Beobachter: | Alexander Pikhard | ||||||||||||||||
Datum: | 20. 11. 2009 | ||||||||||||||||
Zeit: | 19:00 bis 00:30 Uhr MEZ | ||||||||||||||||
Ort: | Hohe Wand, kleine Kanzel | ||||||||||||||||
Instrument: | 8" Bresser-Meade Messier N203/1000 auf NEQ6 Pro, DBK 21AU04.AS - USB, Canon EOS 350D | ||||||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: | Wien versinkt wieder im Nebel. Ich habe eine sehr schwere Woche hinter mir, beruflich, und auch die WAA hatte mir diese Woche jeden Abend einen Termin verschafft. Ich bin hundemüde und nicht sehr motiviert, einzig eine Meldung im Radio von 21°C bei strahlendem Sonnenschein auf der Hohen Wand hat mich neugierig gemacht. Ich überlege lange hin und her, dann packe ich im Nieselregen die Ausrüstung zusammen und fahre doch los. Die Südautobahn im Freitagabendverkehr bei Nebel ist kein Vergnügen. Dann geht es im Nebel durchs Piestingtal, doch bei Dreistätten hört der Nebel schon auf und ich sehe Sterne. Wie das die Lebensgeister weckt! Bei Muthmannsdorf tauche ich aber wieder in den Nebel ein und fahre dennoch, sehr langsam vortastend, meinen Schleichweg nach Gaaden. Das Ortsschild überrascht mich, es taucht aus dem Nichts auf. Nebel bis zur Abzweigung der Mautstra´ße, Temperatur lediglich 2°C. Hoffentlich friert das Zeug nicht ... Nach ein paar Metern ist der Nebel vorbei und vor mir liegt die Hohewand und darüber Sterne. Ich fahre die Kurven hinauf. Könnte beim Postl beobachten, aber nein, ich habe ja Kleine Kanzel auf unserer Homepage geschrieben. Es hat 9°C hier, nicht schlecht. Ich fahre weiter. Mein Blick konzentriert sich auf die Straße, bald erreiche ich den komplett leeren Parkplatz auf der Kleinen Kanzel. Es ist stockdunkel. Ich parke an üblicher Stelle, steige aus, und -- bist du narrisch! Eine unglaubliche Wärme empfängt mich. Ich hatte nicht auf das Thermometer geschaut, aber jetzt: Es hat 17°C! Raus aus der dicken Jacke, ist ja nicht auszuhalten. Über mir ein grandioser Sternenhimmel, nur im Nordosten ein paar Wolkenfetzen, die recht rasch ziehen. Aufbau im dünnen Pullover, fast komme ich ins Schwitzen. Im Norden keine Spur vom Nebel, die Ortschaften leuchten herauf.
Erstes Objekt ist Jupiter. Das Seeing ist, unerwarteter Weise, gut.
Was tun bei so einem traumhaften Himmel? Ich beschliesse, keine Experimente zu machen, sondern die Klassiker zu fotografieren. Ich bin alleine hier und habe alle Zeit der Welt. Die NEQ6 ist halbwegs gut aufgestellt und führt brav nach, eine Minute sollte kein Problem sein. Ich stelle auf meiner Steuerbox 50 Sekunden ein, weil ich zu faul bin, die Minute rauf- und die Sekunden runter zu drücken.
Ein Komakorrektor wäre angebracht ...
Schon die Rohbilder schauen verheißungsvoll aus. Ich höre Stimmen. Bekomme doch Besuch, von einem jungen Teilnehmer unseres Einsteigerkurses samt Partnerin. Während das Fernrohr Aufnahmen macht, ergibt sich ein nettes Gespräch. Später zeige ich dann auch ein paar Objekte durchs Fernrohr.
Meine Gäste verlassen mich wieder und ich bin wieder ganz allein hier oben. Es ist warm wie in einer Sommernacht, windstill, und ich kann es nicht ganz fassen, dass dieser traumhafte Himmel hier mir ganz alleine gehören soll. Und doch, er tut es. Ich fotografiere weiter - Klassiker.
Es ist Mitternacht und es hat immer noch 15°C. Ich stehe hier und blicke fassungslos zum Himmel hinauf. Diese Klarheit, das Wintersechseck so "nahe", als könnte ich mich strecken und einfach einen Stern herauspflücken. So eine Nacht habe ich schon lange nicht erlebt. Der Nebel im Flachland ist dichter geworden, hier oben ist es dunkler geworden.
Ich bin wirklich fassungslos, dass ich hier alleine stehe. Ist das das Ergebnis des Internationalen Jahrs der Astronomie? Es ist uns offenbar nicht gelungen, die Begeisterung für den Sternenhimmel zu vergrößern. Wir haben verloren - gegen das schlechte Wetter, und dagegen, das Desinteresse in Mode ist. Genug gegrübelt. Es wird Zeit, abzubauen.
Mars ist noch zu klein und das Seeing zu schlecht. Das wäre mein letztes Objekt gewesen. Es fällt mir schwer, diesen Himmel zurück zu lassen, doch morgen ist auch noch ein Tag. Ich packe ein, schon recht routiniert, und tauche am Ende der Mautstraße wieder in den Nebel ein - er wird mich bis vor die Haustüre begleiten. Fortsetzung folgt ... |