Keine andere Zeit ist von den astronomischen Bedingungen her besser geeignet, Kindern den Sternenhimmel näher zu bringen, als die Weihnachtsferien. Es wird sehr früh dunkel, am nächsten Tag ist sicher keine Schule, es sind keine Hausaufgaben zu erledigen. Allerdings, und das ist die Kehrseite, spielt gerade in dieser Zeit das Wetter meist nicht mit.
Nach einige Jahren Pause haben wir uns dennoch entschlossen, heuer wieder am Wiener Winterferienspiel teilzunehmen. Die partielle Sonnenfinsternis vom 4. Jänner ist einfach ein zu guter Aufhänger: Eine Sonnenfinsternis in den Ferien! Doch die Finsternis findet nur einmal statt, und ein Termin ist für ein ganzes Ferienspiel viel zu wenig. Was tun?
Der Mond kann nicht helfen, denn am 4. Jänner, dem Tag der Finsternis, ist natürlich auch Neumond und somit kann der Mond die ganzen Weihnachtsferien hindurch nicht am Abend gesehen werden. Doch wir haben noch ein anderes markantes Gestirn am Himmel, den Planeten Jupiter. Den ganzen Herbst hindurch ist er schon das dominierende Gestirn am Himmel, jetzt, um den Jahreswechsel, ist er noch gut am frühen Abend zu sehen. Die vier großen Monde des Planeten sorgen immer wieder für Sonnenfinsternisse und bei guter Sicht können wir im Fernrohr dann einen kleinen, schwarzen Punkt über den Planeten wandern sehen: Den Schatten eines Mondes.
Das passiert alle paar Tage. Jetzt gilt es nur, Termine am Abend zu finden. Am 27. und 30. Dezember sowie am 3. Jänner gibt es solche und somit haben wir vier Termine in den Weihnachtsferien, an denen Sonnenfinsternisse zu sehen sind: Drei auf dem Jupiter und eine auf der Erde. Sag noch einmal einer, dass Astronomie langweilig ist.
Mit dem Wetter haben wir großes Glück; vor allem natürlich mit "unserer" Sonnenfinsternis am 4. Jänner, die bei wirklich sehr guten Bedingungen beobachtet werden kann. Sehr gut, wenn auch sehr kalt, ist das Wetter auch am 30. Dezember. Am 27. Dezember und 3. Jänner ist es zwar nicht störungsfrei, doch absagen müssen wir die beiden Termine auch nicht, an beiden ist Jupiter zu sehen. Ein Winterferienspiel ohne Absage, das hatten wir in der Tat noch nie!
Besuch:
Datum | Kinder | Erwachsene |
27. Dezember | 3 | 3 |
30. Dezember | 20 | 16 |
3. Jänner | 15 | 12 |
4. Jänner | 35 | 25 |
Summe | 73 | 56 |
Die zahlreichen, meist erwachsenen Finsternisbesucherinnen und -besucher, die aufgrund der Ankündigung der Finsternisstation auf dem Kahlenberg außerhalb des Ferienspiels gekommen sind, sind hier nicht mitgezählt (ca. 150), sondern nur die Familien, die auch an den Ferienspielpräsenationen teilgenommen haben.
Liebes Ferienspielteam: So dickt vermummt bei stets frostigen Temperaturen konnten wir von den Kindern wirklich nicht feststellen, wer Bub und wer Mächen ist - auch nicht an den Stimmen, die unter den dicken Wollhauben sehr zaghaft klangen. Bitte um Verständnis.
Die Berichte von den einzelnen Terminen:
Nach vielen Jahren Pause haben wir uns heuer entschlossen, wieder am Winterferienspiel teilzunehmen. Die Sonnenfinsternis am 4. Jänner ist ein guter Aufhänger. Doch ein Termin ist zu wenig. Glücklicher Weise steht Jupiter in diesen Weihnachtsferien schön am Abendhimmel und liefert Sonnenfinsternisse am laufenden Band, so dass der Titel der heurigen Aktion lautet "Sonnenfinsternis schauen!".
Hier das kindergerecht einfach gehaltene Präsentationsmaterial (Auszug):
|
|
|
|
Unsere Mobile Sternwarte kommt auf dem Kahlenberg zum Einsatz. Das Wetter meint es heute gut mit uns, der Nachmittag verläuft in Wien sonnig. Auf dem Kahlenberg ist es zunächst diffus. Schuld daran ist ein ganz leichter Schneeschauer!
Sehr diffuse Nachmittagssonne
Wir bauen unsere Station auf, auch wenn wir angesichts der Temperatur (-3°C) nicht mit großem Andrang rechnen. Doch ein paar Unentwegte finden den Weg zu unserer Station und unsere Teleskope finden dank automatischer Steuerung auch bald Jupiter am noch hellen Himmel.
|
|
Mit fortschreitender Dunkelheit weicht der anfängliche Dunst einem Wechselspiel von klarem Himmel und Wolken.
Klarer Himmel und Wolken über Wien
Die Mobile Sternwarte als nicht wirklich überlaufene Ferienspielstation
|
|
Jupiter bleibt das einzige Objekt, das wir gut zeigen können, doch der Blick wird immer besser.
Die Nacht beginnt
Jupiter. Vor dem Planeten, am linken Rand, ist Io zu erkennen. Rechts Ganymed und Europa. L1=69°, L2=25°.
Bald aber ist unsere Station verwaist. Auf die Sonnenfinsternis, erzeugt vom Jupitermond Io, will niemand warten, sie beginnt nach 18 Uhr.
Die Weihnachtsbeleuchtung ist unser einziger Gast geblieben
So bauen wir noch vor 18 Uhr ab. Immerhin: Ein gutes Dutzend Besucherinnen und Besucher (Touristen nicht mitgezählt) und einigermaßen gutes Wetter.
Zweiter Termin im heurigen Winterferienspiel und zum zweiten Mal passt das Wetter, heute sogar optimal, weil wolkenlos. Einzig die eisige Temperatur von -7°C könnte ein Hindernis sein, aber es ist nahezu windstill. Von Wien ist vom Kahlenberg heute nichts zu sehen, die Stadt liegt unter einer dicken Dunstschicht, die Reiseleiterinnen zur Verzweiflung bingt. Darüber ein malerischer Sonnenuntergang.
Malerischer Sonnenuntergang
Schon vor Sonnenuntergang haben unsere Teleskope den Riesenplaneten Jupiter aufgespürt und pünktlich um 16 Uhr kann die Beobachtung beginnen.
|
|
Eine Stimmung, fast wie am Strand. Aber eiskalt und vom Meer keine Spur.
|
|
Die heutige Sonnenfinsternis auf Jupiter - der Mond Europa wirft seinen Schatten auf den Planeten - hat schon vor 16 Uhr begonnen und daher gibt es heute kein Warten. Der Blick auf den Riesenplaneten ist klar und ruhig wie selten zuvor und ohne Mühe können wir den kleinen, schwarzen Punkt im Wolkenmeer des Planeten erkennen. Doch was ist das? Da braucht es einige Erklärungen.
Erklärungen im Zelt
Wir verwenden eine ganz moderne Technik, das Bild des Planeten noch deutlicher zu machen: Eine Videokamera überträgt das Bild direkt vom Fernrohr auf den Bildschirm. So kann Jupiter nicht nur betrachtet, sondern auch leicht fotografiert werden!
|
|
Jupiter präsentiert sich heute so gut wie nie zuvor in dieser Saison!
Jupiter mit dem Schatten von Europa und den Monden Io (links) sowie Europa und Ganymed (rechts).
Der rechte innere Mond ist also der, der den Schatten wirft. Faszinierend! DBK21 bei F=3000mm.
Noch stärker vergrößert: Jupiter mit Europa und deren Schatten auf dem Planeten. F=4500mm.
Gegen 17 Uhr haben sich alle sattgesehen an Jupiter mit seiner heutigen Sonnenfinsternis.
Eisstation Kahlenberg
Dritter Teil unseres heurigen Winterferienspiels und zum dritten Mal keine Absage, das ist Winterrekord. Das Wetter ist nicht so gut, wie die Prognosen anfangs vermuten liessen. Über Wien und den Kahlenberg ziehen immer wieder Schneeschauer.
Schneeschauer über Wien
Sonnenuntergang durch Schneeflocken
Die Stimmung ist in der Tat dramatisch
Doch unser Vertrauen in die labile Wetterlage wird belohnt und während noch ein paar letzte Schneeflocken fallen, zeigen sich am Himmel auch wieder Wolkenlücken. Unsere Station steht bereit.
|
|
Noch einmal zeigt sich die untergehende Sonne.
Sonnenuntergang
Und dann kommt ein grosses Wolkenloch, gross und beständig genug, damit unsere beiden computergesteuerten Teleskope den Planeten Jupiter am noch hellen Himmel auffinden.
|
|
Das Spiel wiederholt sich mehrmals: Wolkenloch, dunkle Wolken, Schneeflocken.
Rasch wechseln hell und dunkel an diesem Nachmittag
Doch alle können Jupiter beobachten, bei ausreichender Dunkelheit mit allen vier Monden.
Nur die heutige Sonnenfinsternis auf dem Jupiter beobachten wir nicht mehr. Sie beginnt um 17.35 Uhr und so lange will angesichts des Wetters niemand ausharren. Es klart auch nicht mehr auf. Immerhin: Dreimal Jupiter!
Wie soll ich dieses Ereignis beschreiben? Wohl am besten als eines jener Märchen, über die wir noch lange reden werden. Sonnenfinsternis am 4. Jänner. Irgendwann vor mehr als einem halben Jahr, als die Planung für 2011 anstand, wurde uns dieses Himmelsereignis so richtig bewusst. Eine partielle Sonnenfinsternis mit fast 80% - toll! Da wird es sogar merklich dunkel. Aber 4. Jänner?! Gibt es in Wien einen "schlechteren" Termin? Wohl kaum. Denn: Wie ist das Wetter Anfang Jänner? Tiefdruck, dann Regen oder eher Schnee, jedenfalls bewölkt. Hochdruck: Dann Hochnebel. Dazwischen bleiben meist nur ein paar Stunden ...
Die Wetterprognosen für den 4. Jänner waren weitgehend negativ. Hochnebel und/oder Wolken. Die Wetterprognosen waren außerdem sehr instabil, und so beobachteten wir Jupiter am Abend zuvor zwischen Schneeflocken. Ein einziges Wettermodell sagte für den Vormittag des 4. Jänner für Wien heiteres, ja fast wolkenloses Wetter voraus. Diesem und keinem anderen vertrauend geben wir am Abend des 3. Jänner, während kräftige Schneeschauer über Wien ziehen, grünes Licht für die Station auf dem Kahlenberg.
Und genau dieses Modell trifft heute ein! Was folgt, kann in Worten nicht beschrieben werden, also sprechen die BIlder.
Ankunft um 7.15 Uhr auf dem Kahlenberg. Über der Inversion ein strahlend blauer, eiskalter Himmel! Temperatur: -7°C.
Sonnenaufgang. Da ist sie, da ist sie!
Wie schön, dieses gar nicht obskure Objekt der Begierde!
Die Finsternis hat schon begonnen, als wir diese Stimmung bewundern. Es wird wärmer.
Wow ...
Sonnenfinsternis über Wien, und ja, da sind schon ein paar Cirren, aber die stören nicht. Es wird merklich dunkler und wieder kälter!
Es ist vorbei, und wie schön diese Finsternis war!
Unsere Station auf dem Kahlenberg, nüchtern betrachtet: 15 bis 20 Teleskope mit Sonnenfiltern, ein Informationszelt, viele WAA-Mitglieder, die bereitwillig die Finsternis erklären und den 150 bis 200 Besucherinnen und Besuchern die Finsternis zeigen oder ihnen ein Foto ermöglichen. Doch es gibt auch eine andere Seite: Menschen, die sich über die Sonnenfinsternis freuen.
Die Sonnenfinsternis in den Weihnachtsferien, die wir so wunderbar sehen können, ist ein Medienspektakel. Ein Team des ORF überträgt unsere Station live, mit Bildern von der Sonnenfinsternis, Interviews, Eindrücken.
|
|
|
|
Unsere Station ist auch die vierte - und wichtigste - Etappe unserer Winterferienspielaktion "Sonnenfinsternis schauen". Und die bestbesuchte. Kein Wunder ...
|
|
|
|
|
|
Tolle Stimmung und so viele Rohre
Ein paar ungewöhnliche Techniken, die Finsternis zu beobachten:
|
|
|
|
|
|
Bleibt bei Erklären der Finsternis und der Arbeit als Fotoreporter überhaupt Zeit, die Finsternis selbst zu beobachten? Klar! Drei Stunden sind eine lange Zeit. Hier die Finsternis, in aller Ruhe. Zwei Sonnenfleckengruppen sind zu sehen, fein! Gruppe 1140 ist der größere Einzelfleck, nahe der Scheibenmitte ist Gruppe 1142.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
09.25 Uhr MEZ, Maximum
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Die Aufnahmen entstehen mit einer Canon EOS 350D, 1000mm Tele (Russentonne), Baader Astro Solar Folie ND4, 100 ISO, Belichtungszeit von anfangs 1/200s bis 1/4000s.
Daß diese Sonnenfinsternis so gut zu beobachten war, erwartete niemand. Umso größer die Freude über diesen ersten frühen Höhepunkt im astronomischen Jahr 2011. Nur etwas mehr als eine Stunde nach dem Ende der Finsternis fällt über Wien Nebel ein. Von Mitternacht, als ich argwöhnisch den Orion erblickte, über den Morgenhimmel mit Venus, Saturn und Spica bis zum Ende der Finsternis - das sind die einzigen wirklich klaren 12 Stunden in dieser Woche. Was für ein unglaubliches Glück!
Text: Alexander Pikhard; Fotos: Alexander Pikhard, Franz Tatarek, Reinhard Tlustos
Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. www.waa.at |