Astropraxis

Sofienalpe, 08. 04. 2007

20070408api19.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:08. 04. 2007
Zeit:19.30 bis 00.30 MESZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12" Meade LX-200, Canon EOS 350D, Philips SPC 900
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:sehr gut (1)
Freis. vis. Grenzgroesse:6.0
Temperatur:8 °C
Wind:kein
Bemerkungen:Wolkenlos, windstill, sehr gutes Seeing: Einfach eine Traumnacht!
Bericht:

In den letzten Tagen hat uns das Wetter ordentlich an der Nase herum geführt - oder besser gesagt, die Wetterprognosen. Doch heute passt es, der Ostersonntag 2007 endet mit einem strahlend klaren Abend. Kein Wunder, dass trotz des Osterfests heute viele zu einem Astrofest auf die Sofienalpe kommen.

1
Malerischer Sonnenuntergang am Abend des Ostersonntag

In der Abenddämmerung ist Venus unser erstes Ziel.

2
Warten auf die Dunkelheit

3
Venus ist das Ziel

4
Hobbyastronomen in der Dämmerung

Venus
Venus, 12" LX-200 bei f/15 (F=4,5m), Philips SPC 900, IR Passfilter, 120 Frames

Mit fortschreitender Dunkelheit wird nicht nur die Venus immer strahlender, nein, es offenbart sich uns eine Verabschiedung des Winterhimmels, an die wir uns noch lange erinnern werden. Die strahlend helle Venus steht bei den Pleiaden!

Panorama
Blick nach Westen: Großer Hund, Orion und Stier im Untergang, Venus bei den Pleiaden.

Hyaden, Pleiaden und Venus, das ist vor allem im Feldstecher ein umwerfender Anblick.

Venus und Pleiaden
Hyaden, Pleiaden und Venus

Der klare Himmel mit den untergehenden Wintersternbildern im Westen und den aufgehenden Sommersternbildern im Osten ist eine traumhafte Kulisse für ein recht beachtliches spontanes Teleskoptreffen, das sich hier auf der Sofienalpe gebildet hat.

5
Teleskoptreffen unter Orion, Stier und Venus - solche Abende bleiben in Erinnerung

6
Hektisches Hantieren am Teleskop

7
Der 18" Obsession darf nicht fehlen

8
Erstaunlich viele Refraktoren sind heute da

Hoch im Süden steht der Löwe und vor seinen Pfoten der Ringplanet Saturn. Ein Blick visuell - traumhaftes Seeing! Auch jensetis der 400x steht das Bild, rührt sich nicht. Schnell die Webcam montiert. Zuerst mit 1,5x-Barlow, doch da ist mehr drin. 2x-Barlow, es geht immer noch. Sogar am Monitor, während der Aufnahme, erkennt man blickweise die Encke-Teilung. Entgegen meiner Gewohnheit stacke ich das Bild gleich. Die zahlreich anwesenden Beobachter und Gäste wollen das Ergebnis gleich sehen.

Saturn
Saturn, 12" LX-200 bei f/20 (F=6m), Philips SPC 900, IR Sperrfilter, ca. 360 Frames

Ich habe den Ringplaneten schon oft gesehen, aber noch nie so. Es sind, wie gesagt, Abende wie dieser, die man nicht vergisst. Cassini-Teilung, Encke-Teilung, das ist ja schon gut. Die Schatten; der der Ringe auf dem Planeten und der des Planeten auf den Ringen. Doch dann sehe ich ein Detail, das ich in 35 Jahren noch nicht gesehen habe: Der A-Ring ist transparent. Man kann den Körper des Planeten durch ihn durch sehen! Der rotbraune C-Ring ist auch da. Und dann die Details auf dem Planeten. Es sind etliche Wolkenbänder zu sehen, aber nicht genug damit: Es sind Details in den Bändern zu erkennen. Feine helle und dunkle Ovale sind vor allem in dem dunklen Band südlich (oberhalb) der Äquatorzone zu erkennen. Sie sind klein, viel kleiner als auf Jupiter. Eines ist jedenfalls klar: Das ist meine beste Saturnaufnahme überhaupt.

Unsere konzentrierte Beobachtung von Saturn und Deep Sky Objekten wird vom kurzfristigen Spektakel zweier Iridium-Flares kurz unterbrochen.

Iridium 63
Iridium 63 in den Jagdhunden

Iridium 23
Iridium 23 nahe der aufgehenden Vega

A propos Deep Sky. Der Himmel ist dunkel, die Durchsicht sehr gut, ein toller Deep Sky Abend. Im Westen verabschieden wir uns von den offenen Sternhaufen im Fuhrmann und den Zwillingen sowie vom Orionnebel. Im Süden stehen Galaxien. Tausende. Der Virgo-Galaxienhaufen. Und im Osten kommen die Kugelsternhaufen herauf; M3, M53, M13, M92 sind schon da.

Ich bin mir zwar der Tatsache bewußt, dass Aufnahmen am 12" LX-200 bei f/3,3 (zwei kaskadierte f/6,3-Reducer) mit erheblichen optischen Einbußen verbunden ist. Aber bei so dunklem Himmel ist die Versuchung sehr groß. Also ans Werk. 10 Sekunden Belichtungszeit ist gut für ein azimutal montiertes LX-200, da gibt's keine Probleme mit der Nachführung.

Zuerst Kugelsternhaufen.

M3
M3, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 9x10s


M13, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 7x10s


M92, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 7x10s


M53, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 11x10s

Jetzt Galaxien.


M104, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 9x10s


M65/M66, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 10x10s.
Hier ist doch etwas viel Hintergrund mit dabei, aber immerhin.


Im Zentrum des Virgo-Gaxienhaufens. Die Gruppe um
M84 und M86, 12" LX-200 bei f/3,3 (F=990mm), Canon EOS 350D bei 1600 ISO, 12x10s.
In diesem Feld erkennt man mindestens zehn Galaxien!

Das bunte Treiben dieses spontanen Teleskoptreffens läßt mich zwei Anfängerfehler machen: Fehler 1, ich nehme im JPEG- und nicht im RAW-Format auf. Die Artefakte bringen die feinen Details um. Fehler 2, ich vergesse, ein Flatfield zu machen. Dunkelstrom habe ich zum Glück gemacht. Wegen Fehler 1 kann ich auch kein Flatfield synthetisch erzeugen, daher die inhomogene Ausleuchtung in den letzten beiden Aufnahmen.

Aber: Es handelt sich um Deep Sky Aufnahmen aus der unmittelbaren Nähe Wiens und noch dazu mit sehr kurzer Belichtungszeit von in Summe maximal zwei Minuten. Tolle neue Technik!

Es geht visuell weiter. Kugelsternhaufen, Galaxien, Touren durch den Virgo-Galaxienhaufen. Und zum Abschluß: Der Ringnebel M57. Es wird Sommer!

9
Trotz Lichtverschmutzung von Wien (und vom Hotel) ein toller Abend

Es sind Abende wie dieser, die man nicht vergisst. Aber sie lassen uns den Ärger über so manchen nicht so gute Nacht vergessen. Es sind Abende wie dieser, die uns für unsere Geduld belohnen. Es war eine spontane Astropraxis, und Spontanität und Flexibilität ist der Preis für so ein herrliches Erlebnis.