Namibia 2022: Im Zeichen der Veränderung, Teil 1

Bericht vom 28. 12. 2023 über eine Reise vom 21. 5. bis 5. 6. 2022

Alexander Pikhard

Nichts ist so beständig wie der Wandel. Mit diesem Zitat des griechischen Philosophen Heraklit einen Reisebericht zu beginnen, erscheint eigenartig. Aber nicht im Kontext der Astronomiereisen nach Namibia. Es ist meine 13. Reise in diese Gegend der Welt und meine 11. nach Hakos, und so macht sich auch hier der Wandel, der die einzige wirkliche Invariante in unserem Leben ist, bemerkbar.

Nach meiner einsamen Mission 2021, die noch geprägt war von der allgegenwärtigen Pandemie, ist das Reisen heuer schon deutlich normaler geworden. Und wir sind heuer auch wieder eine Gruppe; besonders freuen wir uns, mit Benjamin "Benni" Werner ein neues Mitglied nach Hakos zu begleiten, und, das kann jetzt schon gesagt werden, das wird der Beginn einer ganz wunderbaren Freundschaft (ein paar Vorteile hat es schon, wenn man einen Bericht erst eineinhalb Jahre nach der Reise schreibt ...).

Wieder nach Hakos!

Was soll ich noch über Hakos schreiben, was nicht schon geschrieben wurde? Am besten genau das, was ich empfinde, wenn ich zum nunmehr zwölften Mal hierher komme. Das beginnt mit der Begrüßung. Nein, noch früher. Bei der Einreise wurde ich nach dem Grund meiner Reise gefragt. Meine Antwort, ohne lange nachzudenken, war: "Visiting friends.". Auf den Punkt gebracht und brachte die Beamtin am Schalter zum Lächeln. Die lange Fahrt durch das weite Land mit seinen endlosen Horizonten (habe gelernt, dass es hierzulande wirklich die Mehrzahl davon gibt) und dem tiefblauen Himmel darüber verändert einen. Die Ankunft auf der Farm, auch das habe ich schon oft so geschrieben, vermittelt das Gefühl von "Heimkommen".

Neben dem wunderbaren Sternenhimmel macht auch die Landschaft den Reiz von Hakos aus. Ein großes Stück ganz wildes Land im südlichen Afrika. Wer nicht zu müde ist vom nächtlichen Himmelsbeobachten sollte es unbedingt erkunden, es ist jeden Schritt und jeden Blick wert!


Das weite Land mit seinem endlosen Horizont und tiefblauem Himmel darüber ist auch heuer wieder unser Ziel. (Mit Mausklick vergrößern)


Die Gästefarm Hakos sitzt wie eine kleine Burg auf einer Anhöhe über der Randstufe am Fuß der Hakosberge. Sie ist auf Astrotouristen spezialisiert. (Mit Mausklick vergrößern)


Hakos, das sind nicht nur das Farmhaus, sondern auch viele Quadratkilometer wilder Natur. (Mit Mausklick vergrößern)


Inmitten einer Strauchsavanne teilen wir uns den Lebensraum mit den für diese Region Afrikas typischen Bewohnern. (Mit Mausklick vergrößern)


Im Rahmen von Wanderungen und Geländefahrten besteht Gelegenheit, das große Gebiet von Hakos zu erkunden. (Mit Mausklick vergrößern)


Hakos, wo das Khomas-Hochland zur Wüste Namib abbricht. (Mit Mausklick vergrößern)


Auf Hakos liegt auch die Internationale Amateursternwarte (IAS). (Mit Mausklick vergrößern)

Der Plan

Wir werden auf der WAA-Südsternwarte arbeiten, die uns seit 2016 zur Verfügung steht. Für alle, die die früheren Berichte noch nicht gelesen haben: Unsere Südsternwarte ist quasi eine Doppelhaushälfte. Die so genannte Felsensternwarte ist eine Blechhütte mit einem zentralen Vorzimmer, in dem auch gearbeitet werden kann, und zwei unabhängigen Rolldachzimmern. Eines im Westen (rechts) ist die WAA-Südsternwarte, sie steht unserem Verein exklusiv zur Verfügung. Eines im Osten (links), es gehört der Gästefarm Hakos und wird von dieser verwaltet und vermietet. Da aber die Ferohrmontierung in dieser Sternwarte von einem WAA-Mitglied zur Verfügung gestellt wurde, lautet die Regel: Wenn wir in der westlichen Hälfte beobachten, dürfen wir auch die östliche ohne Miete verwenden.

So wird Benni heuer die offizielle WAA-Südsternwarte verwenden. Ihr Hauptfernrohr ist ein 12" Deltagraph auf einer EQ-8 Montierung. Leider hat dieses Fernrohr in den letzten Jahren viele Probleme gemacht, seine optische Qualität ist enden wollend. Auch heuer müssen wir leider einmal mehr den Hauptspiegel ausbauen und eine defekte Halterungsschraube an der Spiegelfassung reparieren. Dann heißt es justieren und testen und so weiter. So vergeht auch die Zeit.

Ich verwende die östliche Seite der Felsensternwarte. Auf besagte CGE-Montierung schraube ich einen 8" Boren-Simon Astrografen. Auch der genießt nicht den besten Ruf, ich kenne ihn aber gut und bin mit ihm durchaus nicht unzufrieden. Ich montiere meine ASI-1600MMpro CMOS Kamera samt 8-Positionen Filterrad drauf. Dann noch ein Leitrohr mit dem MGEN-2, es kann losgehen.

Auf zwei Außenplattformen kommen dann noch ein paar Geräte hinzu. Auf der südlichen, die - wie die meisten eingesetzten Geräte - unserem Mitglied Christoph Niederhametner gehört, kommen, auf je einer EQ-6, ein 6" f/5 Newton und ein 4" William Apochromat dazu. Am Newton arbeitet Christa, auf dem William Benni und ich. Auf der nördlich der Sternwarte gelegten "Walter's Terrasse" kommt Christas Star Adventurer und Christophs gewaltiges 12" LX-200GPS für visuelles Beobachten dazu. Macht also sechs Geräte für drei Personen, das ist schon ein fortgeschrittenes Setup. Vor der zweiten Nacht ist alles bereit.

Somit:


Auf Hakos stehen auch einige private Sternwarten. Eine davon ist die WAA-Südsternwarte (der westliche Teil der gelben Hütte). Sie bildet zusammen mit dem östlichen, der Farm gehörenden östlichen Teil die Felsensternwarte. Auf ihr beobachten wir heuer. (Mit Mausklick vergrößern)


Das Hauptinstrument der WAA-Südsternwarte ist 2022 dieser 12" F/3.3 Deltagraph. Einmal mehr muss Hand angelegt werden, damit dieses Gerät vernünftige Bilder liefert. Was wir 2022 hofften und beim Verfassen des Berichts Ende 2023 schon Realität ist: Es ist der letzte Einsatz des Deltagraphen. Er wird 2023 durch ein anderes Gerät ersetzt werden. (Mit Mausklick vergrößern)


Während Benni also mit dem Deltagraphen arbeitet, wähle ich in der Felsensternwarte diese Geräte von unserem Mitglied Christoph Niederhametner: Auf der fix dort montierten CGE-Montierung kommt ein 8" f/4 Boren-Simon Astrograph zum Einsatz. Die ASI 1600mm CMOS-Kamera mit EFW-8 Filterrad ist schon montiert. Rechts unten werden Flats gemacht. (Mit Mausklick vergrößern)


Auch zwei Außenplattformen werden verwendet. Auf der südlichen ein 6" f/5 Newton auf EQ-6 und ein 4" William Apochromat, auf der nördlichen (Walter's Terrasse) ein Star Adventurer und ein 12" Meade LX-200GPS zur visuellen Beobachtung. (Mit Mausklick vergrößern)

Ein Tag auf Hakos

Ich könnte mich kurz fassen und es mit Tommy Nawratil halten: Hakos ist ein Astro-Kloster. Wie also läuft ein Tag hier ab? Frühstück ca. 9.30 Uhr; danach kurz die Fotos der letzten Nacht sichten und Sicherungskopie machen. Jetzt ist Zeit für ein Schläfchen oder eine kurze Wanderung. 15 Uhr gemeinsame Jause. Hier treffen sich alle, die auf der Farm leben, zum Austausch. Danach: Vorbereiten der Ausrüstung für die nächste Nacht. Mit Sonnenuntergang gemeinsames Abendessen. Danach: Umziehen, auf zu den Geräten, beobachten und fotografieren. Von Zeit zu Zeit Aufwärmen bei einem heißen Getränk und Keksen in der Farm. Die meisten arbeiten bis ca. 3 Uhr, manche sehr Unentwegte bis 6 oder 7 Uhr. Danach: Kurzer Schlaf. Zehnmal hintereinander hinterlässt so ein Tagesablauf durchaus Spuren der Erschöpfung! Aber es ist es wert.


Abendstimmungen auf Hakos. Da ist der Kopf schon bei der kommenden Beobachtung. (Mit Mausklick vergrößern)


Gegen Ende taucht dann auch schon der Mond am Abend auf. Ganz, ganz selten: Ein Mondhalo auf Hakos (weil Cirren zum Glück sehr selten sind). (Mit Mausklick vergrößern)


Anfangs erleben wir unglaublich starken Airglow. Einmal färbt er die Dämmerung feuerrot, ein anderes Mal den ganzen Himmel grün. (Mit Mausklick vergrößern)


Dann geht es los, visuell und fotografisch ... (Mit Mausklick vergrößern)

Ein paar Ergebnisse

Die Rohdaten von 2021, 2022 und mittlerweile 2023 warten darauf, von mir richtig ausgearbeitet zu werden. Na ja, vielleicht finde ich ja jetzt im Ruhestand Zeit dafür. Vorerst mal ein paar provisorische Ausarbeitungen, die noch während des Aufenthalts (aus Neugier) entstanden.


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Offene Sternhaufen. Links oben NGC 2451 in Puppis, rechts oben NGC 3532 (Nadelkissenhaufen) in Carina, links unten NGC 2477 in Puppis, rechts unten Messier 46 (mit PN NGC 2438) in Puppis. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: In der Großen Sagittarius-Sternwolke. Unten: Der dichte offene Sternhaufen NGC 6520 und der Dunkelnebel Barnard 86. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Kugelsternhaufen. Links oben NGC 5139 (Omega Centauri), rechts oben NGC 104 (47 Tucanae), links unten Messier 55 im Schützen, rechts unten NGC 3201 in Vela. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Dunkelnebel und Reflexionsnebel. Oben ein Mosaik des Pfeifennebels aus 24 Belichtungsserien. Rechts oben: Die Corona Australis-Region. Unten die schwarze Python in der Fliege (mit Kugelsternhaufen NGC 4372), links Mitte der Rho-Ophiuchi-Nebel. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Emissionsnebel. Oben Messier 8 (Lagunennebel) im Schützen, unten links: NGC 6334 (Katzenpfotennebel) und NGC 6357 (Hummernebel) im Skorpion. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Emissionsnebel. Oben NGC 3372 (Eta-Carinae-Nebel), unten links NGC 2467 in Puppis, unten rechts NGC 3576 in Carina. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Emissionsnebel. Oben links der Trifid-Nebel, Messier 20. Oben rechts: Der Adlernebel, IC 4703. Unten links der Omega-Nebel, Messier 17. Mitte rechts: Der Feuervogel (NGC 6188) im Altar, rechts unten NGC 3199 (Carinas Lächeln) in Carina. (Mit Mausklick vergrößern)


Ein paar provisorisch ausgearbeitete Bilder. Hier: Diverses. Oben links der Tarantel-Nebel (NGC 2070) in der Großen Magellanschen Wolken, oben rechts der Planetarische Nebel IC 1295 und der Kugelsternhaufen NGC 6712 ("Weird Globular") im Schild, unten links die Galaxie NGC 4945, unten rechts die Galaxie NGC 5128 ("Centaurus A"), beide in Zentauren. (Mit Mausklick vergrößern)

Zeichen der Veränderung

Neue Leute für Hakos zu begeistern ist ein Zeichen der Veränderung, denn wir werden nicht jünger. Aber auch die Art und Weise, wie wir hier beobachten, wird sich verändern. Ist es wirklich vernünftig, um ein Viertel des Erdballs zu fliegen, um Himmelsobjekte zu fotografieren? Hakos scheint den Trend erkannt zu haben und errichtet eine Phalanx von insgesamt 19 Remote-Sternwarten. Diese können dann von daheim aus ferngesteuert werden.

Was einfach klingt, ist es nicht. Ich konnte vor einiger Zeit mit einem Spezialisten der Europäischen Südsternwarte (ESO) hier auf Hakos über das Thema sprechen. Er meinte, es gäbe für Remote-Sternwarten zwei Lösungen: Entweder es ist (mindestens) eine Person vor Ort, die Probleme beheben kann, oder es wird so kompliziert wie eine unbemannte Weltraumsonde. Und: Je mehr Personen eine solche Sternwarte bedienen sollen, desto größer wird der Entwicklungsaufwand, denn letztendlich muss es "Deppen-sicher" sein. Sorry für den Ausdruck, ist aber so.


Zeichen der Veränderung: Die Phalanx der insgesamt 19 Remote-Sternwarte auf Hakos. Eine davon soll eine vollautomatische WAA-Außenstation werden. (Mit Mausklick vergrößern)

Nichts desto trotz entscheidet sich auch die WAA, hier auf Hakos eine solche Remote-Station zu realisieren. Heuer sehen wir sie nur von außen, aber das wird sich bald ändern.

Fortsetzung folgt.


Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at