Beobachtung

Hochkar, Niederösterreich, 15. 06. 2011

20110615tra20.html

Beobachter / Observer: Thomas Rattei
Datum / Date: 15. 06. 2011
Uhrzeit / Time: 20:30 bis/until 00:10 MESZ
Beobachtungsort / Location: Hochkar, Niederösterreich
Instrument:
Bedingungen / Observing conditions:
Durchsicht / Transparency: gut (2)
Grenzgröße / Limiting magnitude: 6.5
Aufhellung / Light pollution: sehr gut (1)
Seeing: gut (2)
Wind: leicht aus/direction SE
Temperatur / Temperature: 15°C
Feuchtigkeit / Humidity: 80
Abstract:

The total lunar eclipse on Jun 15, 2011, was a special eclipse event:

  1. the moon passed the shadow of the earth centrally, resulting in maximal length of totality and a very dark eclipse,
  2. it occurred in the evening during the twilight in middle Europe and shortly before midsummer, resulting in a very low altitude of the moon, and
  3. the position of the moon in the milky way.

Therefore I chose a place in 1800m altitude in the eastern alps for the observation of the eclipse (Hochkar, Lower Austria). Except for small clouds close to the horizon, the sky was clear and the eclipse could be very well observed during its total and second partial phase. At the end of the total phase, the sky was dark enough to show the stellar clouds of the milky way in high contrast, including the red moon between the constellations Scorpius and Sagittarius. After the totality, the contrast of the milky way rapidly decreased. After the partial phase the milky way became almost invisible, as is typical for a night with full moon.

Bericht / Report:

Die Vorbereitung und Beobachtungsplanung

Am 15. Juni war es soweit: der Abendhimmel sollte eines der besonderen Himmelsschauspiele bieten: eine totale Mondfinsternis. Derartige Finsternisse gehören zu den seltenen astronomischen Ereignissen. Die letzte in Mitteleuropa sichtbare Mondfinsternis hatte im Februar 2008 stattgefunden. Obwohl ich schon einige Verfinsterungen des Mondes erlebt habe, freue ich mich auf jedes dieser Ereignisse von neuem - schließlich vollzieht sich eine Mondfinsternis über mehrere Stunden hinweg und bietet somit Gelegenheit zum entspannten Betrachten und Beobachten.

Zudem ist jede Finsternis anders und hat ihre ganz besonderen Reize. Die Finsternis vom 15. Juni 2011 zeichnete sich durch drei Besonderheiten aus: zunächst durch ihre Länge. Der Mond wanderte diesmal zentral durch den Schatten der Erde, was eine besonders starke Verdunklung des Mondes und eine besonders lang andauernde totale Phase von fast 2 Stunden zur Folge hatte. Zudem fand die Finsternis in Europa am Abendhimmel statt, sodass der aufgehende Mond bereits partiell oder total verfinstert war - je nach Standort (je südöstlicher, desto früher konnte die Finsternis beobachtet werden). Die dritte Besonderheit bestand in der Jahreszeit der Finsternis - zum Sommerbeginn. In diesen Wochen steht der Mond tief am Himmel. Er durchwandert dabei die Sternbilder Skorpion und Schütze - und damit die dichten Wolken der zentralen Milchstraße welche sich in diesen Sternbildern befinden.

Somit bot die Mondfinsternis vom 15. Juni 2011 die seltene Gelegenheit, einen besonders dunkel verfinsterten Vollmond inmitten der sommerlichen Milchstraße zu beobachten. Der Standort für die Beobachtung sollte also möglichst frühen Mondaufgang sowie freie Horizontsicht im Südosten bieten und so dunkel wie möglich sein - denn schließlich wird die Milchstraße in unserer lichtverschmutzten Umgebung oft durch das Licht der Städte und Siedlungen überstrahlt. Die Wetterprognose für den Osten Österreichs war günstig: ein kleines Hochdruckgebiet sollte für ein rasches Ende der nachmittäglichen Gewitteraktivität und vielfach klaren Himmel am Abend sorgen. So wählte ich mit dem Hochkar (Niederösterreich) einen Beobachtungsplatz in einer besonders dunklen der Ostalpen.

Die Finsternis über dem Hochkar

Das Ski- und Wandergebiet des Hochkar wirkte am Nachmittag wie ausgestorben. Keine Wanderer waren mehr unterwegs, so dass ich auf dem schmalen Pfad vom Parkplatz am Schutzhüttenboden bis zum Gipfel ganz allein unterwegs war. Die Ausrüstung bestand aus zwei Kameras und Objektiven, zwei Stativen und elektrischer Nachführung, Proviant und (sehr wichtig) warmer Kleidung. Am Gipfel wählte ich als Beobachtungsplatz die Terrasse des Geischlägerhauses auf 1770m Seehöhe. Hier ist reichlich Platz und es ist eine stabile Aufstellung der Stative möglich.

Die Sicht reicht in einem grandiosen Panorama vom Ötscher im Nordosten über Kräuterin im Osten, Hochschwab im Südosten, Gesäuse mit dem markanten Lugauer im Südwesten bis zum nur wenig höher liegenden Hochkargipfel im Westen. Zum Zeitpunkt von Sonnenuntergang und Mondaufgang war fast der gesamte Himmel wolkenfrei. Nur tief am östlichen Horizont standen noch Reste von Schauern, die sich langsam auflösten. Gegen 21:30 Uhr, kurz nach Beginn der Totalität, tauchte der Mond aus diesen Wolken auf. Zu diesem Zeitpunkt war der Dämmerungshimmel noch heller als der östliche (linke) Teil des Mondes, so dass der Mond wie eine fahle, rötliche Sichel wirkte. Nur der westliche Teil, der sich an der Außenseite des irdischen Kernschattens befand, erhielt noch ausreichend Licht um sichtbar zu sein.

Durch die fortschreitende Dämmerung dauerte es jedoch nicht lange, bis der Mond als volle, rote Scheibe tief am südöstlichen Himmel stand. Besonders eindrucksvoll war die Färbung des Mondes zur Mitte der Totalität. Karminrot und mit größter Helligkeit am Mondrand stand unser Erdbegleiter genau im Zentrum des Kernschattens. Am tiefblauen Dämmerungshimmel zeichneten sich bereits die helleren Sterne der ab. Prägnant waren die Sterne des Skorpions etwas westlich des Mondes erkennbar. Die zweite Hälfte der Totalität verlief dann in gegensätzlicher Richtung: der Mond wanderte langsam wieder in die Außenbereiche des Kernschattens und wurde an seiner westlichen Seite langsam heller. Er erschien dadurch in einem dunklen Orange.

Der Dämmerungshimmel hingegen wurde stetig dunkler und gab immer schwächere Sterne frei. Etwa 30 Minuten vor dem Ende der Totalität wurden die ersten Wolken der Milchstraße sichtbar. Dies war der Anblick, auf den ich mich besonders gefreut hatte: der total verfinsterte Mond inmitten dieser Sternwolken. Wenn bei anderen Mondfinsternissen einige wenige Sterne während der Totalität am Mond stehen, und teilweise von ihm bedeckt werden, so war deren Anzahl diesmal nicht zu zählen. Der optisch eindrucksvollste Zeitraum waren die Minuten vor dem Ende der Totalität gegen 23 Uhr. Der Himmel war fast ganz dunkel und das Band der sommerlichen Milchstraße zog sich kontrastreich und detailliert über den Osthimmel bis in den Süden. Mitten darin leuchtete orange der gerade noch total verfinsterte Mond. Danach folgte die einstündige partielle Phase, in welcher der Mond den Kernschatten verließ.

Am Sternhimmel war dadurch quasi eine halbe Lunation in Zeitraffer zu verfolgen: der wachsende Einfluss der voller werdenden Mondsichel auf die Sichtbarkeit der schwachen Sterne wurde demonstriert. Bis zur Mitte der partiellen Phase war die Milchstraße im Osten noch gut erkennbar, danach wurde sie vom Mondlicht immer mehr überstrahlt. Kurz nach Mitternach war es dann soweit: die partielle Phase der Finsternis hatte geendet und der Vollmond wurde nur noch (kaum merklich) durch den Halbschatten der Erde abgedunkelt. Nun war es Zeit zum Abstieg und zu einem frohen Fazit: "Es war ein unvergesslicher Beobachtungsabend mit rotem Mond inmitten der Milchstraße."

Bilder siehe / Image location: http://rattei.at/archives/19-Roter-Mond-in-der-Milchstrasse-die-totale-Mondfinsternis-vom-15.-juni-2011.html

Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at