Spezielle astronomische Veranstaltungen in unseren Breiten im Winter anzusetzen, ist mutig. Die Wahl lautet meist zwischen Wolken und Niederschlag bei Tiefdruckwetter oder Hochnebel bei Hochdruckwetter. Winter mit vielen klaren Nächten in Wien gab es zur Zeit, als ich vor rund 40 Jahren mit Astronomie begonnen habe, aber in jüngerer Zeit eigentlich kaum.
Dennoch wagen wir das Instrument und nehmen die - an sicht nicht so spektakuläre - Marsopposition 2010 zum Anlass, etwas vom Schwung des Astronomiejahrs (zumindest dessen erster Hälfte) ins neue Jahr mitzunehmen. An fünf Abenden sollen alle Gelegenheit haben, dem Mars persönlich zu begegnen.
Aus dem Pressetext:
Mars Nights 2010
Ihre persönliche Begegnung mit dem Roten Planeten
Mars ist der äußere Nachbarplanet der Erde im Sonnensystem. Aufgrund dieser Nachbarschaft begegnen die beiden Planeten einander nur selten, im Schnitt alle 780 Tage. Ende Jänner 2010 ist es wieder einmal so weit, am 27. um 20.02 Uhr MEZ stehen die beiden Planeten einander am nächsten.
Leider wird diese Begegnung heuer mit einem gehörigen Respektabstand von 99 Millionen Kilometer stattfinden - viel mehr als im rekordverdächtigen Jahr 2003, als am 28. August die beiden Planeten auf immerhin 55 Millionen Kilometer nahe kamen.
Schuld an diesen enormen Unterschieden ist die elliptische Marsbahn, die die Entfernung des Planeten von der Sonne zwischen 207 und 249 Millionen Kilometer schwanken lässt. Um Mars wieder so groß wie 2003 zu sehen, müssen wir zumindest bis 2018 warten, genau genommen sogar bis zum Jahr 2287.
Da der Planet Mars nur etwa halb so groß ist wie unsere Erde, erscheint er im Fernrohr bei einer Entfernung von 99 Millionen Kilometer sehr klein. Um ihn so groß erscheinen zu lassen wie den Vollmond mit freiem Auge, ist eine Vergrößerung von rund 130-fach erforderlich, das ist für ein Teleskop in der Tat schon sehr viel. Der Blick durch ein Fernrohr ist selbst bei wolkenlosem Himmel nicht ungetrübt, warme und kalte Luftmassen, die sich unweigerlich in unserer Atmosphäre vermischen (vor allem im Winter), lassen nicht nur die Sterne funkeln, sondern auch das Bild des Planeten verwaschen erscheinen.
Wer erstmals durch ein Teleskop schaut, auch durch ein großes, wird daher kaum etwas von den Marslandschaften erspähen können. Blicke auf Marsvulkane, tiefe Gräben und ausgetrocknete Seen und Flüsse bleiben ohnedies nur Weltraumsonden vorbehalten. Doch selbst die großen Strukturen - helle Wüsten, dunkle Bergregionen, die eisbedeckten Polargebiete oder Wolkenfelder - sind im Fernrohr nicht leicht zu erkennen.
Um Interessierten dennoch einen genauen Blick zu ermöglichen, veranstaltet die Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie vier Mars Nights. Am 29. und 30. Jänner sowie am 5. und 6. Februar wird der Planet Mars in einem kurzen Vortrag vorgestellt und danach mithilfe eines speziellen digitalen Verfahrens am Teleskop präsentiert, schönes Wetter vorausgesetzt.
Gleich vorweg: Der Besuch dieser insgesamt fünf Veranstaltungen ist eher bescheiden, doch es kommen sehr nette und interessierte Gruppen zusammen. Für die 2010 neu aufgestellte WAA ist es gleichzeitig eine Probe für künftige Veranstaltungen, und zwar eine sehr gelungene. Der Stress am letzten Abend ist schlussendlich nicht hausgemacht.
Spezielle astronomische Veranstaltungen im Jänner zu planen, ist in unseren Breiten schon etwas verwegen; wissen wir doch, dass die langjährige Wetterstatistik kaum Hoffnungen auf klare Nächte in dieser Jahreszeit macht. Die Alternativen sind Wolken verbunden mit Niederschlag oder Hochnebel. An diesem ersten Wochenende ist es ersteres, wobei es zum Glück etwas milder ist (statt -10°C hat es immerhin leichte Plusgrade) und sich der Niederschlag in Grenzen hält.
Am Abend des 29. Jänner kann man den Mond gerade einmal erahnen, ...
Vollmond am Himmel des 29. 1. abends
... vom Mars ist nichts zu erkennen. Eine sehr kleine Gruppe findet sich in unserem Astrostüberl in Strebersdorf ein. Da wir neue Freunde aus den USA kennen lernen, plaudern wir aber doch recht lange.
Am nächsten Abend, im Atelier Augarten, ist der Himmel eine kleine Spur besser.
Die Ankündigung der Mars Nights
Auch heute dominiert eine dünne Wolkenschicht, durch die der Mond schemenhaft scheint, doch in einem kurzen Moment zeigt sich sogar der Mars. Zu wenig für eine ernsthafte Beobachtung, aber immerhin.
Mond und Mars dringen durch die dünnen Wolken über dem Ambrosi-Museum
Die Gruppe, die sich heute eingefunden hat, ist etwas größer als am Vortag.
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Im Anschluss an die multimediale Reise zum Mars baut Roland einen kleinen Refraktor auf; wir hoffen auf ein Wolkenloch beim Mars, doch es bleibt bei einem Blick zu einem sehr diffusen Mond.
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Wenigstens gelingt ein Blick zum Himmel
Der diffuse Vollmond hinter hohen Wolken. Gruselig.
Vielleicht klappt es ja nächstes Wochenende ...
Text und Fotos: Alexander Pikhard.
Mars Night im Weinviertel. Auch heute sorgen dichte Wolken dafür, dass Mars selbst nicht zu beobachten ist. Dafür ist der Vortrag im Gasthof Wittmann in Klement recht gut besucht.
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Heute können wir nur den künstlichen Sternenhimmel beobachten
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Text: Alexander Pikhard. Fotos: Roland Graf.
Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |
Mars Night im Astrostüberl in Strebersdorf. Es hat den Anschein, als würden die Wolken von Mal zu Mal dichter. Auch heute findet Mars daher nur im Saal statt.
Für das schlechte Wetter überraschend guter Besuch
Nach einer multimedialen Reise zum Mars gibt es statt Fernrohrbeobachtung außertourlich ein paar physikalische Experimente.
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Auch wenn das Wetter nicht passt, unser Astrostüberl hat sich einmal mehr als sehr gemütlicher Ort zum Fachsimpeln bewährt.
Text und Fotos: Alexander Pikhard.
Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |
Letzte Mars Night dieser Serie. Für uns ein Happy End, wenn auch mit Aufregung. Nach Studium aller Wettermodelle und einer detaillierten Vorschau von Andreas Pfoser gehe ich davon aus, dass es heute zu spät aufklaren wird und auch dieser fünfte Abend ohne einen guten Blick zum Himmel auskommen muss - und nehme keine astronomische Ausrüstung mit.
Um 19 Uhr baue ich im Atelier Augarten Computer und Beamer auf, starte in Erwartung von hoffentlich ein paar Besuchern die Show und schaue rein routinemäßig auch aufs Satellitenbild, um die Chancen für Sonntagabend zu checken. Mir stockt das Blut in den Adern! Von Norden her nähert sich ein Wolkenloch von der Größe Polens, es hat das Weinviertel schon erreicht. Roland hat aus familiären Gründen für heute abgesagt und meine Ausrüstung liegt daheim. Abbauen, heimfahren, alles holen und wieder herfahren, das geht sich um 19.15 Uhr nicht mehr aus. Was tun?
Die Rettung ist Franz Tatarek. Er trifft gerade ein und vollbringt die heldenhafte Tat, noch einmal zu mir nach Hause zu fahren, dort meine - wahrlich nicht leichte - Ausrüstung in Empfang zu nehmen und wieder herzufahren. Und dann kann sich Roland doch auch noch früher freispielen und kommt mit seinem 18" Dobson auch noch her. Uff!
Franz Tatarek, Held dieser Mars Night
Ja, und es kommen auch Gäste. Nicht viele, aber doch, und so beginnt pünktlich um 20 Uhr der Vortrag.
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Wir reisen virtuell zum Mars
Während die beeindruckende Bildershow mit Musik automatisch läuft, trifft Franz mit meiner Ausrüstung ein und Mars scheint durch ein erstes Wolkenloch. Roland und ich beginnen mit dem Aufbau. Wir treten nach dem Vortrag ins Freie - und stehen unter einem wolkenlosen Himmel, von dem Mars hell und rot strahlt. Wer hätte das gedacht?
Mars strahlt von wolkenlosem Himmel!
So kommen wir in der letzten von fünf Nächten endlich dazu, dem Roten Planeten mehr zu entlocken, als der Blick durchs Fernrohr zeigt - wenngleich Rolands 18" Dobson visuell durchaus mit dem mithalten kann, was der kleine Achtzöller mit Webcam produziert. Öffnung ist ja doch alles.
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Und es gelingt uns, bei durchaus brauchbarem Seeing, gemeinsam ein Bild vom Mars zu erzeugen.
Mars in dieser Mars Night.
Das Bild entsteht aus zwei Videosequenzen. Eine mit IR-Sperrfilter liefert die Farben, eine mit IR-Passfilter 742nm liefert den Kontrast. Jeweils 600 Bilder bei einer Brennweite von 4,5 Metern. Viele Details sind zu erkennen, vor allem die nördliche Polkappe und die Große Syrte. Wie gesagt, visuell im 18" Dobson war der Eindruck fast der gleiche, bis auf die kleinsten Details vielleicht.
So kamen die Mars Nights 2010 zu einem erfreulichen Abschluss, wenngleich wir uns mehr Besuch erhofft hätten (immerhin waren die Veranstaltungen in Kurier und Kronenzeitung angekündigt, dank Charlotte und wieder Franz Tatarek).
Text: Alexander Pikhard. Fotos: Vera Ivanova Chubenko, Monika Klapka und Alexander Pikhard.
Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |