Astropraxis-Feuerwerk

Sofienalpe, 30. 04. 2007

20070430api19.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:30. 04. 2007
Zeit:19.30 bis 00.50 MESZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12" Meade LX200 mit Philips SPC 900, Canon EOS 350D
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:ausreichend (3)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0
Temperatur:7 °C
Wind:leicht aus E
Bemerkungen:Wolkenlos und eine brillante Durchsicht läßt trotz fast vollem Mondes Deep-Sky Beobachtung und -fotografie zu
Bericht:

Dieser April geht in die Annalen ein. An 28 von 30 Abenden waren die Bedingungen gut für's Beobachten, so einen Monat gab es schon lange nicht. Und als ob die Natur sagen wollte, "wartet, das war noch nicht alles!", gibt es heute eine Sternennacht, die in vieler Hinsicht bemerkenswert ist. Zu einer spontanen Astropraxis haben sich trotz des langen Wochenendes dann doch einige auf die Sofienalpe verirrt.

Zunächst scheint aber noch die Sonne.


Sommerliche Wiese am 30. April, nur etwas kühl ist es heute

Es ist zwei Tage vor Vollmond, und während die Sonne - malerisch wie immer - versinkt, steigt schon der Mond empor.


Sonne und ...


... Mond

Der Mond ist auch das erste Beobachtungsziel, schon in der Dämmerung. Spaziergänger finden den Anblick im Fernrohr trotz der fortgeschrittenen Phase bemerkenswert.


Mond, mit freiem Auge malerisch hinter den Bäumen im letzten Sonnenlicht ...


... und im Fernrohr. Der Mond in der Totalen. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Canon EOS 350D,
Mosaik aus 6 Aufnahmen (1/160s bei 200 ISO)

Noch steht der Mond zu tief für Details. Zeit, die Dämmerung mit ihren überwältigenden Farben zu bewundern.


Westen


Nordwesten

In der Dämmerung ist natürlich auch die strahlende Venus ein Ziel. Sie zeigt sich bei gutem Seeing.


Die strahlende Venus in der Abenddämmerung im Westnordwesten. Schon erkennt man die hellsten Sterne.


Venus, 12" LX-200 bei F=3m (f/10), Philips SPC 900 mit IR Passfilter, 300 Frames

Bald steht der Mond hoch genug für Details mit der Webcam. Auch bei diesem Terminator gibt es viele Sehenswürdigkeiten. Die Aufnahmen entstehen am 12" LX-200 mi 3m Brennweite (f/10), IR Passfilter und Philips SPC 900 Webcam.


Pythagoras mit Zentralberg, darüber Anaximander (flach) und Carpenter


Diesen Krater kennen wir meist nur ohne Rand als dunklen Fleck "links" auf dem Mond: Grimaldi. In der Nähe
gibt es auch Rillen, die Rimae Grimaldi. Ganz links oben Hevelius mit Rillen im Kraterboden und Riccioli, ebenfalls
mit einigen gut sichtbaren Rillen. Dank der Libration sind alle diese Formationen fern vom (dunklen) Mondrand.


Zwischen den großen Kratern Schickard (Mitte links) und Phocylides (Mitte rechts) liegt eine der seltsamsten
Formationen auf dem Mond, der Krater Wargentin. Sein Boden liegt höher als die Umgebung und er hat auch
keinen Wall. Den Krater durchzieht eine markante Welle (Dorsum). Ganz am Rand Inghirami.


Echtes Mondrelief gefällig? Die Berge am Mondsüdpol sind spekatkulär.


Und wieder Rillen, diesmal im Krater Darwin (Rimae Darwin). Kurios: Der sehr dunkle, kleine Krater Crüger.


Wieder ein versunkener Krater im Oceanus Procellarum: Eddington, dahinter Struve


Terminator an der Grenze. Die Wälle ganz randnaher Krater (Repsold, Volta, Xenophanes) tauchen aus dem
Dunkel der Mondnacht auf, nur knapp dahinter liegt der (ebenfalls noch im Dunkeln liegende) Mondrand. Markant
ist der kleine, scharf begrenzte Krater Markov. Das ist Karte 1 in Rükls beliebtem Mondatlas!

So richtig dunkel wird es in dieser hellen Mondnacht nicht, doch die Durchsicht ist einzigartig.


Kurios: Venus und die letzten Wintersterne über grünen Bäumen, grüner Wiese. Nahe Venus steht β Tauri (El Nath)

Wie geht es eigentlich Saturn, der sich auch schon nach Westen zum Untergang anschickt? Blendend! Gutes Seeing in dieser Höhe beschert uns einen Anblick, der visuell 430x noch sehr gut verträgt. Auch fotografisch ist da einiges drin.


Saturn, 12" LX-200 bei f/20 (F=6m), IR Sperrfilter, Philips SPC 900, ca. 300 von 600 Frames, verkleinert

Einmal mehr besticht der Ringplanet durch seine schönen Farben.

Auch künstliche Himmelskörper sorgen für Abwechslung. Gleich drei Iridium-Flares (-4, -6 und -6 mag) sind heute zu sehen. Kurios ist das Paar Iridium 57 und Iridium 90, die innerhalb von nur 12 Minuten zweimal die gleiche Erscheinung liefern.


22:57:28: Iridium 57


23:07:59: Iridium 90

Bald geht die Venus unter.


Malerisch: Untergang der Venus, darunter die Landschaft im Mondlicht. Oberhalb der Venus der Fuhrmann.

Und jetzt? Deep Sky!

Die Durchsicht ist so gut, dass der Mond dem Himmel nicht viel anhaben kann. Die Kugelsternhaufen M3, M5, M13 und M92 sind ein Traum und sehen bei 210x so toll aus, als stünde der Mond gar nicht am Himmel. Auch der Ringnebel M57 (Sommer wird's ...) ist wunderbar zu sehen. In den Zwillingen sind M35 und sogar der Eskimonebel NGC 2392 leichte und schöne Ziele. Der offene Sternhaufen NGC 1502 in der Giraffe ist ein nettes Objekt, NGC 188 im Kepheus aber sehr schwierig.

Mit einem UHC-Filter schaffen wir sogar die planetarischen Nebel NGC 2371/2, NGC 1501 (13 mag!) und M97, den Eulennebel.

Jetzt aber zu Galaxien. M81, M82 sind nicht nur gut zu erkennen, sondern beeindruckend. Bei 210x erkennt man in M82 einige Details. Und sogar NGC 2903 im Löwen ist zu erkennen, obwohl schon in der Richtung des Mondes.

Ich fasse es nicht und montiere die Kamera. Deep Sky Fotografie in einer Fastvollmondnacht? Voila!


M57, 12" LX-200 bei f/6.3, Canon EOS 350D, 9 x 15s bei 1600 ISO, verkleinerter Ausschnitt

Es geht wirklich. Und noch besser.


M13, 5 x 15s, Rest wie bei M57

Habe ich nicht ein Astropraxis-Feuerwerk versprochen? Da ist es.

Nach einem letzten Blick zum tief stehenden Jupiter, der noch kein Foto hergibt, baue ich ab. Mutterseelenallein auf der vom Mond hell erleuchteten Sofienalpe. Mit 170 Bildern und 11 Videos "im Kasten". He, Astrofotografie ist toll, aber das Ausarbeiten ist schon eine Menge Arbeit. Das wird in der Tat ein "Tag der Arbeit" ...