Astropraxis

Sofienalpe, 16. 05. 2007

20070516api20.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:16. 05. 2007
Zeit:20.00 bis 01.00 MEZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12" Meade LX200 mit Philips SPC 900, Canon EOS 350D
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:6.0
Temperatur:14°C bis 7°C
Luftfeuchtigkeit:feucht
Wind:kein
Bemerkungen:Anfangs eine dünne, mittlere Wolkenschicht, die sich bald auflöst. Danach extrem klar.
Bericht:

Das ist ja heute so eine Sache. Am Dienstag zog eine Kaltfront über das Land und ihre Wolkensysteme beherrschen auch den Mittwoch. Doch die Wettermodelle sind sich einig, dass sich am Abend ein großes Wolkenfenster auftun würde, das eine gute Beobachtungsnacht erlaubt. So geben wir voll Optimismus grünes Licht für die geplante Astropraxis auf der Hohen Wand.

Doch am Abend verlässt uns der Mut. Nach 18 Uhr sind doch viel mehr Wolken am Himmel, als vorhergesagt. Absagen? Nein. Wir verlegen die Astropraxis auf die Sofienalpe, wo sich eine kleine, aber erlesene Gruppe zum Beobachten einfindet, voll Hoffnung, nein voll gutem Glauben, dass die Wolken verschwinden werden.

Gegen 20 Uhr beginnt sich die Entwicklung, die sich am Satellitenbild bereits abgezeichznet hat, dann zu bestätigen, in Form eines der berühmten malerischen Sonnenuntergänge auf der Sofienalpe.


Am bereits klaren Horizont ein malerischer Sonnenuntergang ...


... wieder wie aus dem Urlaubsprospekt. Wo sind bloss die Giraffen?


Sonne, mit Fleckengruppe 956 links oben. Das erste Astrofoto sozusagen.

Die Kaltfront hat ihre Sache gut gemacht. Statt 25°C am Sonntag hat es jetzt nur mehr 14°C und die Temperatur wird im Lauf der Nacht noch auf 7°C sinken. Brrr. Aber das tut der Sache keinen Abbruch, wir sind ja darauf vorbereitet und entsprechend gekleidet.

Voll Optimismus bauen wir auf. Wolfgang Valentin hat seinen 7" Astrophysics Refraktor mitgebracht, er ist überraschend gut zerleg- und transportierbar und auch sehr rasch aufgebaut. Roland baut seinen 18" Obsession auf und ich mein 12" LX-200. Später gesellt sich noch Rudolf Altmann mit einem 16" Dobson dazu, so dass wir heute eine Ansammlung von recht großen Instrumenten hier haben.


Optimisten braucht das Land. Aufbau unter den Wolken.

Der Aufbau unter der dunklen Wolkendecke wirkt irgendwie seltsam, fast sinnlos. Wäre da nicht dieser helle Streifen am Horizont, der langsam näher rückt, aber auch wirklich sehr langsam.


In dem klaren Streifen am Horizont ...


... liegt auch unser erstes Ziel

Skurrlier Weiser brauchen wir momentan gar nicht mehr. Denn unser erstes Ziel ist Merkur, und wenn schon die Wolken nicht nach oben weichen, die Drehung der Erde muss den sonnennahen Planeten in den klaren Streifen am Horizont bringen, frei nach dem Motto, "durch diese hohle Gasse muss er kommen!".

Und er kommt. Es ist eine Mixtur von Erddrehung und sich auflösenden Wolken, die das möglich macht.


Merkur in der Dämmerung

Merkur ist um die obere Konkunktion am hellsten, und er ist heute, nur kurze Zeit danach, wirklich sehr hell und leicht mit freiem Auge zu sehen. Im Fernohr ist sein Anblick grotesk, durch die atmosphärische Refraktion in der geringen Höhe erscheint er als kleiner Regenbogen ohne sonstige Struktur.


Merkur im Fernrohr

Die Wolken lösen sich in der Tat auf und bald bricht Venus aus ihnen hervor.


Merkur (ganz knapp über den Bäumen rechts von der Bildmitte) und Venus (links oben)

Venus ist also das nächste Ziel. Strahlend hell, aber vom Seeing, das sich heute als nicht so gut herausstellt, recht durchgerüttelt.


Venus, 12" LX-200 bei f/10 (F=3m); IR Passfilter, Philips SPC 900, 120 Frames

Die Wolken lösen sich jetzt innerhalb von Minuten restlos auf.


Die Wolken ziehen nicht ab, sie lösen sich auf

Wir wurden für unseren Optimismus belohnt ...


Der Lohn für den optimistischen Aufbau unter Wolken

... mit einer traumhaften Beobachtungsnacht!


Eine traumhafte Nacht. Im Hintergrund Venus in den Zwillingen und Fuhrmann

Nächstes Ziel ist Saturn. Das Seeing war schon einmal besser, aber richtig schlecht ist es nicht.


Saturn, 12" LX-200 bei f/15 (F=4,5m), IR Sperrfilter, Philips SPC 900, 240 Frames

Einmal mehr besticht die Farbenpracht des Planeten, die heuer besonders ausgeprägt ist.

Es ist Zeit für ein paar Doppelsterne, ε und &my; Bootis etwa, aber auch schon Albireo und ε Lyrae.

Wir erhalten Besuch von zwei Gruppen junger Leute. Auf den ersten Blick - aber was sagt der schon aus - würde man ihnen vielleicht kein Interesse an der Sache zutrauen, als sie mit ihren getunten "Boliden" etwas forsch auf dem Parkplatz landen (einparken kann man das nicht nennen), begleitet von lauter Discomusik. Doch man kann Vorurteile durchaus beiseite lassen. Sie sind vom Blick durch unsere Fernrohre begeistert, vor allem vom Saturn. Und fasziniert von unseren Schilderungen dazu. "Warum lernt man so etwas nicht in der Schule?" ist ihr abschliessender Kommentar. Ja, warum nicht? Unsere Welt sähe vielleicht besser aus ...

Die Nacht ist extrem klar, die Durchsicht mehr als gut, Sterne 6mag sind im Kleinen Wagen unschwer zu erkennen. Deep Sky Objekte sind heute so schön wie noch selten. M3, M5, M13, M92 in Worten nicht zu beschreiben; minutenlang betrachten wir sie mit verschiedenen Okularen, ein Sternenmeer, um darin zu versinken.

Es ist auch eine Nacht für Galaxien, vor allem im 18" Obsession, aber auch im 12". M51 mit deutlichen Spiralarmen, ebenso M101. Die Kantengalaxien NGC 4565, NGC 4656, NGC 4631, M108. Natürlich auch M81 und M82. Auch M65 und M66 sind beeindruckend. Und natürlich auch die Gruppe um M81 und M86 mit 9 Galaxien in einem Feld.

Wir wagen uns auch an schwierige Objekte. Etwa an den Coma-Galaxienhaufen, von dem außer der hellen NGC 4889 andere Galaxien nur andeutungsweise zu sehen sind. Oder Leo I, wo wir im 18" Obsession einen "diffusen Hauch" vermuten.

Zwischendurch ein Blick zum Kometen C/2007 E2 (Lovejoy), er ist schon recht schwach und diffus.

Ringnebel, Blinking Planetary NGC 6826 und Katzenauge NGC 6543 sind ebenfalls sehr schöne Objekte. Dann geht Jupiter auf.


Jupiter und Skorpion tief am SE-Horizont

Der Riesenplanet ist in der geringen Höhe noch kein tolles Objekt, immerhin beeindruckt seine Helligkeit und seine vier Monde, die noch durch einen Feldstern fast gleicher scheinbarer Helligkeit ergänzt werden. Erst spät kommen Details heraus, als Jupiter mehr als 10° Hohe erreicht. Mehr als 16 werden es heuer leider überhaupt nicht.

Es hat sich gelohnt, nicht abzusagen. Wir wurden mit einer tollen Nacht belohnt, mit einer der besten auf der Sofienalpe.