WAA-Besuch

Sternwarte Freiwald bei Sandl

25. Oktober 2004

Die kleine 1500-Seelen Gemeinde Sandl im Mühlviertel genießt wohl den Ruhm, die höchste Anzahl von Sternwarten pro Einwohner aufzuweisen, nämlich zwei. Seit vielen Jahren betreibt einer der Pioniere der österreichischen Amateurastronomie, Prof. Wöss, hier eine Sternwarte, wir werden sie morgen besuchen. Seit kurzem steht hier auch die von Egon Döberl und Heribert Wagner errichtete Sternwarte Freiwald. Ihr gilt unser erster Besuch heute Abend.

Unsere Gastgeber verwöhnen uns enorm; nicht nur, dass wir ihre Sternwarte besuchen dürfen, sie haben Unterkunft und Verpflegung für uns vor Ort organisiert. Bei einem rustikalen Abendessen, wie es sich im rauhen Hochland des Mühlviertels gehört, präsentieren sie uns in einem packenden Vortrag den Werdegang dieser neuen, modernen Sternwarte. Prof. Wöss ist ebenfalls anwesend, und da auch eine kleine Delegation vom Hochbärneck da ist, können gleich fünf Sternwartenerrichter Erfahrungen austauschen. Eine Idee für die Zukunft - der Sternwartenbauerworkshop in Sandl?

Einmal gesättigt, können wir es kaum mehr erwarten, zur Sternwarte aufzubrechen. Der schon recht volle Mond - wie wird wohl das Wetter zur nahen Mondfinsternis werden? - strahlt brutal durch eine leichte Cirrusbewölkung und erhellt, so gut das halt geht, die düstere Landschaft des Mühlviertels. Unheimlich ist die Stimmung hier: Leichter Bodennebel liegt über den schon herbstlich feuchten Wiesen, alles eingetaucht in das kalte, weiße Mondlicht; ideal, um Gruselgeschichten zu erzählen. Doch wir sind auf dem Weg zur Sternwarte.
Auf einer großen Lichtung in der Nähe einiger Bauernhöfe liegt die Sternwarte. Ihre Kuppel glänzt silbrig im Mondlicht. Fast wäre man geneigt, auf der neben der Sternwarte aufgestellten Sonnenuhr die Zeit abzulesen, doch halt, es ist ja der Mond, der vom Himmel strahlt.

Postkartenfoto: Die Sternwarte Freiwand im Mondlicht unter dem Großen Wagen

Die Kuppel ist eine echte Zeiss-Kuppel; per Zufall in Deutschland aufgetrieben, denn Zeiss baut schon längst keine Sternwartekuppeln mehr. Die Konstruktion ist ein echter Klassiker, wie aus einem alten Lehrbuch. Ich kann mich noch gut an die Zeiss-Kataloge aus den 70er-Jahren (uff, man muss schon sagen des vorigen Jahrhunderts) erinnern, da hat Zeiss diese Kuppeln noch angepriesen. Auf dem Wendelstein steht auch so eine Kuppel, im Sonnenobservatorium. Das war das ideale Werbefoto für Zeiss.

Außen Aluminium, innen Holz: Die klassische Zeiss-Kuppel ist einfach wunderschön! Allerdings war der Zusammenbau, wie uns Egon Döberl schildert, mehr als nur ein Abenteuer. Alles in kleinste Einzelteile zerlegt! Zum Glück fanden sich noch (ehemalige) Zeiss-Techniker, die einst solche Kuppeln gebaut haben und dies auch hier taten.

In der Kuppel steht ein 40cm f/8 RC-Teleskop; auffällig: sein Tubus ist aus Kohlefaser und nicht aus Metall gefertigt. Er wurde, wie auch die Montierung, von einem Teleskopbauer aus der tschechischen Republik gefertigt.

Wir dürfen übrigens "First Light" miterleben - die neue Montierung wird quasi vor unseren Augen fertig und wir dürfen gemeinsam mit den Eigentümern der Sternwarte erstmals durch das neue Instrument blicken. Der Mond ist das Ziel und noch ein paar Deep Sky Objekte zum Drüberstreuen.

Die Kuppelkonstruktion ist ein echter Hammer. Wunderschön und exakt gebaut, eine wirkliche Augenweide. Das beeindruckt auch andere Sternwartenbesitzer wie Prof. Wöss (im Bild rechts, zur Kuppel blickend) und Christine Bretschneider.

Einmal mehr werden viele Erfahrungen ausgetauscht.

Dann heißt es "Licht aus", zumindest für das weiße Licht (und schon gar für Herbert Csadeks gnadenlosen Filmscheinwerfer). Obwohl das Rotlicht bei dem hellen Mond wohl eher paradox erscheint.

Wir beobachten den Mond, obwohl der Terminator schon sehr weit zum Mondrand gerutscht ist. Einige, wie hier Günther Eder, versuchen sich auch bei ein paar Fotos.

Schließlich kommen auch noch ein paar Deep Sky Objekte an die Reihe, die durchaus gut aussehen, trotz Mondlichts. Ein Kugelsternhaufen (M13) speziell für Renate, dann planetarische Nebel. Nur Galaxien gehen heute wirklich nicht.

Mehr und mehr verteilen wir uns über das ganze Gebäude, immer noch wird beobachtet. Der helle Mond über der Sternwarte ist aber doch das beste Fotomotiv, und so begebe ich mich noch einmal ins Freie.

Gegen Mitternacht gibt es dann wirklich nichts mehr zum Beobachten. Zu mitternächtlicher Stunde gibt Günther Eder noch einen Crashkurs in AstroArt und zaubert recht ansehnliche Astrofotos auf den Bildschirm des Sternwartencomputers.

Doch angesichts der schon recht späten Stunde wollen wir unsere Gastgeben auch nicht länger aufhalten und brechen auf. Morgen warten schließlich noch zwei Sternwarten darauf, von uns besichtigt zu werden.

Eine beeindruckende Sternwarte, und dabei ist ihr Hauptinstrument noch gar nicht fertiggestellt. Von Freiwald werden wir sicher noch viel hören - und auch sicher wieder hierherkommen.

Zum Nachlesen hier der Link zur Sternwarte Freiwald:

Wir danken Egon Döberl und Heribert Weber herzlich für die erstklassige Organisation vor Ort und die nette Gastfreundschaft!

Text und Fotos: Alexander Pikhard