Ein Wort vorab in eigener Sache: Es ist jetzt nicht das Ziel dieses Berichts, alle Sehenswürdigkeiten von Prag vorzustellen; dazu sei auf Reiseführer, Webseiten oder Bildbände verwiesen. Es sollen unsere gesammelten, persönlichen Eindrücke dieser schönen Tour wiedergegeben werden.
Heute, Samstag, erwartet uns "nur" ein Programmpunkt: Die Führung durch die Prager Altstadt. Eine professionelle Reiseleiterin, Ivana "Ivi" Šulcová, wird uns zunächst mit dem Bus und dann zu Fuß durch beide Seiten der Prager Altstadt führen.
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Unsere Fahrt führt uns zunächst über Stadtautobahnen durch die Außenbezirke von Prag; nicht besonders schmuck, daher auch keine Fotos wert. Auch das Gebäude der Universität, in dem sich das astronomische Institut befindet, ist keine Augenweide. Egal, Hauptsache, die Forschungsarbeit wird entsprechend gefördert.
Unser erster Stopp ist nahe der Štefánik-Sternwarte, wo wir vom Petřin auf die Stadt blicken wollen. Allein, Dunst vereitelt das etwas. Faszinierend, beängstigend morbid, die Ruine des riesigen Strahov-Stadions. Dazu Wikipedia: "Das Strahov-Stadion (tschechisch Strahovský stadion) ist ein Stadion im Prager Stadtteil Strahov, Tschechien. Es fasst 250.000 Zuschauer und ist das größte Stadion der Welt. Es wurde 1926 mit Holztribünen erbaut. Diese wurden 1932 durch Zementtribünen ersetzt. Weitere Ausbauarbeiten fanden 1948 und 1975 statt. Das Spielfeld ist an allen Seiten von Tribünen umgeben und hat eine Fläche von 63.500 m². Während der Ersten Republik und später zu Zeiten des Kommunismus fanden im Strahov Stadion Spartakiaden und sonstige Massenveranstaltungen statt. Heute befindet sich im Innenraum des Stadions die Geschäftsstelle von Sparta Prag sowie ein Trainingszentrum mit 8 Fußballfeldern (6 Spielfelder in Standardgröße und 2 verkleinerte Felder). Außerdem werden hier Heimspiele von Spartas 2. Mannschaft und von den Jugendmannschaften ausgetragen. Im letzten Jahrzehnt haben verschiedene Studien die mögliche Wiederverwendung und Erhaltung dieses einzigartigen Bauwerks in Erwägung gezogen. Das Stadion liegt auf dem Laurenziberg (Petřín). Man kann es mit der Seilbahn, die den Berg hinauf führt, erreichen."
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Genau unter dem Stadion verläuft jener Autobahntunnel, den wir schon am ersten Abend kennen gelernt haben. Sein Lüftungsbauwerk ist ein eigenartiger Kontrapunkt in der Gegend.
Brasilia? Nein, Prag. Lüftung des Tunnels.
Mit der Aussicht wird es, noch dunstbedingt, nichts. Das merken auch zwei junge Paare aus Großbritannien, die auf ihre Art die Stadt erkunden wollen - in Oldtimern.
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Die jungen Briten sind an sich schon "not amused", dass sie, als Touristen, selbst zur Touristenattraktion werden und ein ganzer Bus rund um sie herumsteht und sie fotografiert. Doch dann passiert es, einer der beiden alten Škodas springt nicht mehr an. Der Fahrer hat, das ist unsere einhellige Diagnose, sein Fahrzeug "absaufen lassen". Ratlos blickt er in den Motor, umringt von zahlreichen WAAlern, die ihre Hilfe anbieten. Nach einer für die beiden Insassen offenbar unerträglich langen Zeit springt das Fahrzeug an. Fluchtartig scheinen die beiden Fahrer den Platz zu verlassen und vermeiden nur mit Mühe einen Frontalzusammenstoß auf dem ansonsten von Fahrzeugen völlig freien Parkplatz. Sorry, folks, aber wir hatten einen mächtigen Spass bei der Sache und es ist ja niemand zu Schaden gekommen.
Wir verlassen Cäsar, der für den Rest des Tages frei hat. Unsere nächste Station ist die Prager Burg. Dazu Wikipedia: "Die Prager Burg (tschechisch: Pražský hrad) bildet das größte geschlossene Burgareal der Welt und liegt auf dem Prager Berg Hradčin. Sie wurde im 9. Jahrhundert gegründet und hat während dieser Zeit oftmals ihre Gestalt und ihr Antlitz gewandelt. Generationen von Baumeistern verschiedener Baustile waren daran beteiligt. Die einzelnen Etappen der Geschichte hinterließen dabei ihre Spuren. Einzig und allein die Bestimmung der Burg blieb beständig. Noch heute ist sie offizielle Residenz des Präsidenten der Tschechischen Republik. Inmitten der Burganlage befindet sich der Veitsdom." Mehr bitte selbst nachlesen unter http://de.wikipedia.org/wiki/Prager_Burg.
Der Nebel lichtet sich und es wird ein herrlicher, milder Herbsttag. Ivi erklärt uns im Schatten eines großen Baums die wechselhafte und turbulente Geschichte dieser Burg und des Landes.
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Die Geschichte des Landes läßt sich am ehesten wohl mit "immer Ärger mit den Nachbarn" beschreiben, egal, um welchen Nachbarn es sich auch gerade handelt. Dass Tschechien heute Mitglied der Europäischen Union und bald auch des Schengenraums ist, kann als Lichtblick gewertet werden; aber so ganz unbeschwert sind die Beziehungen zu den Nachbarn auch heute noch nicht. Da muss noch einiges in unser aller Köpfe passieren.
Unser Spaziergang durch die Prager Burg ist jedenfalls wunderschön; an jeder Ecke könnte man eine lange Geschichte hören, was sich gerade hier irgendwann einmal abgespielt hat. Es ist viel los heute. Wir schreiben den 28. Oktober, es ist der tschechische Nationalfeiertag. Am 28. Oktober 1918 wurde die Tschechoslowakei gegründet, und auch wenn dieser Staat heute gar nicht mehr existiert, die Unabhängigkeit von Österreich wird heute noch gefeiert. Zwei Tage nach unserem Nationalfeiertag das gleiche Bild: Militärparade und viele, viele Schaulustige und Touristen, entsprechend viele Souvenir- und andere Läden.
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Nach der Wachablöse vor der Prager Burg marschieren wir durch die Burg zum Veitsdom, der, obwohl unübersehbar, unvermutet vor dem Betrachter auftaucht.
Gandios: Der gotische Veitsdom
Dazu Wikipedia: "Der Veitsdom (auch St.-Veits-Dom, tschechisch Katedrála sv. Víta) auf der Prager Burg ist die größte Kirche Tschechiens und Prags, der tschechischen Hauptstadt. Das Gebäude in seiner heutigen Form als Kathedrale im gotischen Stil wurde ab dem Jahr 1344 auf Anweisung Karls IV. erbaut, als auch Prag zum Erzbistum erhoben wurde, doch reicht die Geschichte des Baus bis in das 10. Jahrhundert zurück. [...] Der dreischiffige Dom ist 124 Meter lang und 33 Meter hoch, das Querschiff 60 Meter breit. Der Hauptturm ragt 99 Meter in die Höhe und bietet einen überwältigenden Blick auf die Stadt Prag. Im Inneren des Doms findet sich eine überaus reiche Ausstattung wieder. Die bedeutendsten noch von Parler stammenden Arbeiten befinden sich in der mit Halbedelsteinen und vergoldetem Stuck ausgekleideten Wenzelskapelle. Aus dem 16. Jahrhundert stammt das in der Mitte des Chores errichtete Mausoleum der Habsburger. Von der barocken Ausstattung ist vor allem auf das 1733 bis 1736 nach Entwürfen Joseph Emanuel Fischer von Erlachs gestaltete Hochgrab des heiligen Johannes von Nepomuk hinzuweisen. Im 20. Jahrhundert wurden der neugotische Hochaltar und die von Alfons Mucha (1931) und Max Švabinský (1934) gestalteten Glasfenster ergänzt. [...]". Mehr dazu unter http://de.wikipedia.org/wiki/Veitsdom.
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Der Veitsdom im Weitwinkel-Mosaik
Von einem Garten unweit des Veitsdoms blicken wir hinab auf die Stadt.
Blick von der Burg auf die St. Nikolaus-Kirche
Wir steigen durch das Goldene Gässchen, in dem einst die Alchemisten wirkten und Franz Kafka geboren wurde, von der Burg hinab zur Prager Kleinseite (Malá Strana).
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Das Goldene Gässchen ist natürlich ein Touristenmagnet. Es ist nur mit Eintrittskarte zu betreten und nur von der Burg hinunter zu begehen. Zahlreiche Souvenirläden locken mit mehr oder weniger viel Kitsch. Die winzigen Häuschen sind bemerkenswert. Bei einigen muss man die Stiege ins Obergeschoss zur Seite klappen, um die Eingangstür öffnen zu können!
Blick auf Prag, im Vorderung das Palais Waldstein, unser nächstes Ziel
Unser erstes Ziel auf der Kleinseite ist das Palais Waldstein. Waldstein? Fragen wir einmal Wikipedia: "Der Waldsteinpalais (tschechisch Valdštejnský palác) ist ein Palast in Malá Strana, Prag. Es ist ein Beispiel des frühen tschechischen Barocks und zur Zeit hat der Senat der tschechischen Republik hier seinen Sitz. Der Palast wurde in den Jahren 1623-1630 im Auftrag von Albrechts von Waldstein gebaut. Zum Palast gehört auch ein Garten. Der maßgebliche Architekt war Andrea Spezza." Und wer war Albrecht von Waldstein? "Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein (tschechisch Albrecht z Valdštejna), Herzog von Friedland und Mecklenburg, Fürst von Sagan, besser bekannt als Wallenstein, (* 24. September 1583 in Hermanitz an der Elbe, Böhmen; † 25. Februar 1634 in Eger; ) war kaiserlicher Generalissimus – neben dem älteren Tilly – zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In vielen Schriften wird er auch schlicht als „der Friedländer“ bezeichnet." Ah ja, der. Und jetzt kommen wir auch wieder zur Astronomie. Johannes Kepler verdiente sich sein Geld unter anderem als Astrologe Wallensteins (1627-1630).
Keplers berühmtes Horoskop für Wallenstein
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Wir sind lange marschiert, eine Pause tut jetzt gut. Ivi führt uns in ein Lokal in der Kleinseite.
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Leider dauert unsere Mittagspause zu lang; die Küche des an sich trendigen Designerlokals (vorzügliche Küche zu absolut moderaten Preisen) ist einfach überfordert, uns so vergeht wertvolle Zeit. Der Verspätung fällt ein Besuch des - nicht gerade um die Ecke liegenden - Prager Planetariums zum Opfer, den wir verschmerzen. Denn wenn sich Planetarien weltweit irgendwie unterscheiden, dann in ihrer Architektur, und da hat das Prager Planetarium genauso wenig zu bieten wie Wien.
Weniger verschmerzbar ist, dass es zu regnen beginnt.
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Über die weltberühmte Karlsbrücke mit ihren Heiligenstatuen überqueren wir die Moldau.
Die Karlsbrücke
Wikipedia: "Mit dem Bau der Karlsbrücke (Karlův most) wurde 1357 unter Karl IV. begonnen. Als Vorbild diente die Steinerne Brücke in Regensburg. Sie wurde an der Stelle erbaut, an der die zuvor von Judith von Thüringen in Auftrag erstellte Steinbrücke aus dem 12. Jahrhundert stand, die durch Überschwemmung zerstört wurde. Sie ist die älteste erhaltene Steinbrücke der Welt mit dieser Spannweite. Mit dem Bau wurde der 28-jährige Peter Parler beauftragt. Sie hat eine Länge von fast 516 m und eine Breite von etwa 9,50 m. Ihre 17 Brückenbögen ruhen auf je 15 Pfeilern. Um sie diesmal fester zu machen, wurde angeblich der Mörtel mit Eiern angereichert. Ursprünglich wurde sie Steinbrücke oder Prager Brücke genannt. Der Name Karlsbrücke ist erst seit 1870 geläufig. Insbesondere im Barock wurden auf der Brücke zahlreiche Heiligenfiguren errichtet, von Matthias Bernhard Braun (Matyáš Bernard Braun) und der Familie Brokoff, die bekannteste ist sicherlich die Gedenkstätte des Heiligen Nepomuk, der von dieser Stelle aus auf Geheiß von Wenzel IV. in die Moldau geworfen worden sein soll, da er das Beichtgeheimnis von dessen Frau nicht verraten wollte."
Über die Karlsbrücke gelangen wir in die Altstadt Staré Město.
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Der heftige Regen beeinträchtigt unsere Besichtigung, doch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten auf dieser Seite der Moldau haben wir ja schon vorgestern gesehen: Den Altstädter Ring mit dem Rathaus und der astronomischen Uhr, die Týn-Kirche. Und morgen haben wir ja noch einen halben Tag zur Verfügung.
Vobei an Keplers Wohnhaus und dem Clementinum mit seinem astronomischen Turm gelangen wir zum Altstädter Ring. Hier wartet noch ein astronomisches Ziel auf uns, das Grab Tycho Brahes in der Týn-Kirche. Doch leider. Die Kirche ist nur wochentags bis 17 Uhr zu besichtigen, an Wochenenden überhaupt nicht. Da hat wohl jemand etwas gegen Touristen ...
Der Regen läßt nach. Wir eilen noch durch das jüdische Viertel - das Tempo schreit nach einer Wiederholung morgen. Es wird auch langsam dunkel. Auf dem Wenzelsplatz, der 1968 traurige Berühmtheit erlangte, verabschieden wir uns von Ivi und danken ihr für die sehr, sehr lange Führung.
Wenzelsplatz
Hier teilt sich auch unsere Gruppe. Die einen lassen den Abend kulinarisch in einem Bierlokal ausklingen. Eine kleinere Gruppe setzt die Prag-Erkundung fort, und dies beginnt zunächst in der Unterwelt. Die Prager U-Bahn ist sehr modern, sauber und sehr schnell. Es folgt, nach einem rascheren Abendessen, ein Spaziergang durch das nächtliche Prag.
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Karlsbrücke und Burg bei Nacht
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Die Straßenbahnlinie 23 soll uns von der Kleinseite zum Hotel bringen; sie hat genau vor dem Hotel Slavia ihre Endstation. Meistens. Offenbar nicht in der Nacht. Denn gerade, als wir uns wundern, warum bei dieser Station niemand aussteigt, fährt der Zug weiter. Lang. Bei der nächsten Station, gute zwei Kilometer vom Hotel entfernt, steigen wir aus. Eine klassische Einziehfahrt, gibt's bei uns ja auch. Ein längerer Fußmarsch durch eine gar nicht einladende, menschenleere Gegend ist das gewisse Abenteuer, das uns heute eigentlich schon gefehlt hat. Im Hotel angekommen, noch ein Bier und dann ausschlafen, morgen ist auch noch ein Tag.
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