Beobachtungsnacht
Hakos-Gästefarm, Namibia, 08./09. 07. 2002
CCD-Galerie, 9.-14. Juli
Bedingungen: Wesentlich besser als in den Nächten zuvor. Durchsicht
1+++, Aufhellung 1+++, Seeing 1-2, wolkenlos. Ab 22.30 recht störender
Wind. Kühl, allerdings nicht kalt.
So kennen wir das Panorama von vielen Fotos ...
Es ist die vierte Beobachtungsnacht und der Großteil unserer Ausrüstung
ist noch immer nicht angekommen. Ein unglaublicher Skandal! Auch heute beobachten
wir also noch mit sehr eingeschränkter Ausrüstung. Doch ergibt
sich aus dieser Notsituation ein enormer Teamgeist. Mit Roberts Fernrohr,
Albert, Gabis und Gerhards Okularen, Gabis penibler Vorbereitung, meinem
Know How und dem von allen verbreiteten Optimismus ergibt sich eine tolle
Stimmung.
Instrument also: C11
- Wir beginnen auf "speziellen" Wunsch mit M104 (Sombreronebel). Im 21mm
Pentax wirklich sehr schön, deutlich sind die Staubscheibe und der kleine,
helle Kern zu erkennen. Im 13mm Nagler sieht man jetzt deutlich den Verlauf
der Hülle, die unter dem Staubband weiter ausladend erscheint, als darüber.
- Extrem skurril: NexStar schlägt unter "Tour" einen "Stargate
Cluster" vor; niemand kennt dieses Objekt, und die Überraschung ist
groß, als das Instrument das Objekt (nach eigenen Angaben im Raben,
nach Uranometria 2000.0 aber schon in der Jungfrau) ansteuert: Ein Asterisma
in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit einem Doppelstern mit gleich hellen
Komponenten in dessen Schwerpunkt. Nett, aber irgendwie sinnlos.
Wir wenden uns jetzt dem schon recht tief stehenden Sternbild Vela zu,
um noch einige Objekte knapp über dem Horizont zu beobachten.
- NGC 2547 (OC, Vel): 40mm Plössl, sehr locker, helle Sterne, relativ
dicht, aber eher ein Objekt für stärkere Feldstecher.
- Gamma Vel: Sehr schöner Mehrfachstern, aber wegen der geringen
Höhe schon sehr vom Seeing stark beeinträchtigt.
Ich schlage jetzt eine Tour zu exotischen Objekten im extremen Süden
vor.
- NGC 4833 (GC, Mus): Sehr schöner Kugelsternhaufen, nicht sehr
hell, diffuse Scheibe mit sehr schönem Bereich an helleren Sternen davor,
schaut fast ähnlich wie M13 aus, auch hier erkennt man einige "Arme"
oder "Filamente", die vom Haufen ausgehen. Ein hellerer Stern steht knapp
neben dem Haufen. 13mm Nagler.
- NGC 4372 (GC, Mus): 13mm Nagler, interessantes, aber schwieriges Objekt.
Kaum konzentriert, eigentlich nur eine Sternverdichtung in einem Milchstraßenausläufer,
bei indirektem Sehen erkennt man eine diffuse Konzentration, eigentlich eine
Verdichtung von Einzelsternen. Ein sehr interessantes Objekt.
- IC 4499 (GC, Cha): 13mm Nagler, diffuser Fleck mit einem hellen Stern
in der Mitte, fast könnte man ihn für einen Nebel mit einem Zentralstern
halten, bei indirektem Sehen sind einige sehr schwache Sterne zu erkennen.
- NGC 6438/6438A (Gx, Oct): 13mm Nagler, Galaxienpaar im Oktanten, man
erkennt zwei deutliche diffuse Flecken, mit kernartigen Verdichtungen, der
obere (6438) ist etwas größer, der untere (6438A) länglich
und kleiner.
- NGC 6101 (GC, Aps): 13mm Nagler, auch so ein "Geist eines Kugelsternhaufens"
wie 4372, gerade als eine diffuse, runde Struktur im Gesichtsfeld, umgeben
von einigen einigermaßen hellen Sternen. Interessantes, aber herausforderndes
Objekt.
- NGC 6392 (Gx, Aps): Kleines, diffuses Objekt mit Kernstruktur, bei
indirektem Sehen Andeutung von Spiralarmen. Sehr interessant, eine kleine
Spiralgalaxie. 9mm Nagler ist bei indirektem Sehen die Spiralstruktur deutlicher.
Wir wenden uns jetzt der Region nahe dem Zenit zu, also dem Bereich Schütze,
Skorpion und Nachbarschaft.
- SkyAtlas 2000.0 zeigt eine möglicherweise bemerkenswerte Region:
NGC 6559 (N, Sgr) mit OC Col 367, DN B91 + B303 und den Nebeln IC 1274/75
bzw. 4685. Die Beschreibung klingt spektakulär, wir reduzieren auf f/6.3
und wählen 40mm Plössl. Man erkennt einige diffuse Nebel, der Sternhaufen
ist sehr groß und locker, die Dunkelwolken sind nicht stark ausgeprägt,
am Gesichtsfeldrand schon zu erkennen. In Summe also eine interessante, aber
nicht herausragende Region.
- "Baade Window" um NGC 6522 und 6528: Die beiden Kugelsternhaufen sind
in reiche Milchstraßenwolken eingebettet, einige Dunkelwolken vor allem
bei 6528. Wenn man das Teleskop hin- und herschwenkt, erkennt man eine Vielzahl
an interessanten Anblicken in dieser Region.
- B90 (DN, Sgr): f/6.3 und 40mm Plössl, in einem reichen Milchstraßenfeld,
das einen hellen Hintergrund macht, eine auffällige Dunkelwolke, die
am Rand richtig schön strukturiert ist, ein paar filamentartige Ausläufer
zeigt.
- NGC 6520 + B86: f/6.3 und 13mm Nagler ist das der Anblick schlechthin!
Der dichte, reiche Sternhaufen und die auffällige Dunkelwolke geben einen
wunderschönen Kontrast ab. Die Dunkelwolke sieht auf den ersten Blick
rechteckig aus, bei genauerer Betrachtung sitzt auf dem Rechteck ein dunkler
"Bogen" und von den unteren Kanten des Rechtecks gehen filamentartige Ausläufer
aus, die sich auch seitlich von NGC 6520 und unterhalb fortsetzen. Der Sternhaufen
hat helle Sterne und ist stark konzentriert. Wir rüsten jetzt auf Ludwig
Grandys 2"-Anschluß um und verwenden jetzt bei f/6.3 Tahir Sabans 31mm
Nagler-Okular (die "Granate"); in dieser Konfiguration bietet sich ein wirklich
atemberaubender Anblick.
- Wir beobachten in dieser Konfiguration (f/6.3 und 31mm Nagler) noch
einmal das Baade-Fenster, jetzt erkennt man es schon deutlich abgegrenzt
durch größere Dunkelwolken.
- Ebenfalls in dieser Konfiguration beeindruckend ist das Feld mit M8,
M20 und den dazwischen liegenden Nebel NGC 6526, sie sind auf einmal im Gesichtsfeld,
wobei M20 natürlich sehr klein ist. In M8 erkennt man alle Details, auch
der Sternhaufen (NGC 6530) ist sehr deutlich, in M8 eingeschlossen ein weiteres
"Schlüsselloch" (B89).
- NGC 6334 (N, Sco, südliche Katzenpfote): Bei indirektem Sehen
sind einige Nebelteile zu erkennen, allerdings schwierig.
- NGC 6357 (N, Sco, nördliche Katzenpfote): Auch hier mit indirektem
Sehen einige Sputen von Nebeln, aber nicht beeindruckend. Alles in gleicher
Konfiguration.
- Das Feld um NGC 6231 (der schöne offene Haufen am "Knick" des
Skorpionschwanzes): Phantastisch! Reicht von hellen Stern Zeta Sco, der ein
bemerkenswerter Mehrfachstern ist, über den hellen Haufen weit nach
Norden. Der Haufen hebt sich deutlich vom Milchstraßenhintergrund ab
und zeigt darüberhinaus auch noch deutlich einen diffusen Hintergrund.
Am N-Rand des Gesichtsfelds auch noch einige helle und dunkle Nebel.
- M24: Ein Wahnsinn! Das Gesichtsfeld ist gefüllt mit unzähligen
schwachen Sternchen, in die eingebettet einige interessante Objekte liegen.
Etwas links von der Mitte der dichte offene Sternhaufen NGC 6603, er ist so
dicht, daß er wie ein ovaler, diffuser Nebel erscheint. Rechts die
reich strukturierte Dunkelwolke B93. Sie erinnert an eine Blume. Von einem
langen, nach Süden verlaufenden "Stengel" verzweigen sich je zwei dünne
Filamete nach Nordosten und Nordwesten, die "Blätter". Darüber,
nördlich, "schwebt" ein weiterer Teil der Dunkelwolke, rundlich, mit
einigen weiteren Filamenten nach Norden. Ein einmaliges Feld, das man mit
dem 31mm Nagler richtiggehend abscannen kann und immer wieder neuer Eindrücke
findet.
- M9 + B24: Immer noch gleiche Konfiguration, der Kugelsternhaufen ist
in ein reiches Milchstraßenfeld eingebettet, doch die Dunkelwolke ist
nicht sehr ausgeprägt.
- Feld um NGC 6723 (GC, Sgr/CrA): Jetzt geht sich der helle, große,
gut auflösbare Kugelsternhaufen zusammen mit den Reflexionsnebeln gut
aus. Trotz des großen Gesichtsfelds ist der Kugelsternhaufen immer
noch gut aufgelöst, er ist also wirklich sehr groß, die Reflexionsnebel
um die Sterne der CrA sind sehr deutlich.
- M7: Extrem brilliant, groß und locker, hebt sich bei dem großen
Gesichtsfeld immer noch sehr schön vom Hintergrund ab. Mit im Gesichtsfeld
der kleine Kugelsternhaufen NGC 6453, klein, diffus, nicht aufgelöst.
Jetzt geht es noch einmal in die Kleine Magellansche Wolke.
- 47 Tuc: In dieser Konfiguration sieht man, wie stark konzentriert dieser
Haufen ist. Das helle Zentrum kommt ganz deutlich heraus. NGC 121, ein weiterer
kleiner Kugelsternhaufen, steht im gleichen Gesichtsfeld.
- Beeindruckend ist das Feld um NGC 395, 371 und 346: Die ersten beiden
Objekte sind deutlich in Einzelsterne aufgelöst, 395 klein und dicht,
371 größer und lockerer. 346 erscheint als sehr heller, länglicher
Nebel mit einer querstehenden, scheibenartigen, hellen Zentralregion und einigen
sehr hellen Sternen in der Mitte.
- NGC 416, kleiner, konzentrierter Kugelsternhaufen, ebenso
- NGC 419, die beiden Objekte passen nicht in ein Gesichtsfeld.
Und zum Abschluß ...
- Omega Centauri. Was soll man da noch sagen??? Doch in dieser Konfiguration
entsteht der Eindruck, daß Omega Centauri doch ein Kugelsternhaufen
ist ...
Fazit: Beeindruckende Teamarbeit hat zu einer tollen Beobachtungsnacht
geführt. Ich glaube, das Schicksal des viel zu spät ankommenden
Gepäcks hat die Gruppe extrem zusammengeschweißt.