Beobachter: | Thomas Gramanitsch, Thomas Zwach | ||||||||||||
Datum: | 03. 02. 2007 | ||||||||||||
Zeit: | 20.47 bis 06.48 MEZ | ||||||||||||
Ort: | Faistauergasse 74, 1130 Wien | ||||||||||||
Instrument: | TMB 80/600, Stativ mit Manfrotto junior gear head, Soligor 2x Konverter, Canon EOS 300D | ||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: | Gedanken zur Stereofotografie des Mondes Beim WAA- Astrotreff im Dezember 2006, wurde einiges über die kommenden Saturn- und Sternbedeckungen durch den Mond 2007 berichtet. Anschließend zeigte Bernhard Dewath noch eine Serie von Stereofotos, die mit Rot-Cyan-Brillen betrachtet wurden. Dabei wurde von uns (Thomas Gramanitsch - Stereoskopisches Konzept und Bildmontage / Thomas Zwach - Astrofotos) die Idee geboren, Astronomie und Stereofotografie zu verbinden und einmal gemeinsam ein Stereobild vom Mond zu versuchen. Stereofotos von rotierenden Körpern sind relativ einfach zu machen. Man fotografiert ein Foto, wartet bis sich das Objekt um 2 - 4 Grad gedreht hat und macht dann ein weiteres Foto. Die beiden Fotos werden nebeneinander angeordnet und können dann entweder mit optischen Hilfsmitteln oder - mit einiger Übung - auch ohne Hilfmittel betrachtet werden. Die Illusion der räumlichen Tiefe entsteht aus den perspektivischen Unterschieden (Disparation) der beiden Bilder. Mit entsprechender Software kann das Stereo-Bildpaar auch zu Rot-Cyan-Halbbildern (Anaglyphen) verarbeitet werden, die dann mit Rot-Cyan-Brillen betrachtet werden können. Obwohl der Mond ein rotierender Körper ist, kann das oben erwähnte Konzept von einem gegebenen Standort auf der Erde nicht angewandt werden. Aufgrund der gebundenen Rotation wendet der Mond der Erde im Wesentlichen immer die gleiche Seite zu. Also muss man versuchen, durch eine entsprechend große Basis (= Entfernung) zwischen den beiden Einzelaufnahmen eine ausreichend große Winkeldifferenz (Parallaxe) zu erzeugen, um den Eindruck der räumlichen Tiefe zu erzeugen. Die Stereofotografen verwenden dazu die Faustformel (abgeleitet aus der Basisformel), dass die Basis etwa 1/50 der Entfernung des zu fotografierenden Objekts sein soll (oder die Winkelparallaxe etwa 2.5°) . Die Überschlagsrechnung Mondentfernung (ca. 400 000km) geteilt durch 50 ergibt ca. 8000 km. Diese Entfernung legt ein Punkt am Äquator in etwa 5 Stunden zurück. Bei uns, am 48.Breitengrad, muss man zwischen ersten und 2.Bild etwa 10 Stunden warten (siehe Diagramm). Die Weiterbewegung des Mondes auf seiner Bahn zwischen den beiden Bildern wirkt sich in der Praxis kaum aus und verkürzt die stereoskopische Basis nur unwesentlich. Es ist daher auch von Wien aus möglich, den Mond plastisch abzubilden. Die beschriebene Methode beruht auf der parallaktischen Liberation des Mondes. Theoretisch kann man auch die Liberation in Länge (bis zu 8° !) zur räumlichen Darstellung des Mondes nutzen. Das geht allerdings nicht in einer Beobachtungsnacht und ist sicher komplizierter, da die Mondphase der beiden Bilder ja gleich sein sollte. Die Liberation in Breite ist für Stereofotos zu gering. Natürlich wäre es günstig, die Mondphase im Perigäum zu erwischen, aber die etwa 10% größere Entfernung im Apogäum macht für Stereophotos keinen großen Unterschied (im Gegensatz zu Sonnenfinsternissen !). Die dunkle Jahreszeit bietet sich an, um Stereobilder vom Mond zu fotografieren. Es ist ausreichend lange finster um eine lange Basis (entspricht der Zeit zwischen den Bildern) zu ermöglichen. Der Mond um die Phase des Vollmondes erreicht wesentlich größere Höhen über den Horizont als zu anderen Jahreszeiten. Das erste Foto (stereoskopisch für das rechte Auge - im Stereobild links - im Anaglyphenbild rot ) wurde am 3.2.2007 20:47 MEZ aufgenommen, das zweite am 4.2.2007 6:48 MEZ (stereoskopisch für das linke Auge - im Stereobild rechts - im Anaglyphenbild cyan). Die Zeitdifferenz war also ca.10 Stunden was für einen Standort am 48.Breitengrad ca.8250km Basisentfernung entspricht. Durch die Vorrückung des Mondes nach Osten um ca.0.5°/Stunde wurde die stereoskopische Basis auf ca.8150 km verkürzt. Die Parallaxe war also etwa 2.4°. Die Fotos wurden im RAW-Format aufgenommen und ca. 1 + Blenden unterbelichtet, da beim Mond die Gefahr von gesättigten Pixel in den hellen Bereichen trotz Spotmessung gegeben ist. Dabei wurde die Aufnahme am 3.2.2007 mit einer 1/80s und am 4.2.2007 mit einer 1/40s bei 100 ASA gewonnen. Leider war das Seeing bei beiden Aufnahmen, wahrscheinlich auch wegen der Horizontnähe, eher schlecht. Betrachtungshinweis: Zwischen Stereobild und Auge einen Hilffsgegenstand (z.B. Stift oder Finger) halten. Augen auf die Spitze des Hilfsgegenstandes fokussieren - dabei beginnt man leicht zu schielen. Im Hintergrund verschieben sich die 2 Halbbilder des Stereobildes zu 3 Bilder. Versuchen Sie auf das MITTLERE der Bilder zu fokussieren und den Hilfsgegenstand vorsichtig aus dem Gesichtsfeld zu entfernen. Hat man einmal das MITTLERE Bild fokussiert, kann man in aller Ruhe den Tiefeneindruck geniessen. Alle, die über eine Rot-Cyan-Brille verfügen (eine Rot-Grün-Brille kann auch verwendet werden, ist aber nicht optimal), können das Anaglyphenbild unten ohne Schielen betrachten. Zum Ergebnis: Der Mond erscheint deutlich plastisch. Eine eindeutige Kugelform (tautomorph) ist uns für die üblichen Betrachtungsentfernungen nicht gelungen. Zum einem, hängt der räumliche Eindruck von der oben erwähnen Parallaxe (und somit vom Basisabstand) ab, zum anderen vom Abstand des Betrachters vom Bild in Abhängigkeit von der Größe des Bildes. Wer die räumliche Tiefe - und damit die Kugelform - mehr betonen will, sollte beim Betrachten weiter vom Bildschirm weg gehen (einige Meter). Dann ist man allerdings vom Foto schon so weit weg, dass man kaum Einzelheiten des Bildes erkennen kann. Eine größere Basis/Parallaxe bei der Aufnahme würde das Problem lösen, ist aber bei uns in Wien für die parallaktische Liberation kaum steigerbar (siehe Diagramm oben). Stereofoto des Mondes unter Nutzung der Liberation in Länge könnte die Parallaxe deutlich steigern. Auf diese Methode und ihre Schwierigkeiten möchten wir hier nicht näher eingehen. Auf dem Stereobild fallen grössere "Dellen" am Mond auf. Keine Angst, der Mond ist nicht zum riesigen Golfball mutiert. Der Effekt ist wahrscheinlich auf leichte Verzerrungen der Bilder durch die Atmosphäre (Seeing) verursacht, die bei normalen, 2-dimensionalen Fotos des Mondes kaum auffallen würden, bei Stereofotos aber den räumlichen Eindruck stören. Dass der Terminator zwischen den beiden Bildern etwas weiter gewandert ist, fällt nicht störend auf. Zur Montagetechnik: Die Bilder wurden zunächst mit Bildverarbeitungsprogrammen optimiert (Schärfe/Kontrast). Dann wurden die Bilder gemeinsam so gedreht, dass die Querdisparation waagrecht erscheint. Die weitere Ausrichtung und Umrechnung in Stereobild und Anaglyphenbild erfolgte mit dem Freeware-Programm StereoPhotomaker. Übrigens - Stereobilder vom Mond wurden schon 1855 vom englischen Physiker L.Rutherford angefertigt. Wir haben bei Internet-Recherchen (allerdings nicht sehr gründlichen) keine Stereobilder des Mondes finden können. Über Hinweise, falls doch welche vorhanden sind, wären wir dankbar. Thomas Gramanitsch (mit Link zu weiteren Stereobildern) und Thomas Zwach
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