Diverse Tests über dem Nebel

Hohe Wand, Kleine Kanzel, 07. 11. 2009

20091107api18.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:07. 11. 2009
Zeit:18:30 bis 23:00 Uhr MEZ
Ort:Hohe Wand, Kleine Kanzel
Instrument:8" Bresser-Meade Messier N203/1000 auf LXD-75, DBK 21AU04.AS - USB, Canon EOS 350D
Bedingungen:
Durchsicht:gut (2)
Grenzgröße:5.5
Aufhellung:ausreichend (3)
Seeing:schlecht (4)
Wind:kein
Temperatur:3°C
Feuchtigkeit:trocken
Sonstige Bedingungen:3/8 bis 5/8 Ci
Bericht:

Endlich wieder Sterne sehen! Es ist zwar heute die Lange Nacht der Forschung, doch nichts kann mich dazu bewegen, mir die eine oder andere Präsentation anzusehen. Die Chancen, nach anhaltendem Schlechtwetter und endloser Hochnebellage in Wien wenigstens über dem Nebel ein paar astronomische Blicke zu ergattern, sind heute zu groß. Außerdem muss ich selbst noch einiges "erforschen".

Also mache ich mich auf den Weg auf die Hohe Wand. Zu meiner Überraschung ist schon bei Guntramsdorf der Himmel klar, Jupiter strahlt tief im Südwesten. Der schwache, aber stetige Ostwind treibt den Nebel auf die Hohe Wand zu. Bei der Abzweigung zum GH Postl ist es noch nebelig, so dass ich beschließe, höher hinauf zu fahren. Beim Wildgehege ist der Himmel klar. Ich stecke meine Nase aus dem Fenster - feucht! Es hat +3°C hier, die erhoffte Inversion ist also schwach, denn auch im Tal hatte es +3°C. Ein kurzer Lokalaugenschein ergibt, hier ist jetzt schon alles nass. Das wird nix. Also weiter auf die Kleine Kanzel. Hier ist alles trocken, da ein ganz leichter, nicht weiter störender Wind geht.

Nachdem ich die übliche Balkonlaterne wegverhandeln konnte, kann es losgehen. Erster Aufbau der EQ6 im Feld. Gar nicht so schwierig und der Polsucher erweist sich, abgesehen einmal vom üblichen Einblickverhalten (unter dem Teleskop liegend) als brauchbar.

Der Himmel ist nicht ganz klar. Viele Cirren kündigen das nächste Frontensystem an, ich muss meine Objekten in Cirrenlöchern suchen.


Ein erster Test mit NEQ6-Pro im Feld. Im Hintergrund der Hochnebel über Wien


Das Sommerdreieck mit Milchstraße, Flugzeug und Cirren. 3 Minuten bei 1600 ISO, F=18mm.


Ursa Maior im Norden mit noch mehr Cirren, darunter die Hochnebeldecke über den Tälern

Mir geht es heute ausschließlich darum, die NEQ6 kennen zu lernen. Ein komisches Gefühl, mit so vielen Jahren Praxis wie ein Anfänger unterwegs zu sein, doch ist in der Tat einiges neu. Nach Jahren mit Meade-Steuerungen jetzt eine vom Celestron-Typ (Hauptpunkt hier: Die vertauschten Positionen von ENTER und ESC auf der Handbox; eine Herausforderung fürs Gehirn).

Zunächst einmal Jupiter, er steht schon tief. Mit 3x-Barlowlinse geht es an die Webcam.


Jupiter bei suboptimalem Seeing, F=3000mm, DBK-21 Webcam. Rechts Europa. L1 = 155°, L2 = 37°.

Ich möchte wissen, wie lange ich ohne Autoguider nachführen kann. Erstes Manko: Ich weiss die Koordinaten der Kleinen Kanzel nicht auswendig, habe sie nicht gespeichert und denke nicht daran, dass ich ohnedies ein GPS-Gerät mit habe. Also schätze ich. Wozu unterrichtet man sphärische Astronomie? Annähernd gleiche Länge wie Wien und 40km südlich macht ca. 1/3°, das muss reichen. Nachdem eine Bogenminute rund 2km sind, hat man bei rund 25km Genauigkeit die Objekte immer noch im Feld. Und: Das ganze bezieht sich nur auf GoTo. Wie lange ich nachführend kann, hängt nur von der Aufstellung ab. Hoffentlich habe ich den Pol gut erwischt. Mal sehen.


M31, 2 x 180s + 1 x 120s. Canon EOS 350D bei 1600 ISO, verkleinerter Bildausschnitt

Bei 3 Minuten Belichtungszeit sind 40% der Aufnahmen brauchbar, das ist gar nicht so übel. Kleine Fehler durch nicht ganz optimale Poljustierung fallen im verkleinerten Bild kaum auf. Dabei habe ich durch Cirren fotografiert.

Ich teste weiter mit 90s.


h + χ Persei, 10 x 90s, sonst wie oben.

Auch gut, hier sind alle Bilder verwertbar. Allerdings passier ein anderer Mist: Die Kamera kippt im Okularauszug, weil die 1,25" Steckhülse den Adapter nur mit zwei filigranen Schrauben fixiert. Daher sind die Sterne rechts im Bild alle unscharf. Eine vermeidbare Panne - ein besserer Okularauszug wartet nur mehr auf seinen Einbau.

Jetzt noch ein Test mit der Webcam. M76 ist dran, mit 12mag ein schwieriges Objekt für diese Kamera.


M76, 11 x 55s mit DBK, Bildausschnitt in Originalgröße.

OK, nicht gut genug eingescheinert, das macht sich jetzt gnadenlos bemerkbar. Gut immerhin, dass es zu keinen sonstigen Effekten kommt und die DBK erstmals mit knapp einer Minute Belichtungszeit zum Einsatz kommt.

Der Himmel im Nordosten wird heller. Das hat zwei Gründe: Einerseits lichtet sich die Hochnebeldecke über Wien, andererseits geht bald der Mond auf.


Der helle Fleck in den Wolken zeigt an: ...


... Hier geht der Mond auf

Ein kurzer Himmelsüberblick.


Südwesten. Hier geht Jupiter unter, der Himmel ist hier klar.


Osten. Cirren nur nahe dem Horizont, sonst brauchbar.


Im Norden die von unten beleuchtete Hochnebeldecke (vorne Reichental, hinten Pernitz)

Jetzt ist der Mond da.


Aufgehender Mond bei F=1000, verkleinert.

Das heisst, ab jetzt kürzere Belichtungszeiten wegen der Himmelsaufhellung. Im Westen entschliesse ich mich zu einer Serie von M15.


M15, 10 x 30s bei 1600 ISO, verkleinerter Bildausschnitt.

Plötzlich wird der Wind etwas stärker, unangehem bei nur +3°C, er fühlt sich frostig an. Angesichts der Helligkeit des Himmels baue ich das Fernrohr ab - um ein paar Erfahrungen reicher und nicht unzufrieden. Jetzt ist dann Zeit für zwei Stimmungspanoramen von der Kleinen Kanzel ...


Der vom Mond beleuchtete Schneeberg strahlt über dem Nebelmeer, das noch im Schatten der Hohen Wand liegt.
Der helle Fleck im Nebel ist Miesenbach, das den Nebel von unten beleuchtet. Jupiter steht knapp über dem Schneeberg.

... und vom Waldeggerhaus, von wo aus das Nebelmeer noch besser zu sehen ist.


Blick vom Waldeggerhaus. Das untergehende Sommerdreieck über dem Nebelmeer. Über dem Schneeberg Jupiter.

Die Fahrt nach Hause wird zunächst abenteuerlich. Knapp nach der Abzweigung zum Waldeggerhaus sinkt die Straße in das Nebelmeer und bis ins Tal beträgt die Sichtweite genau einen Markierungspfosten. Gut, dass ich die Straße so halbwegs kenne. Beim Postl wäre heute nichts drin gewesen. Die Kehren in der Wand in dem dichten Nebel sind spannend. Erst bei der letzten Kehre normalisiert sich die Sache wieder. Doch es hat sich gelohnt. Endlich wieder Sterne!