Internationaler Sternabend

Sofienalpe, 05. 08. 2007

20070805api19.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:05. 08. 2007
Zeit:19.00 bis 23.45 MESZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12" Meade LX-200, Philips SPC 900, Canon EOS 350D
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:gut (2)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.5
Temperatur:24-16 °C
Luftfeuchtigkeit:trocken
Wind:kein
Bemerkungen:Wolkenlos, windstill, traumhafte Bedingungen.
Bericht:

Ein makelloser Tag. Was gibt es schöneres, als das Wochenende mit einer gemeinsamen Beobachtung auf der Sofienalpe ausklingen zu lassen. Da Venus das erste Ziel ist, baue ich schon kurz nach 19 Uhr auf.


Das Teleskop blickt zur Venus, die schon in gleicher Höhe wie die Sonne steht und genau zeitgleich mit ihr untergehen wird


Webcam bei Tag. Man beachte die langen Schatten

Ich habe die Venus schon heute Nachmittag von zuhause aufgenommen; wieso noch einmal? Der Grund ist ganz einfach: Hier, auf der Wiese, ist das Seeing erheblich besser als aus der Stadt, wo Gebäude und Straßen die Hitze abstrahlen. Daher hier das Ergebnis.


Venus. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Philips SPC 900, IR Passfilter 742nm, ca. 150 Frames.

Anfangs bin ich alleine, doch bald gesellt sich Otto zu mir. Gemeisam zeigen wir dann einer Gruppe Touristen aus Zwickau die Venus, sehr zu deren Begeisterung. Immerhin: Wir können uns noch auf Deutsch verständigen. Das soll sich bald ändern. Doch zunächst steht einmal der Sonnenuntergang auf dem Programm. Hell und intensiv.


Sonnenuntergang. Wie immer, wäre ich geneigt zu sagen. Wo sind die Giraffen?

Irisierende Wolken über St. Pölten sind auch eine Erscheinung, die unsere Aufmerksamkeit auf sich lockt.


Die einzigen Wolken weit und breit, etwa über dem Dunkelsteiner Wald, und sie irisieren. Sie haben
offenbar genau den richtigen Winkelabstand von 22° zur Sonne. In der "Grube" liegt St. Pölten.

Sonne und Venus gehen gemeinsam unter, Venus ist ein Grad über dem Horizont auch im Fernrohr nicht mehr zu erkennen. Im Sucher (8x50) und im Feldstecher war sie nie zu sehen. Im Fernrohr ist sie, wie gesagt, ein Erlebnis, und angesichts einer ekliptikalen Breite von mehr als 8° zur Zeit der unteren Konjunktion sollten wir sie, unter Wahrung aller Sicherheitsstandards, eigentlich durchgehend bis zur Morgensichtbarkeit verfolgen können.

Kaum ist die Sonne untergegangen, beginnt die Dämmerung ihr wunderbares Farbenspiel.

Und es wird international. Eine Gruppe französischer Touristen gesellt sich zu uns, und die Kommunikation ist zunächst rudimentär. Mit den wenigen Worten, die unsere Gäste Deutsch sprechen, und den wenigen Worten Französisch, die Otto und ich zustande bringen, gelingt uns doch ein erster Kontakt. Dann mein blendender Einfall, Stellarium auf Französisch umzustellen. Damit können wir zumindest am Bildschirm zeigen, was sich am Himmel abspielt.


Der Kontakt zu unseren Gästen und zur Astronomie ist hergestellt - dank Stellarium


Wir haben erklärt, wo Jupiter steht (im Serpentaire), jetzt geht es ans Fernrohr

Ja, wir beobachten Jupiter. Schon in der hellen Dämmerung ist der Anblick sehr schön, das Seeing ist gut und läßt hohe Vergrößerungen zu. Beeindruckend ist heute die Bewegung der Galileischen Monde, da eine gegenläufige Konjunktion von Io und Ganymed stattfindet.


Jupiter mit Io (unten) und Ganymed (oben) um 20.34 Uhr MESZ. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Philips SPC 900, IR Sperrfilter. System I = 308°, System II = 4°.


Jupiter mit Io (unten) und Ganymed (oben) um 21.07 Uhr MESZ. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Philips SPC 900, IR Sperrfilter. System I = 328°, System II = 24°.

Bei den guten Seeing geht sich heute nach langer Zeit wieder eine Webcam-Aufnahme mit längerer Brennweite aus.


Jupiter mit Io um 21.21 Uhr MESZ. 12" LX-200 bei f/15 (F=4,5m), Philips SPC 900, IR Sperrfilter.
System I = 336°, System II = 33°.

Beeindruckend ist, wie gut die rötliche Färbung von Io herauskommt. Jupiter zeigt sich mit dünnem, dunklen NEB und nach wie vor ohne besonders ausgeprägtem SEB. An die 10 mehr oder weniger durchgehende Bänder sind zu sehen, teils unterbrochen durch zahlreiche helle und dunkle Flecken. Noch immer ist die Südhalbkugel deutlich weißer als die Nordhalbkugel. Interessant.


Kleinere Instrumente vor beeindruckender Dämmerung ...


... und jede Menge begeisterter Gäste

Unsere Gäste werden zahlreicher, und unter den später Hinzugekommenen findet sich auch eine junge Dame, die perfekt als Französischdolmetscherin fungiert. Das macht den Sternabend für unsere Gäste aus Frankreich jetzt zum Erlebnis. Eine Familie holt sogar ihre Kinder aus dem Hotel, damit sie mitmachen können. Unter den neu hinzugekommenen Gästen ist auch ein junger Mann aus Neuseeland. Mit ihm können wir uns auf Englisch unterhalten. Er hat im Februar den Kometen McNaught gesehen und schwärmt noch immer davon, dass er sich über ein Viertel des Himmels erstreckt hat. Neid!

Es wird rasch dunkel und wir tauchen in die Welt der Deep Sky Objekte ein. Matthias mit seinem 12" Dobson und Roland mit seinem 18" Dobson treffen auch ein, so dass wir jetzt auch genug Fernrohre haben.

Zuerst ein paar Doppelsterne. Albireo begeistert durch seine Farben, epsilon Lyrae durch die witzige Anordnung der beiden Paare. Und dann kommen die Kugelsternhaufen. Beim Anblick von M13 ist so mancher Freundenschrei weit zu hören! Wir zeigen auch M2, M15 und M92. Dann kann die komplette Sternentwicklung gezeigt werden, von M17 und M16 (dank UHC-Filter) bis zu M57 und sogar zum Cirrus-Nebel (auch wieder mit UHC-Filter).

Unsere Gäste verlassen uns, ein wenig zu früh, denn jetzt geht der Mond im Letzten Viertel auf. Eine interessante Phase!


Mond. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Canon EOS 350D, Mosaik aus drei Aufnahmen.

Tief, daher rötlich verfärbt und vom Seeing (das im Lauf der Nacht schlechter wurde) ordentlich weichgezeichnet, steht der Mond in dieser interessanten Phase. Ein ungewöhnlicher Anblick, ein untrüglichers Zeichen, dass der Herbst nahe ist, denn Herbst ist die Jahreszeit der abnehmenden Mondphasen vor Mitternacht.

Es war ein schöner, internationaler Sternabend. Zugegeben: Zum Beobachten sind wir selbst heute kaum gekommen, sieht man einmal von den Venus- und Jupiteraufnahmen ab, die sozusagen nebenbei gelaufen sind. Das mag als Wermutstropfen empfunden werden und ist vielleicht der Grund, warum manche Beobachter diesen Platz mittlerweile meiden. Aber sehen wir es einmal positiv: Dass an einem schönen Abend Leute mit großen Fernrohren auf der Sofienalpe stehen, die Gäste auch durchschauen lassen und sogar die eine oder andere Erklärung parat haben, ist offenbar zu einer Institution geworden, die in Wien genauso bekannt ist wie etwa die Volkssternwarten. Nützen wir einfach diese Chance, Astronomie zu verbreiten. Wir haben vor 10 Jahren anläßlich des Kometen Hale-Bopp die Saat ausgestreut, sie beginnt langsam aufzugehen. Wir hätten damals nicht gedacht, dass das so lange dauern würde, aber Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut.