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Der Erntevollmond

Die Zeit des abnehmenden Mondes

Alexander Pikhard

Der Mondlauf im Zuge der Jahreszeiten wird von der Tatsache geprägt, dass der Vollmond, der ja immer der Sonne (fast genau) gegenübersteht, das umgekehrte Verhalten wie die Sonne im Jahreslauf zeigt: Im Sommer zieht er niedrig über den Himmel, im Winter zieht er hoch über den Himmel.

Ähnlich verhät es sich mit den zunehmenden und abnehmenden Phasen. Der zunehmende Halbmond zieht jene Bahn über den Himmel wie die Sonne in der darauffolgenden Jahreszeit - er ist also im Frühling am besten zu beobachten. Der abnehmende Halbmond zieht jene Bahn über den Himmel wie die Sonne in der vorangegangenen Jahreszeit - er ist also im Herbst am besten zu beobachten.

Im Herbst liegen die Mondphasen also wie folgt: Der Neumond (er ist unbeobachtbar) durchläft die gleiche Tagesbahn wie die Sonne, die Bahn der Tag-und-Nacht-Gleiche. Nach dem Neumond fällt die Deklination des Mondes. Das Erste Viertel durchläuft der Mond in der Tagesbahn der Sonne im Winter, also tief im Süden. Die zunehmenden Mondphasen vor dem Halbmond sind in unseren Breiten im Herbst also ungünstig zu beobachten.

Nach dem Ersten Viertel steigt die Deklination des Mondes wieder, am raschesten um den Vollmond, der wiederum die Bahn der Sonne im Frühling, also die der Tag-und-Nacht-Gleiche, durchläft. Nach dem Vollmond steigt die Deklination des Mondes weiter bis zum Letzten Viertel, das die höchste Tagesbahn durchläft - jene der Sonne im Sommer.


Der Mondlauf zu Herbstbeginn. Die Grafik veranschaulicht, in welcher Höhe und zu welcher
Uhrzeit (MEZ = MESZ - 1 Stunde) der Mond im Süden steht (kulminiert).

Obige Grafik verdeutlicht den Mondlauf zu Herbstbeginn. Für alle, die es besonders genau wissen möchten: Der Mond kann, da seine Bahn gegen die Ekliptik um 5,1° geneigt ist, noch um diesen Betrag tiefer oder höher über den Himmel laufen als die Sonne!

Was bedeutet dieser Lauf für die Sichtbarkeit des Mondes am Abendhimmel? Zunächst einmal bewirkt die steigende Deklination des Mondes um den Vollmond eine atypische Entwicklung der Aufgangszeit unseres Trabanten. Wegen des Umlaufs des Mondes um die Erde erfolgt der Mondaufgang im Jahresschnitt von Tag zu Tag um ca. 50 Minuten später. Die steigende Deklination des Mondes um den Vollmond wirkt dem aber entgegen. Je höher die Deklination eines Gestirns, desto länger ist seine Tagesbahn. Somit verlagert sich der Mondaufgang um den Vollmond von Tag zu Tag nur um wenige Minuten. Die Änderung macht in einer Woche nur etwa eine Stunde aus!


Die Tagesbahnen des Mondes im Herbst. Neben der Kulmination sind in dieser Grafik jetzt auch
die Auf- und Untergangszeiten des Mondes dargestellt. Man beachte die Entwicklung um den Vollmond!

Das Phänomen des im Spätsommer und Frühherbst so beständig aufgehenden Mondes hat den Namen "Erntevollmond" ("Harvest Moon") erhalten. Der Name erinnert daran, dass das Mondlicht ausgenützt wurde, um die Ernte rechtzeitig vor Einsetzen der Herbststürme auch noch nach Sonnenuntergang einzubringen.

Eine weitere Folge des Mondlaufs im Herbst ist, dass abnehmende Mondphasen schon am Abendhimmel beobachtet werden können. Im Letzten Viertel geht der Mond schon gegen 22 Uhr MEZ (23 Uhr MESZ) auf und nach Mitternacht gibt es die besten Blicke auf die abnehmende Mondsichel im ganzen Jahr.

Eine Information der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.

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