Beobachter: | Alexander Pikhard, Natalie Ebner | ||||||||||||||||
Datum: | 31. 05. 2008 | ||||||||||||||||
Zeit: | 18:00 bis 01:30 MESZ | ||||||||||||||||
Ort: | St. Anna am Aigen, Südsteiermark | ||||||||||||||||
Instrument: | Skywatcher Refraktor 150/1200mm, Canon EOS 350D, 75-300mm Tele | ||||||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: | Das Gewitter am Vorabend hat den Himmel reingewaschen und heute ist der Abend makellos. Kein einziges Wölkchen trübt den Blick auf den Himmel.
Ich habe den 6" Skywatcher-Refraktor der WAA in die Steiermark "entführt"; das Instrument erschien mir angesichts der nicht so ganz sicheren Wetterprognosen ein (im wahrsten Sinn des Wortes) tragbarer Kompromiss gegenüber meinem überschweren 12" LX-200. Im Weingarten hinter der Buschenschank gibt es einen nahe gelegenen, ganz brauchbaren Platz zum Beobachten. Nicht ganz ohne Lichtverschmutzung, aber nahe genug, die Ausrüstung vom Parkplatz hinzutragen. Das gibt eine stilvolle Beobachtung.
Es wird eine Nacht der Lichter. Künstlicher, erdgebunden und mehr oder minder störend, von Menschenhand geschaffener im Weltraum, und natürlicher, nicht nur am Himmel. Doch letztere stehen heute eindeutig im Mittelpunkt. Natürliche Lichtquellen sind schwach, sieht man einmal von der Sonne ab. Während über uns auf dunkelblauem Dämmerungshimmel die ersten Gestirne sichtbar werden, ...
... tauchen unter uns andere, natürliche Lichtquellen auf. Selten sind sie schon geworden, die -- Glühwürmchen!
Auf das Foto von den Glühwürmchen bin ich mehr stolz als auf so manches Astrofoto! In der kleinen Gemeinde St. Anna am Aigen ist an diesem letzten Maiabend, der von der Temperatur eher ein Sommerabend ist, eine Menge los. Auf dem Kirchplatz führt die örtliche Theatergruppe Hoffmannsthals Jedermann auf (kein Scherz) und auf dem nahen Sportplatz feiert der örtliche Fussballklub den Meistertitel in einer wohl nicht so bedeutenden Liga. Beides sorgt zunächst für zuviel Licht.
Das kleine Feuerwerk des Fussballklubs stört nicht sehr, da es - wohl geldbedingt - sehr kurz ist.
Die Jedermann-Aufführung stört im Prinzip nicht, störend ist nur die Kirchenbeleuchtung (überall das gleiche Leid), die erst um Mitternacht abgeschaltet wird. Immerhin. Ein Vergleich:
Keine Frage, man sieht die schmucke Kirche auch ohne die enorme Bestrahlung recht gut. Zu den Lichtspielen dieser Nacht gehört eindeutig auch eine traumhafte Passage der ISS über den Zenit.
Doch jetzt zum Sternenhimmel. Es ist in der Tat eine tolle Nacht, die Durchsicht wird nur ein wenig durch bodennahen Dunst gemindert. Doch für ein schönes Himmelserlebnis reicht es allemal. Das beginnt mit Saturn, der bei mittelprächtigem Seeing dennoch ein wunderschöner Anblick ist, vor allem im Umfeld seiner Monde. Ich halte den Planeten mit einem Schnappschuss durchs Okular fest (Computer und Webcam sind zuhause geblieben, schön, einmal "nur" mit einem Fernrohr unterwegs zu sein).
Es folgen ein paar schöne Doppelsterne in der fortgeschrittenen Dämmerung, Gamma Leonis, Epsilon Bootis und der auch schon aufgegangene Albireo. Bei schwacher Vergrößerung in reichem Milchstraßenfeld ein toller Anblick (das 40mm Pentax-Okular hat an diesem Rohr ein Gesichtsfeld von 2° 10' bei 30-facher Vergrößerung, ein monokularer Fujinon-Effekt! Der Skorpion ist auch schon teilweise aufgegangen.
Und dann geht es in dieser mondlosen Nacht an die Deep Sky Objekte. Den Anfang machen die Kugelsternhaufen. Ich hatte Zweifel, ob diese Objekte mit 6" Öffnung gut aussehen, doch sie tun es! Das 7mm Pentax-Okular gibt eine Vergrößerung von 171x bei einem Gesichtsfeld von 23', und die Kugelsternhaufen sind in der Tat prachtvoll, voll aufgelöst. M13, M92, M5 und M3 sind traumhaft, aber auch M56 und M53 machen durchaus noch ein gutes Bild. M10 und M12 sind sehr schön. M4 steht noch zu tief. Über uns vollzieht sich der Wechsel vom Frühling zum Sommer. Endlich ist auch die Milchstraße wieder da!
Jetzt sind die Galaxien dran. Bevor sie zu tief stehen, suche (und finde) ich die beiden Galaxientripel im Löwen; erst M65, M66 und NGC NGC 3628, das klassische Leo-Triplet. Ein sehr schöner Anblick vor allem im 21mm Pentax (57x, 1° 8' scheinbares Gesichtsfeld). Dann zur Gruppe M95, M96 und M105 (in der Tat drei Messier-Objekte in einem Gesichtsfeld mit dem 40mm Pentax), dabei ist das eher ein Quadrupel, denn nahe M105 steht noch NGC 3384. Die vier Galaxien sind aber schwächer als M65 und M66. Weiter in den Virgo-Galaxienhaufen. Sehr schön ist M87 und die Gruppe um M84 und M86 ist beeindruckend. Mit diesem Fernrohr erkennt man noch NGC 4435 und NGC 4438 ("die Augen") und NGC 4388. Toll, in dieser Gegend zu stöbern. Der tollste Anblick sind dann die Galaxien M81 und M82 in einem Gesichtsfeld, da kann man sicht nicht sattsehen. Ich bin übrgens ganz stolz darauf, auch nach Jahren mit dem LX-200 und seiner GoTo-Montierung alle Objekte noch ohne Mühe auch händisch einstellen zu können - (fast) ganz ohne Sternkarte. Fast? Auf meinem etwas überzüchteten Handy habe ich PocketSky installiert ... Jetzt sind planetarische Nebel dran, und zwar nur die größeren Exemplare. M57, M27 und M97 sind lohnende Ziele. Am Weg zu letzterem kommt man bei der Kantengalaxie M108 vorbei. Zwei offene Sternhaufen stehen jetzt auch schon günstig. Der unbekannte IC 4665 im Schlangenträger (sehr groß, sehr locker, helle Sterne) und der Klassiker M11. Entgegen der Gepflogenheit dieser Nacht, visuell zu beobachten, halte ich beide im Bild fest, mit fix ans Fernrohr montierter Kamera (jeweils 30s bei 1600 ISO).
Ein interessanter Vergleich, die beiden Haufen im gleichen Maßstab. Den Abschluß dieser ereignisreichen und wunderschönen Nacht macht ein Blick zum Jupiter tief im Südosten. Seeingbedingt halte ich nur den überbelichteten Planeten mit seinen Monden im Bild fest, aber im Okular erkennt man blickweise sogar schon Details.
Ein schöner Abschluß einer wirklich tollen Beobachtungsnacht. |