20. April 2002

 
 
Samstag, 20. April 2002
Tagung
10.00
Eröffnung

Nach den Tagen und Wochen der Vorbereitung ist es also endlich so weit. Der erste österreichische Astronomietag wird eröffnet.

Anfänglich hatte der Name für Verwirrung gesorgt. Haben sich jetzt zwei Vereine, Antares und WAA, diesen so allumfassenden Namen quasi zu eigen gemacht? Nein, keineswegs. Denn Antares und WAA haben sich nur die Mühe angetan, die erste große, österreichweite Zusammenkunft in der Astro-Szene seit 1998 (Linz) zu organisieren.

Und es sollte etwas anders als früher werden. Der Name "Tagung der österreichischen Amateurastronomen" sollte wegfallen, denn eine Trennung in Profis und Amateure schien uns nicht mehr zeitgemäß; zum einen, weil der technische Fortschritt den Nichtberufsastronomen ungeheure Möglichkeiten eingeräumt hat; zum anderen aber, weil eine so kleine Disziplin wie die Astronomie eine gemeinsame, starke Lobby braucht.

So entstand der Gedanke zur gemeinsamen Tagung, der dann auch von den Astronomieinstituten der österreichischen Universitäten enthusiastisch aufgenommen wurde.

Und so sind wir heute vereint, Berufs- und Nichtberufsastronominnen und -astronomen und spannen den Bogen von der Volksschule über die Freizeitastronomie bis zur Weltraumforschung.

Gabriele Gegenbauer, Vorsitzende des Vereins Antares, Dr. Michalitsch von der nierösterreichischen Landesregierung und Prof. Dr. Franz Kerschbaum vom Institut für Astronomie der Universität Wien eröffnen die Tagung.


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Gabriele Gegenbauer


Dr. Michalitsch

10.15 - 13.00 Schwerpunktthema: Forschungs- und Weltraumnation Österreich
  • Astronomische Highlights an der Univ. Innsbruck Univ.Prof.Dr.R. Weinberger
  • Astronomische Highlights an der Univ. Wien Univ.Prof.Dr.W.W. Weiss
  • Europäische Südsternwarte (ESO) - Chance für Wissenschaft und Industrie Univ.Prof.Dr.W.W. Zeilinger
  • Die Austrian Space Agency (ASA) Dr. W. Balogh
  • Österreichische Beteiligungen an Entwicklung und Bau von Weltraumteleskopen Univ.Prof.Dr.F. Kerschbaum

In den Beiträgen der Universitäten wird ein buntes und umfangreiches Bild von der Forschungstätigkeit der heimischen Institute präsentiert, und für viele Zuhörer mag es erstaunlich sein, wie viel astronomische Forschung es in unserem Land gibt, und das bei ziemlich bescheidenen Mitteln.

Univ.-Prof. Dr. R. Weinberger präsentiert die Schwerpunktes seines Instituts für Astrophysik an der Universität Innsbruck: Kompakte und wechselwirkende Galaxiengruppen, Planetarische Nebel, Mirasterne und andere Veränderliche.

Univ.-Prof. Dr. W. W. Weiss stellt das Institut für Astronomie der Universität Wien vor; hier treffen alt und neu aufeinander. Zum einen hat das Institut eine jahrhundertelange Tradition, zum anderen führt es moderne Forschung durch. Großer Raum wird den Forschungsschwerpunkten eingeräumt: Asteroseismologie, Weltraumastronomie, Delta Scuti Sterne, Asymptotic Giant Branch Sterne, Theoretische Astrophysik, Astrophysical Modelling and Supercomputing, Astrodynamik, Chemically Peculiar Stars, Extragalaktik, Astrometrie und Geschichte der Astronomie. Auch die Instrumente des Instituts werden präsentiert, vor allem das nahe gelegene Leopold Figl-Observatorium auf dem Mitterschöpfl.

Doch wo liegen die 1,5m Spiegeldurchmesser des RC-Teleskops am Schöpfl im internationalen Vergleich? Weit abgeschlagen und an einer klimatisch sehr ungünstigen Stelle. Großteleskope mit Durchmessern von 8 bis 10 Metern können wegen der enormen Kosten heute nur mehr in Kooperation errichtet werden. Hier würde sich durch die Europäische Südsternwarte (ESO) eine große Chance für die österreichische Astronomie ergeben, wenn wir nur endlich beitreten würden. Über die Organisation der ESO und über die Vorteile (und Kosten) eines Beitritts berichtet Univ.-Prof. Dr. W. W. Zeilinger, ebenfalls vom Institut für Astronomie der Universität Wien. Wer weiß, vielleicht beobachten ja doch einmal österreichische Astronomen am "Overwhelmingly Large Telescope" ...

Doch vieles läßt sich von der Erde aus gar nicht beobachten, egal, wie groß man die Teleskope bauen würde. Die Erdatmosphäre hält die - für das Leben teilweise schädlichen - Strahlen ab und der Weltraum bleibt als einziger Beobachtungsort übrig.

Weltraumfahrt, ein Thema für Österreich? Durchaus! Österreich ist Mitglied der Europäischen Weltraumbehörde ESA und betreibt auch eine nationale Weltraumbehörde (Austrian Space Agency), und dieser Tage wird sogar ein eigenes österreichisches Weltraumprogramm ins Leben gerufen. Dr. W. Balogh von der ASA stellt die vor allem für Österreichs Industrie so wichtige Beteiligung an internationalen Programmen vor.

Und auch die Astronomie braucht den Weltraum. Univ.-Prof. Dr. F. Kerschbaum , der auch die Vormitagssitzung moderiert, stellt jene Forschungsprojekte vor, in denen Astronominnen und Astronomen aus Österreich an Weltraumteleskopen beobachten oder beobachten werden.

Hier schließt sich plötzlich der Bogen von der Astronomie, deren wirtschaftlicher Nutzen ja allgemein in Frage gestellt wird, zur Industrie, denn durch die Beteiligung österreichischer Firmen an internationalen astronomischen Weltraumprojekten schafft die "Sternguckerei" plötzlich hochqualifizierte Arbeitsplätze.

Die Vormittagssitzung beschert den rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörern einen faszinierenden Eindruck von der Forschungsnation Österreich.


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Univ.-Prof. Dr. R. Weinberger (l.)


Univ.-Prof. Dr. W. W. Weiss


Univ.-Prof. Dr. W. Zeilinger


Dr. W. Balogh


Univ.-Prof. Dr. F. Kerschbaum
  13.00 - 15-00 Mittagspause

Nach viel geballter Information ist schon eine Stärkung nötig. Das Mittagessen nehmen wir vor Ort in der Halle ein, in einem kleinen angeschlossenen Buffet-Bereich.

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  15.00 - 16.30 Schwerpunktthema: Amateurbeiträge

Welche Rolle spielen Amateurastronomen für die "Profis"? Das Sammeln von Daten ist wichtig, aber eher zweitrangig. Die wichtigste Rolle der großen Gruppe von Hobbysternguckern ist, als Lobby für die Astronomie als wichtigen Forschungszweig aufzutreten, Astronomie unter die Bevökerung zu tragen, Wissen zu verbreiten. Diesen Vorteil eines so großen Multiplikators hat kaum eine andere Forschungsrichtung!

  • Ein virtuelles Modell unseres Sonnensystems Dipl.-Ing. Georg Zotti
  • Erfassung und Vermessung lichtschwacher Punktquellen mit CCD Herbert Raab
  • Spiegelschleifprojekt für den Starshine-Satelliten Angela und Dr. Peter von Baeckmann.

Wenn wir hier ankündigen, der Nachmittag steht im Zeichen von Amateurprojekten, dann heißt das nicht, daß diese unprofessionell sind - es handelt sich lediglich um solche Unternehmungen, die von Personen getragen werden, deren Hauptberuf eben nicht Astronomie ist.

Das präsentiert Dipl.-Ing. Georg Zotti auf eindrucksvolle Art und Weise. Hobbyastronom und vom Beruf Informatiker, vereinigt er die beiden Welten in einem faszinierenden virtuellen Modell unseres Sonnensystems, das in seiner grafischen Aufbereitung und Interaktion jedes Computerplanetarium zum Spielzeug degradiert. Kein Wunder, daß viele europäische Planetarien bereits ihr Interesse an diesem vielseitigen Simulator, der am Institut für Computergrafik der TU Wien im Rahmen des internationalen Projekts Access to Scientific Space Heritage (ASH) entwickelt wird, angemeldet haben.

Wie weit fortgeschritten "Amateure" in instrumenteller Hinsicht sind - und auch in punkto Know How - demonstriert Dipl.-Ing. Herbert Raab, Obmann der Linzer Astronomischen Gemeinschaft (LAG). In seinem Verein werden laufend neue Asteroiden entdeckt, sodaß einer sogar von der IAU "Linzerag" benannt wurde.

In seinem Vortrag streicht Herbert Raab heraus, daß nur die geeignete Kombination von Fernrohr und CCD-Kamera eine genaue Positions- und Helligkeitsmessung von lichtschwachen Objekten ermöglicht.

Doch dann wird es kunterbunt. Besucher der HeavensAbove.com Seite im Internet kennen die Starshine-Satelliten und viele fragen sich, wofür die eigentlich gedacht sind. Wohl niemand würde einen dieser Satelliten mit einer Wiener Volksschule in Verbindung bringen, und doch ...

Auf Initiative von Angela und Dr. Peter von Baeckmann, die das Projekt im wahrscheinlich lebendigsten Vortrag des Nachmittags präsentieren, beteiligt sich die Montessori- Volksschule "Kunterbunt" in Wien 23 am Starshine-Projekt und schleift einen der unzähligen kleinen Spiegel, die den Satelliten zur kosmischen "Disco-Kugel" machen, und genau dafür wurde er gebaut, Lichtreflexe zu produzieren, die für verschiedene Zwecke ausgewertet werden können.

So sind wir von den Universitäten beginnend bei den Volksschulen angelangt, und das beinahe Lückenlos!


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Dipl.-Ing. Georg Zotti *


Das ASH-Projekt


Dipl.-Ing. Herbert Raab *


Fam. v. Baeckmann *
  ab 17.00
open end
Workshop:
Wie kann der Astronomietag in Österreich in Zukunft begangen werden?

Die Diskussion gestaltet sich engagiert, aber extrem sachlich; da neben Vertretern des Instituts für Astronomie der Universität Wien (Dr. Kerschbaum, Dr. Hron) auch Vorsitzende,  Vorstands- oder zumindest aktive Mitglieder  vieler Vereine (Burgenländische Landessternwarte, Waldviertler Astronomische Gesellschaft, Steirischer Astronomenverein, Astroclub Auersbach, Verein Kuffner-Sternwarte, Linzer Astronomische Gemeinschaft, Salzburger Sternfreunde, Antares und WAA - ich habe hoffentlich niemanden vergessen, bitte vorweg gleich um Entschuldigung) anwesend sind, ergibt sich auch ein sehr repräsentativer Kreis. Dr. Fleischmann kann mit Vergleichen zu Deutschland dienen.

Einigkeit herrscht darin, daß Großereignisse und die damit in Zusammenhang stehenden Medienkontakte koordiniert werden müssen. Etwas Skepsis besteht gegenüber einer Dachorganisation ähnlich der VdS in Deutschland; einige würden sie begrüßen, andere fürchten um ihre Sourveränität.

Doch letztlich will man verstärkt gemeinsam auftreten. Ein nationaler Astronomietag wird praktisch einstimmig für gut empfunden und eine zunächst informelle Zusammenarbeit aller Institute und Vereine in Form von verstärktem Informationsaustausch und eventuellen halbregelmäßigen Treffen der jeweiligen Vorsitzenden oder anderer Kontaktpersonen wird ebenfalls als gute Idee gewertet.

Konkret wurden in dem Workshop die folgenden Punkte vereinbart:

  1. Es wird 2003 einen österreichweiten Astronomietag geben, an einem Samstag um das Erste Viertel im Frühjahr (12. April oder 10. Mai 2003), der als österreichweiter Tag der offenen Tür Astronomie möglichst flächendeckend in die Bevölkerung tragen soll.

  2. Es wird 2003 auch wieder eine Tagung in der heurigen Form geben (Name noch nicht festgelegt, aber Programm wie heuer, also Tagung aller Astronomen), sie wird wieder in Michelbach stattfinden und wieder von WAA und Antares, vielleicht auch noch mit weiteren Partnern gemeinsam, veranstaltet werden. Ein Termin steht noch nicht fest, aber sie soll nicht zu knapp beim Astronomietag liegen.

  3. Die Tagung 2004 wird von der Burgenländischen Landessternwarte in Eisenstadt aus Anlaß deren 25-jährigen Bestehens ausgetragen werden.

  4. Die Kommunikation zwischen allen astronomischen Organisationen wird intensiviert, schon demnächst wird ein Mailverteiler eingerichtet, auf dem alle Institute, Vereine und andere astronomische Einrichtungen ihre Aktivitäten auf höchster Ebene koordinieren können. Diese Aufgabe übernimmt die WAA.

Große Übereinstimmung herrschte darin, daß ein Bedarf besteht, die Kontakte zu den Medien zu intensivieren und gleichzeitig besser abzustimmen, denn "wir sprechen alle aus einem Mund" - was eine Gruppe den Medien sagt, betrifft letztlich alle (ausgenommen lokale Kontakte für lokale Events).

Bedauert wird die Abwesenheit von Vertretern des Österreichischen Astronomischen Vereins (mit rund 1000 Mitgliedern immer noch der größte astronomische Verein in unserem Land) und der Wiener Volksbildung. Hier wird ebenfalls die WAA versuchen, Gespräche zu führen, um auch diese Organisationen in das neue Netzwerk einzubinden.


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Karl Beck (l. mit Mikrofon),
DI Alexander Pikhard (r.)

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Text: Alexander Pikhard
Fotos: Verein Antares, ausgenommen (*) WAA

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