Tauriden: Feuerkugeln!

Rajasthan, Indien, 30. 10. bis 7. 11. 2008

20081030twe00.html

Beobachter:Thomas Weiland
Datum:30. 10. bis 7. 11. 2008
Zeit:00:00 Uhr
Ort:Rajasthan, Indien
Instrument:Freies Auge
Bedingungen:
Sonstige Bedingungen:Meist wolkenlos
Bericht:

Bei den Tauriden handelt es sich um einen schwachen Meteorstrom, der alljährlich von Ende September bis weit in den November hinein auftritt. Der Strom zerfällt in zwei Teile (Nördliche Tauriden = NTA; Südliche Tauriden = STA), die visuell nicht leicht zu trennen sind. Beide zeigen nur wenig ausgeprägte Maxima um den 12. (NTA) bzw. 5. November (STA), die stündlichen zenitalen Raten liegen für jeden Teilstrom selten über 5. Als Erzeuger gilt eine Gruppe von Kometen, darunter am bekanntesten 2P/Encke, und erdnahen Asteroiden. Die Tauriden sind für ihre langsamen (geozentrische Geschwindigkeit 29 bzw. 27 km/s) und mitunter sehr hellen Meteore bekannt. Letztere treten aber nur in jenen Jahren gehäuft auf, in denen die Erde Teilchenwolken mit größeren Partikeln durchquert. Diese werden durch eine 7:2-Resonanz mit Jupiter hervorgerufen [1]. Schwierigkeiten bei der Zuordnung bereitet mitunter der relativ große und komplexe Radiant (20°x10°), welcher sich mit dem ebenfalls diffusen Ausstrahlungsgebiet der Antihelion-Meteore überlappt, so dass letztere von den Tauriden praktisch nicht zu unterscheiden sind [2, 3].

Für 2008 war, so wie zuletzt im Jahr 2005, erneut ein Zusammentreffen mit einem "Tauriden-Schwarm" vorausgesagt worden [2]. Im Gegensatz zu damals, als ich in Atzelsdorf bzw. auf der Hohen Wand / NÖ beobachtete, nutzte ich 2008 die Gelegenheit, im Rahmen einer Indienreise (Rajasthan; siehe auch Bericht über die Bedeckung von Sigma Sagittarii durch den Mond) systematische Beobachtungen dieses Stroms anzustellen. Während des Aufenthalts waren die Bedingungen, von gelegentlichem Staub und Rauch aus der Landwirtschaft abgesehen, meist gut, und so konnte ich zwischen 30.10. und 7.11. an insgesamt 6 Nächten beobachten (Orte zwischen 71° und 75° E bzw. 27° und 28° N, 200 bis 300 m Seehöhe; Grenzgröße vor Beginn der Dämmerung durchschnittlich +6,10mag). Besonders in der Region um Khimsar am Rande der Wüste Thar erwies sich der Himmel als dermaßen dunkel, dass ich ohne Mühe den Gegenschein (eine 10°x15° große, ovale Aufhellung) sowie davon ausgehend die Lichtbrücken als etwa 5° breite Bänder entlang der Ekliptik ausmachen konnte!

Insgesamt konnte ich in der genannten Zeit (Beobachtungsdauer knapp 23 Stunden) 118 Tauriden erfassen, davon 65 STA und 53 NTA. Beide Teilströme lieferten, wie erwartet, nur wenige Meteore pro Stunde, wobei für die STA eine Abnahme der durchschnittlich beobachteten Raten von 4-5/h am 30./31.10. (auf den Zenitstand des Radianten korrigiert 5-6/h) auf 1/h am 6./7.11. (zenital 1-2/h) zu bemerken war (siehe Diagramm 1). Bei den NTA lag ein nahezu gegenteiliges Verhalten vor (leichter Anstieg der Raten von 2/h auf knapp über 3/h; zenital korrigiert von knapp über 2/h auf 4-5/h; siehe Diagramm 2). Auf Grund der kleinen Stichprobe (s. o.) wurden die beobachteten Raten nicht auf ZHR’s hochgerechnet (zu große Streuung der Werte), sondern lediglich zenital korrigiert.


Südliche Tauriden: mittlere Häufigkeit / Stunde (zenital korrigiert)


Nördliche Tauriden: mittlere Häufigkeit / Stunde (zenital korrigiert)

Betrachtet man die Helligkeitsverteilung (Diagramme 3-5), so ergibt sich daraus, dass 34 % der STA und 36 % der NTA eine Helligkeit von zumindest 0mag erreichten. Relativ geringe Unterschiede zeigen sich auch bei den über die gesamte Beobachtungsdauer gemittelten Populationsindices von r = 1,93 (STA) gegenüber r = 1,83 (NTA) sowie den mittleren, auf die Grenzgröße von +6,5mag reduzierten Meteorhelligkeiten (+2,28mag gegenüber +2,02mag). Farblich konnte ich vor allem gelbe, weiße, orange und blaue, selten auch grüne Anteile beobachten. Meistens erschienen die Tauriden sternförmig mit nur kurzer Spur.


Helligkeitsverteilung der Tauriden 30./31.10. bis 6./7.11.

Ähnlich wie in früheren "Schwarm-Jahren" kamen auch 2008 Feuerkugeln vor, wenngleich weniger zahlreich als 2005 [1, 4]. Dennoch konnte ich bereits in der ersten Beobachtungsnacht insgesamt drei Lichtblitze registrieren, von denen einer durch ein etwa -10mag helles Objekt außerhalb des Gesichtsfeldes (vermutlich STA) mit einer mehrere Sekunden nachleuchtenden Spur hervorgerufen wurde. Die bei weitem eindrucksvollste Feuerkugel (NTA) erschien kurz vor Ende meiner Beobachtungen am 6.11. um 22h43m55s UT, zog in einer 10°-15° langen Bahn von Cas bis Cep und erreichte eine Helligkeit von -8mag! Sie wirkte weiß/gelb mit blauer "Hülle" und hinterließ ebenso eine mehrere Sekunden nachleuchtende Spur.

Literatur:

[1] Dubietis, A. and Arlt, R.: Spectacular Taurid meteor shower in 2005. WGN 34:1 (2006), pp. 3-6.

[2] McBeath, A., (ed.): 2008 Meteor shower calendar. IMO 2007, pp. 19-20.

[3] Triglav-Cekada, M. and Arlt, R.: Radiant ephemeris of the Taurid meteor complex. WGN 33:2 (2005), pp. 41-58.

[4] Website der IMO