktor, 12" und sogar 14" Schmidt-Cassegrain und schließlich dem großen 18" Dobson, der für unvergeßliche Deep-Sky Momente sorgen wird.
Schon während der Aufbauphase gesellen sich viele Neugierige zu uns und werden Zeugen einer wunderschönen Verwandlung.
Aus dem Wirrwarr von Stativbeinen, Kabeln und Rohren wird mit fortschreitender Dämmerung ein faszinierendes Schattenspiel, in dem die Beobachterinnen und Beobachter selbst zu staunenden Silhouetten werden, wartend darauf, dass sich der unendliche Himmel ihnen öffnet. Da erübrigen sich jegliche Worte ...
Eine wunderbare Sternennacht beginnt ...
Die dünne Sichel des zunehmenden Mondes, die bald im Südwesten versinken wird, ist unser erstes Ziel, und alle, die jetzt schon anwesend sind, sind von ihrem Anblick begeistert. Knapp vor dem offiziellen Beginn der Vienna Star Party geht sie schon unter.
Während einer Star Party ist das Fotografieren mit Blitzlicht klarerweise nicht erwünscht, es würde die Anpassung unserer Augen an die Dunkelheit zu sehr stören. Besuchen wir daher rasch einige der zahlreichen Instrumente.
Ein computergesteuertes SCT |
Immer größer: Ein 10" SCT, ... |
... und gar ein 14" Meade LX-200GPS ... |
... und der größte, der 18" Dobson |
Um 20 Uhr haben sich schon rund 50 Besucherinnen und Besucher eingefunden; nach einer kurzen Einführung tauchen sie mit uns in die klare Sternennacht.
Lediglich unser Informationsstand mit anschaulichen Postern, Programminformationen und Werbematerial der Sponsoren ist dezent beleuchtet, der Rest des beeindruckenden Teleskoptreffens versinkt im Dunkel der Nacht, nur ganz leicht beleuchtet von den rot gedämpften Taschenlampen der Beobachter.
An einem speziell dafür ausgerüsteten 12" Meade Schmidt-Cassegrain-Teleskop demonstrieren wir moderne Astronomie: Ein Computer steuert das Instrument punktgenau auf die gewünschten Objekte, die angeschlossene CCD-Kamera nimmt sie in Sekundenschnelle auf und zeigt am Computerbildschirm, was an den anderen Instrumente im Okular zu sehen ist. Dank klarem Himmel zeigen sich die Deep Sky Objekte in ihrer schönsten Form.
M13 (Her) |
M15 (Peg) |
M2 (Aqr) |
M92 (Her) |
NGC 6229 (Her) |
M22 (Sgr) |
M56 (Lyr) |
M11 (Sct) |
M71 (Sge) |
M57 (Lyr) |
M27 (Vul) |
M76 (Per) |
Die Demonstration, wie rasch die Kamera die Deep Sky Objekte vom Himmel holt, beeindruckt viele. Erstaunlich: Die Aufnahmen der Kugelsternhaufen und der offenen Sternhaufen (M11, M71) sind nur drei Sekunden lang belichtet und auch die Nebel sind nur 10 (M57) bzw. 20 Sekunden (M27, M76) lang belichtet. Moderne Astronomie ...
Doch der Blick durch ein Teleskop hat nichts an seinem Reiz verloren. Selbst nach 23 Uhr strömen noch neue Interessierte zu uns, um den einen oder anderen Blick durchs Teleskop werfen zu können. Im roten Schein der Taschenlampen verschwimmen die Neugierigen auf den minutenlang belichteten Aufnahmen zu kuriosen Lichtwesen.
Noch zu später Stunde ... |
... drängen sich viele an den Teleskopen, ... |
... kein Wunder, denn es ist ... |
... die "Lange Nacht der Sterne" |
Erst jetzt, nach 23 Uhr, ziehen vermehrt hohe Wolken durch, verliert der Himmel an Klarheit. Das macht nichts mehr! Mehr als 40 Aktive, denen an dieser Stelle ganz herzlich für ihren wirklich rührenden Enthusiasmus gedankt sei, haben den rund 100 interessierten Besucherinnen und Besuchern vier Stunden lang schöne Blicke durch mehr als 30 Teleskope gewährt.
Mit einer gehörigen Portion Glück wurde die erste Vienna Star Party im Rahmen der ersten "Langen Nacht der Sterne" zu jener Sternstunde, die wir uns erhofft hatten. Denn diesmal haben wir in erster Linie - uns selbst präsentiert! Wir sind Freizeitastronomen - Menschen, die nicht im Geheimen nach verborgenen Kräften suchen, sondern die den Kontakt nicht scheuen und Gleichgesinnte einladen, sich ihnen anzuschließen. Wir alle sind Amateurastronomen!
Text und Fotos: Alexander Pikhard