Okular- und Filterparty

Sofienalpe, 01. 11. 2007

20071101api19.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:01. 11. 2007
Zeit:19:00 bis 23:30 MEZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12\" Meade LX200 mit Philips SPC 900, Canon EOS 350D mit 80-300mm Tele
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Grenzgröße:5.0
Aufhellung:gut (2)
Seeing:ausreichend (3)
Wind:kein
Temperatur:6°C
Feuchtigkeit:trocken
Sonstige Bedingungen:Wolkenlos und windstill, sehr gute Bedingungen.
Bericht:

Es ist eigentlich wie in einem Traum. Aus einem zwar abwechslungsreichen, aber doch irgendwie routinemäßigen astronomischen Dasein hat uns Komet 17P/Holmes herausgerissen in eine emotionsgeladene Phase von Spannung. Das macht das Betrachten von Wettermodellen oder gleich des Wettergeschehens fast schon schmerzvoll. Heute sind die Modelle uneins; die Wetterlage mit sich selbst offenbar auch. Fest steht, dass das Wetter zum Wochenende hin weniger gut wird. Also verlegen wir flugs die geplante Okular- und Filterparty vor. Provisorisch. Vorverlegen geht nicht. Das wäre, als ob ein fahrplanmäßiger Zug früher abfahren würde (soll vorkommen, ist aber extrem ärgerlich). Sagen wir also, wir machen noch eine Okular- und Filterparty.

Ludwig Grandy ist mit gut und gerne 50 Okularen angerückt. Die alle zu testen schafft niemand. Ich habe zwei Sätze von Astronomik Deep Sky Filtern mit, 1,25" und 2". Das ist viel Testmaterial. Ach ja, der Abend, der ist makellos. Die Wolkenfelder vom Nachmittag haben sich aufgelöst. Es ist wolkenlos und windstill, klar, also eine Traumnacht.

Als ich auf der Sofienalpe ankomme, sind Roland mit seinem 18" Obsession und Ludwig mit seiner Okularflotte schon da. Ich baue hurtig auf, so gut es die Dunkelheit zulässt. Ich hasse Aufbauen bei Dunkelheit, aber um diese Jahreszeit ist das nicht anders zu machen. Die Wiese auf der Sofienalpe ist noch immer besch... - äh, gedüngt. Auf die dunklen Dinger steigt man besser nicht drauf. Achtung, Minen!

Zunächst ist an Testen noch nicht zu denken. Der Komet geht vor! Kaum aufgebaut, schwenke ich zu 17P. Erneut eine Annäherung, heute bei noch klarerem Himmel.


Unglaublich. Komet 17P/Holmes im Perseus, nahe α Per und Mel 20. Canon EOS 350D, F=80mm, 5 x 20s bei 1600 ISO, verkleinert.

Die scheinbare Helligkeit von 17P liegt heute deutlich zwischen α und δ Persei, so geschätzt 2,4mag. Der Komet erscheint uns dennoch heller als gestern, das mag daran liegen, dass er mit freiem Auge jetzt schon deutlich als diffuse Scheibe zu erkennen ist.


Noch unglaublicher. Komet 17P/Homes in der Milchstraße. Canon EOS 350D, F=300mm, 11 x 20s bei 1600 ISO, verkleinert.

Dann ans Fernrohr. Ich beginne gleich mit dem Okulartest. Doch mit einem 8,8mm Meade UWA-Okular (82°) füllt der Komet mein Gesichtsfeld aus. Ich wechsle auf ein 40mm SWA (68°), das ist ein toller Anblick. Fotografisch sieht das ganze dann so aus:


Komet 17P/Holmes. 12" Meade LX-200 bei f/6.3 (F=1890mm), Canon EOS 350D, 15s bei 1600 ISO.

Jetzt interessiert mich natürlich, wie sich der Komet seit gestern, also in 24 Stunden, entwickelt hat. Rasch das gestrige Foto gesucht und mit der heutigen Aufnahme korrekt gedreht und Komet zur Deckung gebracht. Wow, das ist deutlich!


Größenentwicklung von Komet 17P in 24 Stunden. Blau: 31. 10., 20 Uhr. Rot: 1. 11., 20 Uhr.
Man erkennt an dem hellroten Rand, um wieviel der Komet seit gestern "zugenommen" hat.

So, jetzt aber ans Testen. Ich beginne mit Filtertests an Nebeln. Zuerst der Cirrus-Nebel NGC 6960, 40mm Meade SWA:

  • Ohne Filter: Nichts zu erkennen
  • Astronomik Hβ-Filter: Der Himmel ist schwarz, aber vom Nebel ist nichts zu erkennen. Falscher Filter.
  • Astronomik UHC-E ("economy"): Der Nebel ist bereits gut zu erkennen
  • Astronomik UHC: Der Nebel ist sehr gut zu erkennen
  • Lumicon UHC: Näher am Astronomik UHC-E als am Astronomik UHC, erstaunlich!
  • Astronomik O-III: Nebel ist sehr gut zu erkennen.
  • Lumicon O-III: Eine Spur besser als Astronomik O-III, um Nuancen.

Jetzt das ganze noch einmal am Hantelnebel, mit 28mm Meade SWA:

  • Ohne Filter ist der Nebel gut zu erkennen
  • Astronomik CLS-Filter: Fast kein Unterschied zu vorhin, bringt praktisch kaum etwas
  • Astronomik UHC-E: Der Nebel ist deutlich besser zu erkennen
  • Astronomik UHC: Der Nebel ist jetzt schon sehr kontrastreich
  • Astronomik O-III: Toll, der Nebel ist jetzt ausgefüllt und mit Ausläufern gut zu erkennen, eigentlich keine Hantel mehr, sondern ein Ei

Der Test mit dem Hβ-Filter am California-Nebel muss auf einen späteren Zeitpunkt an einem dunkleren Ort vertagt werden.

Zu den Okularen: Generell liegen mir als Brillenträger die 68° Meade SWA-Okulare besser am Auge als die 82° UWAs. Das Einblickverhalten der SWA ist sensationell komfortabel und im Gegensatz zu den bisher von mir verwendeten Pentax-Okularen entfällt die lästige Fangspiegel-Abschattung bei falschem Augenabstand. Das gilt übrigens für beide Serien.


Okular- und Filterparty mit Großem Wagen in unterer Kulmination


Ludwigs Okular-Bar


Die Astronomik Filter-Bar

Schlechtes Seeing verhindert am Mars einen sinnvollen Test von Planetenokularen kurzer Brennweite.

Während wir testen, steigt der Winterhimmel immer höher, und mit ihm Mars. Trotz nicht so gutem Seeing mache ich ein paar Webcamaufnahmen.


Mars. 12" LX-200 bei f/20 (F=6m), Philips SPC 900. Farbe: IR Sperrfilter. Kontrast: IR Passfilter 742nm.
LRGB aus Farb- und Infrarotaufnahme. Nördliche Polhaube ist sehr deutlich, auch Hellas im Süden ist
gut zu erkennen, die Große Syrte sowieso. Auch die Phase des Planeten ist deutlich. Mars wird schon!

Den Abschluß bildet der Aufgang des abnehmenden Mondes. Rasch noch ein Bildmosaik.


Mond. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Canon EOS 350D, Mosaik aus drei Bildern
1/60s bei 200 ISO, bei höhenbedingt sehr schlechtem Seeing.

Was für eine Nacht! Der unglaubliche Komet Holmes, Deep Sky, Mars, Mond und dazu jede Menge Ausrüstung zum Ausprobieren. So etwas sollte öfter möglich sein. An uns scheitert es sicher nicht, das Wetter muss auch passen! Dank an AstroExperts und Gerd Neumann Jr. für das Testequipment!